2024: Globale Megatrends und Lehren für die deutsche Außenpolitik (mit Daniela Schwarzer)

Shownotes

Das außenpolitische Jahr 2024 war vieles, aber eines sicher nicht: ereignisarm. Der Nahost-Krieg hat sich ausgeweitet. In der Ukraine geht das Sterben infolge des russischen Angriffskriegs weiter. Donald Trump wurde erneut zum US-Präsidenten gewählt, und generell haben extreme und populistische Parteien großen Zulauf erhalten. Europa verfolgt in der Migrationspolitik eine Abschottungsstrategie; es wird mehr und mehr zur Festung.

In der neunten und letzten Folge von „Pod und die Welt“ in diesem Jahr sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz gemeinsam mit Daniela Schwarzer von der Bertelsmann Stiftung über die großen Trends, Krisen und Lehren aus 2024.

Gast: Daniela Schwarzer, Vorständin der Bertelsmann Stiftung (@D_Schwarzer)

Links und Empfehlungen aus der Folge:

Die IP zum Lesen? Gibt es natürlich auch! Ob zur Probe, im Jahresabo oder als Geschenk: Das passende Angebot finden Sie hier.

Folgen Sie der IP und den Hosts auf Social Media:

Feedback: Wir freuen uns über Ihre konstruktive Kritik, Themenvorschläge oder Fragen. Schreiben Sie uns an ip@dgap.org.

Transkript anzeigen

00:00:00: Insgesamt müssen wir befürchten, dass die Anzahl der autoritären Regime weltweit weiter zunimmt.

00:00:05: Und 2024 war auch so ein Jahr, wo das deutlich wurde.

00:00:08: Hallo und herzlich willkommen zu Pod und die Welt, dem außenpolitischen Update.

00:00:13: Ich bin Martin Bialecki.

00:00:15: Und ich bin Katharina Peetz.

00:00:17: Es gibt Jahre, da kann man gar nicht glauben, was alles in 365 bzw. 366 Tage so passt.

00:00:24: Das außenpolitische Jahr 2024 ist dafür ein gutes Beispiel.

00:00:28: Donald Trump wurde wiedergewählt.

00:00:30: Die Anberregierung ist zerbrochen.

00:00:32: Denn nach Ostkrieg hat sich ausgeweitet.

00:00:34: In der Ukraine geht das Sterben in Folge des russischen Angriffskriegs weiter.

00:00:38: In vielen Wahlen haben extreme und populistische Parteien großen Zulauf erhalten.

00:00:42: Und Europa versucht sich vor Terrorismus zu schützen und wird deshalb mehr und mehr zur Festung.

00:00:46: Diese Liste ist natürlich bei weitem nicht vollständig.

00:00:49: Trotzdem wollen wir versuchen, die großen Grenzen, Krisen und Lehren aus 2024 in Form eines Jahresüberblicks zu besprechen.

00:00:56: Wir gehen dabei wie immer auch der Frage nach,

00:00:58: welche direkten Auswirkungen hatte das alles auf unser Leben in Deutschland.

00:01:02: Und zu Gast in dieser Folge mit dem Jahresrückblick 2024 ist Daniela Schwarzer von der Bertelsmann Stiftung herzlich willkommen.

00:01:09: Vielen Dank. Ich freue mich, dass ich dabei sein darf.

00:01:12: Wir freuen uns auch.

00:01:13: Schön, dass Sie da sind.

00:01:14: Wir wollen diese Folge ein bisschen anders beginnen als sonst.

00:01:18: Und zwar mit einer Schnellfragerunde.

00:01:20: Das Prinzip ist entweder oder.

00:01:22: Also wir geben Ihnen zwei Möglichkeiten vor,

00:01:25: zwischen denen Sie sich möglichst spontan entscheiden müssen.

00:01:27: Und Sie bekommen einen Joker.

00:01:29: Also eine Frage, die Sie skippen können oder wo Sie doch sagen, na, beides irgendwie.

00:01:33: Sind Sie bereit?

00:01:34: Wollen wir damit loslegen?

00:01:36: Ich bin bereit, ja.

00:01:37: 2024 wurden die Weichen gestellt für eine neue europäische Autonomie

00:01:45: oder eine fortgesetzte Abhängigkeit von den USA.

00:01:48: Wir sind nach wie vor von den USA abhängig.

00:01:50: Für unsere Sicherheit wäre es besser,

00:01:52: wenn Europa eigene Atomwaffen besitzt oder Europa unter dem nuklearen Schutzschirm der USA bleibt.

00:01:59: Das muss ich skippen, weil Europa nie eigene Atomwaffen als Gemeinschaft besitzen wird.

00:02:04: Wir aber trotzdem welche in Europa haben und die auch wichtig sind.

00:02:07: Oha, bei Frage 2 schon den Joker.

00:02:10: Wer wäre der bessere europäische Trump-Flüsterer, Georgia Meloni oder Viktor Orban?

00:02:15: Mit großem Zähne knirschen Georgia Meloni.

00:02:17: Ihre Frage war, ob sie besser ist.

00:02:19: Sie ist trotzdem jemand, der nationale Interessen verfolgen wird und nicht auf Europa guckt.

00:02:24: Was erleben wir denn früher, einen EU-Beitritt der Ukraine oder einen EU-Austritt um Garns?

00:02:30: Wenn überhaupt dann ein Teilbeitritt der Ukraine in die EU.

00:02:35: Wo von profitiert Europa mehr?

00:02:36: Von Scholzscher Besonnenheit oder von Pistoriusscher Kriegstüchtigkeit?

00:02:41: Pistorius hat recht, dass wir uns auf eine sehr schwierige Sicherheitslage weiter vorbereiten müssen

00:02:46: und deshalb schwört er die Bevölkerung besser ein als der Kanzler.

00:02:50: Frage 6 von 10.

00:02:51: Was ist denn besser für die Ukraine?

00:02:53: Ein Duo, Donald Tusk, Olaf Scholz oder Donald Tusk, Friedrich Merz?

00:02:58: Für die Ukraine wird Friedrich Merz vermutlich mehr noch in Sachen militärischer Unterstützung tun.

00:03:05: Das Pariser Klimaabkommen wäre besser daran mit oder ohne ein von Trump regiertes Amerika.

00:03:10: Wir brauchen die USA in jedem Klimaabkommen und deshalb lieber mit Trump als ohne USA.

00:03:15: Der bessere Partner aus dem globalen Süden für Deutschland ist Indien oder China?

00:03:20: Erst mal noch China.

00:03:21: 2024 war die deutsche Außenpolitik eher geleitet von Werten oder von Interessen?

00:03:27: Von Interessen.

00:03:28: Letzte Frage.

00:03:28: Deutschlands Außenpolitik sollte sich orientieren an Staatsresort oder Völkerrecht?

00:03:33: An Völkerrecht.

00:03:34: Dankeschön für diese Schnellfrage-Runde.

00:03:37: Puh, man mag doch, dass dieses Gegenüberstellen von entweder oder in so ambivalenten Zeiten gar nicht so leicht ist,

00:03:43: weil man so viel gleichzeitig berücksichtigen muss.

00:03:45: Trotzdem ganz, ganz herzlichen Dank bis hierhin.

00:03:47: Dann wollen wir ein bisschen mehr ausholen und sprechen über die globalen Megadrengs und die Lehren aus 2024

00:03:57: wie die deutsche und europäische Außenpolitik.

00:04:00: Zunächst mal die Frage.

00:04:01: Ist 2024 das Jahr der autoritären und Machos gewesen?

00:04:06: Wir haben 2024 gesehen, wie insbesondere die USA jetzt demnächst von einem Präsident regiert werden,

00:04:13: der sehr viel übrig hat für autoritäre Ideen auch im Inneren.

00:04:17: Und das wird einen maßgeblichen Einfluss auf Europa, auf uns in Deutschland haben.

00:04:22: Wir haben allerdings auch eine vergleichsweise gute Nachricht, nämlich aus Indien,

00:04:26: wo Modi, der ja auch diese Tendenzen hat, nicht so einen klaren eindeutigen Wahlsieg einfahren konnte,

00:04:33: wie das noch befürchtet war.

00:04:34: Das heißt also, es gibt in beide Richtungen Signale.

00:04:37: Aber insgesamt müssen wir befürchten, dass die Anzahl der autoritären Regime weltweit weiter zunimmt.

00:04:43: Und 2024 war auch so ein Jahr, wo das deutlich wurde.

00:04:46: Wenn wir die Fokus noch ein bisschen größer aufziehen, welche globalen Megadrengs würden Sie denn mit Blick auf das Jahr 2024 identifizieren?

00:04:53: Das, was uns, glaube ich, in Europa am deutlichsten wurde, ist die Zunahme von bewaffneten Konflikten

00:04:59: und dass sie immer näher an uns ranrücken.

00:05:02: Und das heißt nicht nur, dass wir Krieg in der unmittelbaren Nachbarschaft haben, sowohl im Osten als auch im Süden,

00:05:08: im Gaza-Streifen, Israel, in Libanon hinein und die ganze Region droht, noch weiter destabilisiert zu werden,

00:05:16: sondern wir erleben auch, wie sich Konflikt-Arenen verknüpfen.

00:05:20: Ganz klar wird das an der Entscheidung Russlands, nordkoreanische Soldaten zu holen,

00:05:25: um mit Russen gegen die Ukraine zu kämpfen und auch der Versuch im Jemen Verstärkung anzuheuern.

00:05:32: Man sieht also, wie die Konflikte, die wir in unserer unmittelbaren Nachbarschaft haben,

00:05:36: im Grunde schon recht globalisiert sind oder zumindest über die Regionen hinausgehen.

00:05:40: Und das bedeutet, dass sich Außen- und Sicherheitspolitik noch mal anders aufstellen muss,

00:05:45: weil der Blick auf einzelne Konflikte nicht mehr reicht, sondern man muss noch stärker in den Blick nehmen.

00:05:50: Wir kennen das schon aus Syrien.

00:05:52: Wer dort mitwirkt und wer dies als Stellvertreterkrieg sieht, und das ist eine große Herausforderung,

00:05:58: mit der die Deutschen und auch die europäische Außenpolitik in Zukunft noch sehr viel zu tun haben wird.

00:06:03: Vielleicht an der Stelle noch einmal dazu gesagt, wir sprechen heute am 3. Dezember miteinander.

00:06:08: Wenn wir darauf schauen, wie die Deutsche die europäische Außenpolitik darauf reagiert,

00:06:13: wir hatten in einer der Podcast-Folgen darüber gesprochen, dass es einen Trend zu Minilateralismus gibt.

00:06:18: Würden Sie sagen, das ist tatsächlich zu beobachten, eine Abkehr von großen Bündnissen,

00:06:23: dass man sich neu sortieren muss in kleineren Gesprächsformaten?

00:06:26: Das wird passieren. Was wir im Moment sehen, ist, dass die bestehenden Formate

00:06:30: im Grunde fast alle im Wandel unterworfen sind.

00:06:33: Wenn wir allein auf die Europäische Union gucken, dann ist deutlich, dass es immer schwieriger wird,

00:06:37: dass die 27 Staaten gemeinsam Positionen einnehmen können zu außenpolitischen Fragen.

00:06:43: In Bezug auf Russland hat das bei den Sanktionspaketen eine ganze Weile gut geklappt.

00:06:49: Also, dass die Europäische sich geeinigt haben, dass sie die Ukraine unterstützen

00:06:53: und gleichzeitig Russland sanktionieren, dass gemeinsam mit den Amerikanern tun.

00:06:56: Aber je weiter der Krieg fortschritt, je länger es dauerte, desto schwieriger wurde es unter den Europäern,

00:07:02: insbesondere wegen der Haltung Ungarns, noch Einigkeit über die Sanktionen herzustellen.

00:07:07: Und als Israel auf die terroristischen Angriffe des 7. Oktober 2023 reagiert hat,

00:07:15: mit einem Krieg im Gasastreifen, wurde auch sehr deutlich, wie gespalten die Europäer sind.

00:07:20: Da hatten wir dann sogar die Situation, dass der hohe Vertreter der Europäischen Union,

00:07:24: Josep Borrell, persönlich gesprochen hat und nicht mandatiert von den 27 Staaten,

00:07:28: seine Statements abgegeben hat.

00:07:30: Das ist auch eine Besonderheit, die zeigt, wie schwierig die Einigung im Inneren mit unter war.

00:07:35: Und dann sehen wir eben auch, dass sich weltweite Formate verändert haben.

00:07:39: Die G7-Gipfel finden jetzt eigentlich immer mit Gästen statt,

00:07:42: weil man merkt, dass man Länder, die nicht dazu gehören, aber die immer wichtiger werden, einbeziehen muss.

00:07:48: Gleichzeitig haben sich die BRICS-Staaten erweitert und haben ganz viele weitere Staaten

00:07:52: auf der Warteliste, die mit in dieses Bündnis wollen.

00:07:55: Das heißt also, diese neuen Zeiten, die wir erleben, wo sich Konflikte, Konfliktlinien verändern,

00:08:00: wo sich Allianzen verändern, die erfordern auch neue Formate und sie fordern insbesondere

00:08:05: von den europäern Handlungsfähigkeit.

00:08:07: Und deshalb erwarte ich, dass in den nächsten Jahren es immer mehr zur Normalität wird,

00:08:13: dass kleinere Ländergruppen innerhalb der Europäischen Union gemeinsam handeln,

00:08:18: sei es außenpolitisch oder sei es auch im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit.

00:08:23: Stichwort Handlungsfähigkeit Europas, welche Anzeichen sehen Sie denn dafür,

00:08:27: dass sich die Machtdynamik in Europa verändert oder verändert hat in diesem Jahr?

00:08:32: Am offensichtlichsten ist die Schwäche Deutschlands und die Schwäche Frankreichs.

00:08:36: Beides Länder, die Regierungskrisen durchlebt haben oder durchleben.

00:08:40: In Deutschland stehen wir kurz vor der Wahl. Frankreich hat relativ spontan im vergangenen Sommer gewählt

00:08:45: und leider ist daraus keine politische Stabilität hervorgegangen,

00:08:49: sondern im Gegenteil mittlerweile wird sogar darüber spekuliert,

00:08:52: ob eventuell der Präsident vorzeitig sein Amt verlassen wird.

00:08:55: Das bedeutet, dass der zweitgrößte Mitgliedstaat Frankreich eine Weile ausfällt.

00:09:00: Und bei Deutschland, wenn wir sehen, wie die Bundestagswahl ausgeht

00:09:03: und ob wir dann Handlungsfähigkeit und politische Stabilität bei uns haben.

00:09:08: Es sind Länder in die Lücke getreten, das ist gut.

00:09:11: Ein politisches Vakuum tut der Europäischen Union nicht gut.

00:09:13: Aber es ist völlig klar, dass ohne Deutschland und Frankreich nicht besonders viel bewegt werden kann.

00:09:18: Aber trotzdem ist es wichtig, dass Polen Initiativen ergriffen hat mit den Balken, den Skandinaviern

00:09:24: und dann auch Großbritannien dazu geladen hat und auch Frankreich

00:09:27: um in Sachen Unterstützung für die Ukraine und Diskussion über die Sicherheitslage

00:09:32: in Mittel- und Osteuropa gemeinsam zusammenzuarbeiten.

00:09:35: Deutschland war bei diesem ersten Termin nicht dabei, ich hoffe, das ändert sich nach der Wahl.

00:09:38: Aber wichtig ist es, dass überhaupt etwas in Gang kommt.

00:09:41: Die neue Europäische Kommission ist im Amt seit 1. Dezember.

00:09:45: Und das ist jetzt wichtig, dass auch die Mitgliedstaaten ihren Teil dazu beitragen,

00:09:49: dass die Europäische Union in dieser wirklich schwierigen weltpolitischen Lage

00:09:53: ihre Interessen klar formuliert und dann auch nach außen vertreten kann.

00:10:01: Jetzt haben Sie gerade schon gesagt, Deutschland und Frankreich, am stärksten in der Krise in Deutschland,

00:10:05: wird bald gewählt und Frankreich wurde in diesem Jahr gewählt.

00:10:08: Europawahlen haben stattgefunden, die US-Wahl.

00:10:10: Das war ja so das Superwahljahr 2024.

00:10:14: Und in der IP, in der Zeitschrift "Internationale Politik" haben Sie Ende 2023 geschrieben,

00:10:19: dass viele in der EU mit Unbehagen auf das Wahljahr blicken und auf das, was danach folgen mag.

00:10:24: Jetzt haben wir Dezember 2024.

00:10:26: Was würden Sie sagen, welche Bilanz ziehen Sie aus einer europäischen oder deutschen Perspektive auf dieses Wahljahr?

00:10:32: Also wenn wir auf die europäischen Wahlen gucken, dann ist diese Bilanz tatsächlich nicht besonders positiv.

00:10:37: Über die Destabilisierung in Frankreich habe ich bereits gesprochen.

00:10:41: Das Europaparlament hat es jetzt zumindest schnell geschafft, die Europäische Kommission ins Amt zu bringen.

00:10:48: Die Rückfragen in den Anhörungen waren teilweise sehr kritisch und da hat das Parlament gut sein Job gemacht.

00:10:53: Aber gleichzeitig sehen wir, wie sich die Koalitionen im Europäischen Parlament verändern.

00:10:58: In der Europawahl ist nicht eingetreten, was viele befürchtet haben, nämlich ein noch weiteres Erstarken der Rechtspopulisten,

00:11:05: aber dennoch gab es einen Erstarken.

00:11:06: Und was man jetzt sieht, ist, dass die konservative Partei sich eben immer noch weiter überlegt,

00:11:13: wie sie sich gegenüber den gestärkten Rechtspopulisten aufstellen kann.

00:11:16: Und das bleibt eine Herausforderung, weil das Europäische Parlament in der Vergangenheit mit so einer Art großen Koalition aus den pro-europäischen Parteien gearbeitet hat

00:11:26: und es jetzt mit Blick auf die neue Legislatur, die jetzt erst so richtig in Gang kommt, eben die Frage gibt,

00:11:31: inwieweit wird sich die konservative Partei den Rechtspopulisten öffnen, mit denen arbeiten wollen.

00:11:36: Und da spielt dann eben auch die nationale Ebene einiger Mitgliedstaaten eine große Rolle.

00:11:41: Denn in einigen Mitgliedstaaten haben sich die Mehrheitsverhältnisse so verändert,

00:11:45: dass die Arbeit mit Rechtspopulisten entweder im Falle von Minderheitsregierung oder in der Regierung,

00:11:50: wie beispielsweise in Italien oder auch in Ungarn oder auch in der Slowakei,

00:11:54: dass das zur politischen Realität gehört.

00:11:56: Und da lassen sich die nationale und die europäische Ebene kaum trennen.

00:12:00: Und für die politischen Parteienfamilien im Europäischen Parlament ist diese neue Situation tatsächlich eine große Herausforderung.

00:12:06: Ein sehr prägendes Thema der deutschen und europäischen Debatte in diesem Jahr war das Thema Migration,

00:12:12: Stichwort fest in Europa, Stichwort starke Ganzkontrollen etc.

00:12:15: Und dann sind aber so Modelle wie das Rwanda-Modell Großbritanniens

00:12:20: und auch diese technischen Flüchtlingscamps in Albanien vorerst gescheitert.

00:12:23: Wie schauen Sie denn auf die Migrationspolitik Europas?

00:12:27: Es ist in diesem Jahr migrationspolitisch viel passiert, was im Grunde seit einigen Jahren erwartet wurde.

00:12:34: Nämlich das einzelne Mitgliedstaaten quasi in Alleingängen versuchen, recht populistische Maßnahmen durchzuführen.

00:12:41: So ist das in Italien passiert mit dem Flüchtlingslager in Albanien,

00:12:45: was rechtmäßig nicht haltbar ist, wahrscheinlich das zumindest im Moment und auch politisch

00:12:49: Georgia Meloni nicht den Erfolg zu bringen scheint in der Beruhigung der Migrationsdebatte in Italien.

00:12:55: Und das bedeutet, dass wir meiner Ansicht nach unter Europäern noch einmal sehr viel grundsätzlicher diskutieren müssen.

00:13:01: Denn wenn einzelne Maßnahmen dazu führen, dass wir grundlegendes Recht missachten,

00:13:06: dann schaden wir uns als Europäische Union selber.

00:13:09: Trotzdem müssen wir Ernst nehmen, was in vielen Ländern passiert, nämlich dass es Angst davor gibt,

00:13:14: dass zu viele Menschen ins Land kommen, egal ob diese Angst begründet ist oder nicht, es gibt diese Sorge.

00:13:19: Und wir erleben das ja auch in unserem eigenen Land, dass es Angst vor Migration,

00:13:23: Angst vor sogenannte Überfremdung gibt, teilweise in Gebieten, wo es gar nicht objektiv so viel Zuwanderung gibt.

00:13:30: Und das ist ein politisches Problem, was sehr, sehr ernst genommen werden muss.

00:13:33: Und meiner Ansicht nach verbirgt sich dahinter eine viel grundlegendere Angst und Sorge,

00:13:38: nämlich um die eigene Zukunft, das eigene Auskommen, auch die Sorge um die eigene Identität.

00:13:43: Und diese Themen darf man nicht den Rechtspopulisten überlassen,

00:13:46: sondern man muss sie auch im Spektrum der gemäßigten Parteien sehr ruhig und sehr genau angehen,

00:13:52: schauen, was los ist und dann gleichzeitig versuchen, europäische Antworten auf das Thema Zuwanderung zu finden.

00:13:57: Und wir müssen da sehr ehrlich sein. Europa schrumpft als Bevölkerung.

00:14:01: Wir brauchen in sehr vielen EU-Ländern Zuwanderung.

00:14:04: Das heißt also, Abschottung ist überhaupt keine Option.

00:14:07: Was gemeinsam getan wird, ist der Kampf gegen illegale Immigration.

00:14:11: Aber das Asylrecht dürfen wir nicht beschneiden.

00:14:13: Und meiner Ansicht nach sollten wir auch das Nötige davon tun,

00:14:16: dass wir als Zuwanderungsort weiterhin attraktiv bleiben.

00:14:20: Denn wir brauchen Menschen, die zu uns kommen und sich in unsere Gesellschaft integrieren.

00:14:23: Das ändert sich in den nächsten Jahren ganz sicher nicht.

00:14:26: Und ist eine der großen Aufgaben auch für die Politik, diese Balance zu finden.

00:14:30: Zwischen der Notwendigkeit, so ein Gefühl von Schutz zu vermitteln

00:14:33: und gleichzeitig nicht auf Abschottung und nicht auf Rechtsbruch zu setzen.

00:14:37: Jetzt haben wir viel über die Themen gesprochen, die uns in der Öffentlichkeit,

00:14:45: in der medialen Debatte politisch ganz viel beschäftigt haben, die ganz viel Raum eingenommen haben.

00:14:50: Gibt es denn außenpolitische Themen oder auch Regionen?

00:14:53: wo sie sagen würden, da ist eigentlich auch was passiert dieses Jahr,

00:14:56: aber das ist irgendwie untergegangen.

00:14:57: Ich denke, dass wir viel stärker auf Asien gucken müssen,

00:15:00: als wir das in der breiteren Diskussion in Deutschland tun.

00:15:04: Und zwar zum einen, weil die Sicherheitslage in Europa,

00:15:08: mit der in Asien sehr, sehr eng verknüpft ist.

00:15:11: Und zum anderen, weil wir in Asien sehr, sehr wichtige Partner haben,

00:15:14: die noch wichtiger werden, wenn Donald Trump mit seiner Politik des America First

00:15:20: so weitermacht, wie er in der ersten Amtszeit aufgehört hat.

00:15:24: Und wenn Europa stärker unter Druck gerät, sich um seine eigene Sicherheit zu kümmern.

00:15:29: Und dann werden wir Partner brauchen, die USA bleiben hoffentlich ein Partner,

00:15:32: aber nicht so ein Enger wie zuvor.

00:15:35: Und wir müssen deshalb viel stärker nach Japan gucken, auch nach Australien.

00:15:39: Das sind Länder, mit denen wir viele Gemeinsamkeiten haben,

00:15:42: die Interesse gezeigt haben an der Sicherheitssituation in Europa.

00:15:45: Japan beispielsweise unterstützt nicht nur die Ukraine, auch die Republik Moldau.

00:15:49: Und das seit zwei, drei Jahren relativ intensiv.

00:15:52: Und wir müssen uns die Frage stellen, was machen wir in Zukunft im asiatischen Raum?

00:15:57: Nicht nur, weil die Amerikaner uns dazu auffordern werden,

00:15:59: sondern auch, weil wir entdecken werden, dass da ganz wichtige Partner von uns sitzen.

00:16:03: Südkorea gehört übrigens auch dazu.

00:16:05: Und das sind nicht nur harte Sicherheitsinteressen im Bereich der Verteidigung,

00:16:09: die uns dahin bringen müssen, sondern natürlich die Frage,

00:16:12: wer kümmert sich denn darum, dass die Handelswege nach Europa frei bleiben?

00:16:15: Welche Rolle spielen wir dabei als Europäer?

00:16:17: Oder auch die Frage, von wem beziehen wir eigentlich in Zukunft technologische Importe?

00:16:22: Also, wer liefert uns Technologie?

00:16:24: Haben wir da Partnerschaften, die wir aus- und aufbauen können,

00:16:27: beispielsweise mit Südkorea und Japan?

00:16:29: In meiner Ansicht nach sollten wir das dringend tun,

00:16:31: denn und das ist einer der großen Trends des Jahres 2024,

00:16:35: unser Risikobewusstsein gegenüber China ist noch klarer und noch deutlicher geworden.

00:16:40: Das bedeutet nicht, dass wir uns abkoppeln sollten,

00:16:42: aber sehr genau gucken, wodurch zu enge Beziehungen, Erpressbarkeiten und Verletzlichkeiten entstehen.

00:16:48: Und da ist Europa tatsächlich auch in diesem Jahr zu Ende gehenden Jahr

00:16:52: sehr viel weitergekommen in der Analyse, aber ein paar der Antworten müssen noch gegeben werden.

00:16:56: Das ist eine sehr schöne Überleitung in den zweiten großen Block,

00:17:02: nämlich den Blick auf Deutschland.

00:17:04: Wir haben jetzt viel über die Welt gesprochen, über globale Megatrends,

00:17:07: Stichwort Autoritarismus, Ringen, um europäische Handlungsfähigkeit,

00:17:11: Migration, Europa unter Druck und viele Dinge mehr.

00:17:14: Was heißt das denn für Schwarze, für Deutschland oder konkrete für die Menschen in Deutschland?

00:17:19: Worauf muss das Land sich einstellen?

00:17:21: Wir führen ja im Moment in unserem Land eine Diskussion,

00:17:24: ob wir das Geld für Kanonen oder Butter ausgeben, um es mal ganz platt zu sagen.

00:17:29: Und diese Diskussion wird uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben,

00:17:32: denn es ist klar, dass wir mehr für unsere eigene Sicherheit tun müssen,

00:17:36: nicht allein, sondern mit den Europäern und in der transatlantischen Allianz NATO.

00:17:41: Wir müssen uns aber auch klarmachen, dass wir unsere Demokratie nur stabil halten können,

00:17:47: wenn wir mit dem Thema Ungleich halten, Beteiligung, die nicht an allen Stellen gut funktioniert,

00:17:53: Chancengerechtigkeit in unserem Bildungssystem beispielsweise, wenn wir da weiterkommen.

00:17:58: Das heißt also, wir sind in einer schwierigen Situation,

00:18:01: wo wir ganz viel gleichzeitig machen müssen.

00:18:03: Da kommt noch ein ganz großer Punkt hinzu, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft

00:18:08: ist im Moment nicht gut.

00:18:09: Wir wissen, dass sehr viel investiert werden muss in unserem Land,

00:18:12: in Infrastruktur zum Beispiel, in die Universitäten, in die Schulen,

00:18:16: in die Frage, ob und wie wir im technologischen Bereich wieder so eine Führerschaft hinkriegen könnten,

00:18:22: wie wir das in der Vergangenheit mal hatten.

00:18:24: Sicherlich nicht in den Technologien, die heute schon da sind,

00:18:27: sondern in den nächsten und das bedeutet mutiges Investieren

00:18:30: und viel Investitionen, Forschung und Innovation.

00:18:33: Und all dies sind Themen, die uns natürlich innerhalb Deutschlands beschäftigen

00:18:37: und die jetzt auch im bevorstehenden Wahlkampf ganz wichtig werden.

00:18:41: Und das hat unmittelbar, auch wenn das alles irgendwie nach Innenpolitik klingt,

00:18:46: hat das eine unmittelbare Verknüpfung mit der internationalen Situation, die wir beschrieben haben.

00:18:50: Denn viele der Konflikte, über die wir gesprochen haben,

00:18:53: die reichen bereits ins Innere Deutschlands hinein.

00:18:55: Und damit ist das Thema Resilienz unserer Gesellschaft ein ganz großes geworden.

00:19:00: Russland führt in der Ukraine ein Krieg mit Waffen.

00:19:03: Es ist ein konventioneller Krieg und gleichzeitig führt das Krieg in vielen Ländern der Europäischen Union

00:19:09: und so auch in Deutschland mit hybriden Mitteln.

00:19:11: Das heißt, es greift Cybersysteme an, es greift Infrastruktur an,

00:19:15: es greift unsere Öffentlichkeit an mit Desinformationen

00:19:18: und dem Versuch, den Zusammenhalt in unserer Demokratie zu schädigen.

00:19:22: Und darauf müssen wir reagieren, darauf wird bereits reagiert,

00:19:25: aber ich denke, das Jahr 2025 wird nochmal eins, wo im Wahlkampf

00:19:29: und dann mit der neuen Bundesregierung die Weichen so gestellt werden müssen,

00:19:32: dass wir hoffentlich eine Regierung erleben, die es als große Priorität sieht,

00:19:37: im Inneren den Zusammenhalt zu stärken und im Äußeren die Handlungsfähigkeit zu erhöhen.

00:19:43: Die hybride Kriegsführung ist ein ganz gutes Beispiel.

00:19:46: Vielleicht dafür sind wir schon gesagt, man reagiert schon,

00:19:48: aber man wird vielleicht auch noch mehr reagieren müssen.

00:19:51: Man hätte immer mal wieder Deutschland habe kein Erkenntnisproblem

00:19:55: in der Außen- und Sicherheitspolitik, sondern eher ein Umsetzungsproblem.

00:19:58: Vielleicht auf dieses Beispiel bezogen, aber auch generell.

00:20:01: Teilen Sie diese Diagnose?

00:20:02: Deutschland und Europa wissen im Grunde in ganz vielerlei Hinsichten,

00:20:06: was wir tun müssten und wir haben ja schon eine US-Präsidentschaft von Donald Trump erlebt.

00:20:12: Und ich erinnere mich sehr daran, wie zu der Zeit intensiv diskutiert wurde,

00:20:18: was Deutschland, was Europa alles tun muss, um nicht zu stark unter Druck zu geraten,

00:20:25: wenn Donald Trump mit einigen Themen durchzieht, die er angekündigt hatte.

00:20:28: Im Bereich Handel und im Bereich insbesondere Zölle hat er sehr viel umgesetzt

00:20:34: und darunter hat auch Deutschland ordentlich gelitten mit Imporzöllen.

00:20:37: Im Bereich der Verteidigung und Sicherheit hat er nicht umgesetzt, was er angekündigt hatte.

00:20:42: Das war ja unter anderem ein Truppenabzug aus Deutschland

00:20:45: und eine Reduzierung des amerikanischen Beitrags zu NATO.

00:20:48: Und damals haben wir schon intensiv diskutiert, was Deutschland alles tun muss

00:20:51: und was auch Europa tun muss, um sich besser aufzustellen.

00:20:54: Und nun ist Trump wieder da, ab 20. Januar.

00:20:58: Und wenn wir zurückblicken auf die vergangenen vier Jahre, muss man leider sagen,

00:21:01: dass zwar Fortschritte gemacht wurden, aber diese Nicht-Ausreichen für ein Szenario,

00:21:08: in dem Donald Trump ganz klar sagt, ich entziehe euch nicht meine Sicherheitsgarantien,

00:21:13: aber ihr müsst maßgeblich viel mehr für eure Sicherheit beitragen und zwar sehr schnell.

00:21:18: Der nächste NATO-Gipfel ist im Juni 2025 und da kann es sehr wohl sein,

00:21:24: dass Deutschland und Europa da schon Antworten finden müssen,

00:21:27: wie sie ihren Beitrag zu NATO deutlich verstärken.

00:21:30: Gibt es denn Länder, Frau Schwarzer, von denen Deutschland lernen kann

00:21:33: mit Blick auf seine Außenpolitik, gerade wenn man über ein Umsetzungsproblem spricht?

00:21:37: Fangen wir im Inneren an.

00:21:39: Es gibt Länder, die sich auf das Thema hybride Kriegsführung

00:21:43: viel stärker und schneller eingestellt haben.

00:21:45: Dazu gehören die baltischen Staaten, dazu gehören die Skandinavier.

00:21:49: Beispielsweise Schweden hat eine sogenannte Psychologische Verteidigungsagentur.

00:21:55: Das ist eine Einheit an der Regierung rangehängt, die sich darum kümmert,

00:22:00: dass bis auf lokale Ebene das Land darauf vorbereitet ist,

00:22:05: dass Akteure aus dem äußeren Versuchen im Inneren destabilisieren zu wirken.

00:22:09: Das ist ein ganz wichtiger Schritt, da scheitern wir im Moment an ganz vielen Stellen

00:22:14: zum einen zunächst am Risikobewusstsein in Bezug auf China und auch auf Russland.

00:22:18: Das hat sich jetzt verändert.

00:22:20: Es ist, glaube ich, immer klarer, was beide Länder für uns bedeuten.

00:22:24: China ist ein Partner, ein Wirtschaftspartner, aber gleichzeitig auch ein großer Herausforderer.

00:22:29: Und wenn wir uns angucken, wie weit die hybride Intervention China ist,

00:22:33: auch in der deutschen Gesellschaft umgeht, muss man sagen,

00:22:35: es ist wirklich an die stabilisierende Faktoren geworden.

00:22:38: Und da können wir uns einiges abgucken, wie sowas regierungsweit organisiert wird,

00:22:42: aber auch bis runter auf die lokale Ebene.

00:22:45: Und das werden wir in Zukunft stärker brauchen.

00:22:47: Und was die Außenpolitik anbelangt, sind wir mit unseren Regierungsstrukturen nicht optimal aufgestellt.

00:22:55: Wir reden seit vielen Jahren in Deutschland darüber, ob wir etwas wie einen nationalen Sicherheitsrat braucht,

00:23:01: der diesen Namen verdient.

00:23:02: Wir haben ja vor mal einen, der kümmert sich aber vor allem um Rüstungsexporte.

00:23:06: Und es gibt gute Gründe, jetzt nach zweieinhalb Jahren Russlandskrieg in der Ukraine,

00:23:11: sich nochmal anzugucken.

00:23:13: Wie hat das System darauf reagiert?

00:23:14: Auch wie haben wir auf den Rückzug der Amerikaner aus Afghanistan reagiert?

00:23:19: Was ist da schief gelaufen?

00:23:20: Da gibt es ganz viele Fälle, wo wir uns selbst kritisch sagen müssen,

00:23:24: das hat nicht optimal funktioniert.

00:23:25: Und es gibt, und das war ja Ihre Frage, Länder,

00:23:28: wo bestimmte Strukturen in der Regierung besser organisiert sind.

00:23:32: Ich denke da insbesondere in Großbritannien,

00:23:34: die bei dem Thema Risikoanalyse und Vorbereitung wirklich auf Ernstfälle effizientere Strukturen haben.

00:23:41: Und letztendlich hat das auch Frankreich, auch wenn das ein völlig anderes politisches System ist,

00:23:45: aber mir scheint auch da funktioniert es im Ernstfall dann doch schneller,

00:23:50: alle Beteiligten so zusammenzuziehen, dass man schneller handlungsfähig ist.

00:23:53: Und da müssen wir in Deutschland auch stärker ran.

00:23:55: Es wird komplex bleiben, wir werden Koalitionsregierungen nach wie vor haben.

00:23:59: Wir haben die Länderebene, die viel Verantwortung trägt.

00:24:01: Das kann man alles nicht verändern, aber man kann dafür sorgen,

00:24:05: dass die Abstimmung und die Handlungsfähigkeit

00:24:07: zwischen diesen vielen Akteuren und den vielen Ebenen, dass das besser wird.

00:24:10: Jetzt haben wir im Gespräch schon öfters auf die Wahl vorausgeblickt,

00:24:14: im Jahr 2025 im Februar vorgezogene Bundestagswahl.

00:24:17: Und der Ukrainekrieg wird voraussichtlich hier auch eine wichtige Rolle spielen.

00:24:23: Was würden Sie sagen, inwieweit hat sich denn der Stellenwert,

00:24:27: die Wahrnehmung der Außenpolitik in der deutschen Bevölkerung für uns alle in diesem Jahr verändert,

00:24:32: wenn man bedenkt, dass eben zum Beispiel Wahlkampf schon auf Landesebene mit slogans gemacht wurde,

00:24:36: wie Krieg oder Frieden, ist Außenpolitik heute näher dran?

00:24:40: Außenpolitik ist heute viel näher dran.

00:24:42: Dazu führen 2,5, 2 3/4 Jahre Krieg auf unserem Kontinent.

00:24:46: Da kann man sich nicht mehr vorverstecken.

00:24:49: Das ist eine ernste Bedrohung.

00:24:51: Und Russland hat ja öfter gedroht, dass der Krieg eskaliert werden könnte von russischer Seite.

00:24:56: Und deshalb ist es im Bewusstsein der Bevölkerung meiner Ansicht nach angekommen.

00:25:01: Jetzt gibt es unterschiedliche Antworten darauf,

00:25:03: wie man denn die Sicherheitslage wieder verbessern kann.

00:25:07: Und in der deutschen Diskussion wird immer wieder, gerade von Parteien,

00:25:12: im linken und rechten Spektrum ganz außen,

00:25:15: also der BSW und der AfD gefordert,

00:25:17: dass man doch Frieden mit Putin schließen soll und statt Waffen zu liefern verhandeln soll.

00:25:22: Das ist meiner Ansicht nach ein ganz gefährlicher Kurzschluss.

00:25:25: Natürlich wollen alle ein verhandelten Frieden, aber man darf nie aus dem Blick verlieren,

00:25:30: welche Pläne ein Aggressor hat.

00:25:33: Und hier haben wir es mit einem Aggressor zu tun mit Vladimir Putin, der sehr klar gesagt hat,

00:25:38: dass er die Ukraine als Land von der Landkarte löschen möchte

00:25:41: und dass er noch weitere Staaten unter russische Kontrolle bringen möchte.

00:25:45: Ihm schwebt ja eine Vision von Russland vor,

00:25:47: die er der früheren Sowjetunion entspricht als dem historischen Russland.

00:25:51: Und das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren,

00:25:53: auch wie Wladimir Putin diesen Krieg geführt hat,

00:25:55: wie er internationales Recht gebrochen hat und Menschenrecht gebrochen hat,

00:26:00: also viele schlimme Vergehen.

00:26:02: Und deshalb, wenn wir verhandeln wollen oder werden irgendwann,

00:26:06: dann muss man zweierlei beachten, das erste ist, Deutschland kann nicht verhandeln,

00:26:10: sondern die Ukraine muss verhandeln.

00:26:11: Natürlich können Partner der Ukraine damit helfen,

00:26:14: dass es zu dieser Situation kommt und die Ukraine dann unterstützen.

00:26:17: Und zum Zweiten darf man nie aus dem Blick verlieren,

00:26:19: welche Kriegsziele Wladimir Putin eigentlich formuliert hat.

00:26:22: Und deshalb muss ein verhandelter Friede so es dazu kommt

00:26:26: und die Ukraine für sich, da den richtigen Weg drin sieht,

00:26:29: muss ganz klar sein, dass die westlichen Unterstützer der Ukraine

00:26:33: diesen Frieden massiv absichern werden müssen.

00:26:36: Und das bedeutet sehr, sehr viel, wenn dann die Grenze

00:26:40: zwischen der freien Ukraine und einem möglicherweise besetzten Gebiet

00:26:44: abgesichert werden muss, ebenso wie Teile noch der polnischen Außengrenze

00:26:48: und weiter der Ostflanke der NATO.

00:26:50: Also das wird eine große Aufgabe für die Europäer, die umso größer wird,

00:26:54: wenn die USA möglicherweise nicht so präsent sind,

00:26:56: wie wir uns das vielleicht jetzt noch erhoffen.

00:26:58: Vielen Dank für diesen außenpolitischen Rück- und Ausblick, Rückblick auf das Jahr 24

00:27:03: und ein bisschen auch schon auf das, was 2025 kommt.

00:27:06: Vielen Dank an Daniela Schwarzer von der Bertelsmann Stiftung.

00:27:09: Ich danke Ihnen.

00:27:10: Und jetzt kommt sozusagen der Rückblick zum Rückblick.

00:27:17: Zum Ende jeder Folge rekapitulieren wir nochmal kurz.

00:27:20: Wichtige Punkte, wichtige Gesetze, die uns hängen geblieben sind.

00:27:23: Martin, welche sind das bei dir?

00:27:25: Alles passiert gleichzeitig überall und die ganze Zeit.

00:27:29: Und das wird dieses Land so sehr herausfordern.

00:27:32: Das wird nicht nur Deutschland herausfordern, sondern auch Europa, die Europäische Union.

00:27:36: Das, was vom Westen irgendwie übrig geblieben ist, traditionelle Partnerschaften

00:27:40: sind entweder over oder müssen ganz neu bewertet werden, worden neu Partner.

00:27:44: Das wäre der zweite Punkt und der dritte.

00:27:46: Und das ist eigentlich mein eigentlicher, wenn man vorausschaut unter was vor einem Druck,

00:27:50: wie Europa ist, Zukunft der Ukraine, etc. ist das eine so immense Aufgabe.

00:27:56: Vor allem auch, was die Kommunikation in das Land anbelangt.

00:28:00: Also das Land mitzunehmen, die Bevölkerung mitzunehmen, zu erklären,

00:28:03: worum es geht, was auf uns zukommt.

00:28:05: Da habe ich so ein bisschen Sorgen ehrlicherweise und das beeindruckt mich schon sehr,

00:28:08: dieser Blick zurück und ein bisschen voraus, was da alles kommt.

00:28:12: Das werden anstrengende Zeiten keine hoffungslosen.

00:28:15: Man darf ja nie den Optimismus sinken, das dabei.

00:28:17: Aber das wird viel, was da auf uns zukommt.

00:28:19: Katharina, wie geht es dir?

00:28:21: Man auch nochmal wichtig, sich vorhin zu führen, wie sich Bündnisse oder Gesprächsformate verändern.

00:28:26: G7 mit Gästen, Erweiterung der Bricksstaaten.

00:28:29: Das auch in Europa sich die Machtdynamik ein wenig schiftet,

00:28:33: gerade auch mit der Schwäche von Deutschland und Frankreich.

00:28:36: Und dass man stärker eigentlich auf die Regionen Asien schauen sollte,

00:28:40: insgesamt in der Außenpolitik.

00:28:42: Eine Formulierung, die mir sehr im Ohr geblieben ist, war,

00:28:44: dass wir in Deutschland sehr viel darüber reden, ob wir Geld für Kanonen oder Butter ausgeben.

00:28:48: Und dass man aber eigentlich das Thema noch ein bisschen weiten müsste,

00:28:51: dass die hybride Kriegsführung noch gar nicht so sehr im Bewusstsein angekommen ist.

00:28:55: Dass es also sehr stark darum geht, die Resilienz in der Gesellschaft zu stärken.

00:28:59: Und das fand ich noch mal ein gutes Learning und vielleicht dann auch Hoffnung machen.

00:29:03: Das gibt ja Länder, die darin schon Vorbild sein können,

00:29:06: baltische Staaten, skandinavische Staaten.

00:29:07: Also es gibt Möglichkeiten.

00:29:09: Das war Folge 9 von Pod und die Welt.

00:29:16: Und auch die letzte Folge dieser Erststaffel.

00:29:19: Aber wir freuen uns schon sehr darauf, nächstes Jahr wieder an den Start zu gehen

00:29:23: mit einer neuen Podcast-Staffel.

00:29:24: Wenn Sie, liebe Hörerinnen, liebe Hörer, dazu Themenwünsche oder Ideen haben,

00:29:28: schreiben Sie uns gerne an ip@dgap.org.

00:29:33: Ich wiederhole: ip@dgap.org.

00:29:36: Ich bin Martin Bialecki.

00:29:38: Und ich bin Katharina Peetz.

00:29:40: Danke, dass Sie zugehört haben.

00:29:41: Kommen Sie gut rüber ins neue Jahr.

00:29:42:

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.