Bangen nach Baku: Wie steht es um den globalen Klimaschutz? (mit Kira Vinke)

Shownotes

Auf der Klimakonferenz COP 29 in Aserbaidschan ging es nur schleppend voran. Erst nach einer Verlängerung des Gipfels konnte man sich auf eine Abschlusserklärung einigen. Aber sind damit die großen Fragen im globalen Klimaschutz beantwortet – Stichworte Finanzierung und faire Lastenverteilung? Welche Rolle hat Deutschland bei dieser COP gespielt? Wie viel Gegenwind bringt Trumps Wiederwahl? Und wer oder was kann dem etwas entgegensetzen?

Über diese und weitere Fragen sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in der achten Folge von „Pod und die Welt“ mit Kira Vinke, Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Gast: Kira Vinke, Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) (@KiraVinke)

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00:00:00: Deutschland hat eine sehr gute Reputation in Sachen der globalen Partnerschaft für den Klimaschutz.

00:00:06: Kann auch hier möglicherweise bestimmte Marktlücken füllen, wenn die USA jetzt erstmal zögerlich agieren.

00:00:14: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Pod und die Welt, dem außenpolitischen Update der Zeitschrift "Internationale Politik".

00:00:20: Ich bin Martin Bialecki.

00:00:22: Und ich bin Katharina Peetz. Schön, dass Sie dabei sind.

00:00:25: Wir sinken buchstäblich. Mit diesem emotionalen Appell hatte die Gruppe der kleinen Inselstaaten auf ihre Belange aufmerksam gemacht.

00:00:33: Auf der Klimakonferenz COP29 in Baku in Aserbaidschan ging es eher schleppend zu.

00:00:38: Die Inselstaaten haben zusammen mit den am wenigsten entwickelten Ländern aus Protest sogar eine Verhandlungsrunde verlassen.

00:00:44: Man habe nicht den Eindruck ernst genommen zu werden.

00:00:47: Am Ende hat man sich bei der COP29 nach einer Verlängerung in der Nacht auf Sonntag auf einen Abschlussdom geeinigt.

00:00:53: Aber ob damit die großen Fragen im Klimaschütze wirklich beantwortet sind, Stichwort Finanzierung und faire Lastenverteilung,

00:01:01: das wollen wir uns in dieser Folge mal genauer anschauen.

00:01:03: Und wir freuen uns sehr, dass dafür Kira Vinke zu Gast ist.

00:01:06: Sie ist Leiterin des Zentrums Klima- und Außenpolitik bei der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik, der DGAP.

00:01:12: Hallo Frau Vinke.

00:01:13: Hallo.

00:01:17: Zum Einstieg vielleicht erstmal die Frage, eine gefühlige Frage.

00:01:21: Mit welchem Gefühl sind Sie nach Baku hingereist und mit welchem kamen Sie dann zurück?

00:01:26: Also ich bin schon mit gemischten Gefühlen nach Baku gereist.

00:01:30: Weil es klar war, dass unter der Präsidentschaft Aserbaidschans eben die Verhandlungen möglicherweise schleppend verlaufen würden.

00:01:37: Es ist ein Staat, das sehr stark auf Fossilenergien setzt.

00:01:40: Vielleicht zu Beginn wurde auch gesagt, dass Öl als Geschenk Gottes gesehen wird.

00:01:44: Insofern waren da die Erwartungen auch zu Beginn recht gering.

00:01:48: Ich bin dann abgereist bzw. habe dann die Bilanz der Konferenz,

00:01:52: also ich bin nicht bis ganz zum Schluss geblieben,

00:01:54: aber habe dann die Bilanz der Konferenz betrachtet mit schon eine Art Erleichterung,

00:02:00: dass es überhaupt zu einem Kompromiss gekommen ist.

00:02:04: Weil ich glaube, das war diesmal haar scharf.

00:02:06: Ich denke, dass es trotzdem natürlich nicht genug ist, was dort vereinbart worden ist.

00:02:11: Man fragt sich immer so ein bisschen vor Vinke, was solche Klimakonferenzen eigentlich bringen.

00:02:15: Klar, das Thema bleibt auf der Agenda, man bleibt im Gespräch darüber.

00:02:18: Wie ist denn Ihr Fazit zur COP29? Sticht Ihnen irgendeiner Form hervor?

00:02:22: Sie haben gerade gesagt, Hauptsache überhaupt ein Ergebnis.

00:02:25: Ist das das Ergebnis?

00:02:27: Also was wir auf dieser COP eben gesehen haben,

00:02:29: ist insbesondere der Kampf um ein neues Klimafinanzierungsziel.

00:02:33: Darum ging es primär.

00:02:35: Das bedeutet also die Frage, wie viel Gelder werden insbesondere sich entwickelnden Ländern

00:02:40: zur Verfügung gestellt durch Industriestaaten, die besonders viel zum Problem beigetragen haben.

00:02:45: Hier hat man sich auf 300 Milliarden geeinigt, die eine Summe ist,

00:02:51: die dann jährlich erreicht werden soll bis 2035.

00:02:56: Hier geht es nun darum, das möglichst schnell zu erreichen.

00:02:59: Insofern war das schon eine sehr wichtige COP gerade für den sogenannten globalen Süden.

00:03:08: Vielleicht schauen wir auf diese Machtverhältnisse bei den Finanzierungsfragen nochmal genauer.

00:03:16: Es gibt die reichen Industriestaaten, die schon sehr viel CO2 ausgestoßen haben.

00:03:19: Die ärmeren Länder, die stark unter dem Klimawandel leiden,

00:03:22: obwohl sie oft einen geringen Anteil am CO2 ausstoßen haben.

00:03:25: Und die sogenannten Schwellenländer oder auch verhältnismäßig neue fossile Staaten.

00:03:29: Sie haben gerade schon kurz umrissen, was der Kompromiss ist.

00:03:32: Was würden Sie sagen, wer hat sich jetzt in diesem Machtkampf in den Finanzierungsfragen am Ende durchgesetzt?

00:03:36: Also die Machtverhältnisse, die globalen Machtverhältnisse sind ja klar,

00:03:40: dass die Industriestaaten, die für das Problem verantwortlich sind,

00:03:44: auch die Machtkonzentrationen bei sich haben, wirkt sich natürlich deutlich auf den Verhandlungsverlauf aus.

00:03:50: Nicht dass du trotz, muss man einfach sagen, es braucht dieses Forum,

00:03:53: weil sonst viele vulnerables Staaten gar keine Stimme hätten.

00:03:57: Also bei einer G20-Sitzung oder auch einer G7-Sitzung wäre es schwer vorstellbar gewesen,

00:04:04: dass ein Betrag von 300 Milliarden Euro zur Emissionsminderung und Anpassung

00:04:09: von Entwicklungsstaaten gepletscht worden wäre.

00:04:12: Das braucht da schon den Druckmoment durch die globalen Akteure.

00:04:16: Und natürlich ist es so gerade im Bereich der Emissionsminderung,

00:04:20: haben fossile Petrostaten eben insbesondere Saudi-Arabien stark auf die Bremse getreten,

00:04:26: haben auch die Rhetoration von ambitionierten Formulierungen verhindert.

00:04:32: Das ist natürlich bedauerlich, dass man jetzt öfters auch wieder Dinge quasi nochmal neu diskutieren muss,

00:04:39: die eigentlich schon längst vereinbart waren.

00:04:42: Die Interessen gegensätzlich zwischen flachliegenden Inseln auf der einen Seite und Europäischen Staaten

00:04:47: oder den US auf der anderen Seite sind riesengroß.

00:04:50: Frage, wie viel koloniales Denken, also nochmal Stichwort Globaler Süden steckt denn im globalen Umgang mit der Klimakrise?

00:04:57: Der Kolonialismus wirft natürlich weite Schatten und das auch in das Verhandlungsfeld der internationalen Klimaschutzverhandlungen.

00:05:04: Hier gibt es natürlich große Diskrepanten, insbesondere auch weil viele westliche Industriestraten massiv von ihrem kolonialen Erbe profitiert haben.

00:05:15: Und diese Dinge natürlich dann auch miteinander in Verbindung gebracht werden, wenn es darum geht,

00:05:20: andere Staaten dazu zu motivieren, selber Klimaschutz zu betreiben.

00:05:25: Insbesondere muss man dabei in Betracht ziehen, dass CO2 sehr lange in der Atmosphäre verbleibt

00:05:30: und wir haben jetzt schon viel dieses CO2-Raums, wenn man so einen Wille eingenommen in der Atmosphäre

00:05:35: und nun sollen beispielsweise, wenn es darum geht, normaler CO2-Preis oder so,

00:05:40: sollen andere Länder dafür zahlen CO2-Ausstoßen zu können, während wir jetzt jahre, jahrzehntelang, über ein Jahrhundert lang CO2 quasi umsonst in die Atmosphäre abgelagert haben

00:05:51: und die ja weiterhin dort vorhanden sind und auch Schaden in genau diesen Ländern anrichten, die wir nun davon überzeugen wollen,

00:05:59: weniger CO2 auch auszustoßen.

00:06:02: Nichtsdestotrotz bleibt das notwendig, dass alle Länder hier in einem Strang ziehen

00:06:06: und umso wichtiger ist eben diese Frage der Finanzierung.

00:06:09: Das ist nämlich keine reine Wohltätigkeit der Industriestraten, sondern aus meiner Perspektive ein wichtiges Element,

00:06:16: um dieser Verantwortung auch in gewisser Weise beizukommen und dazu beizutragen, dass alle Länder hier die Richtung einschlagen der Transformation.

00:06:25: Weil natürlich ist es so, wenn Deutschland alleine seine Emission mindert, wird es das Klima nicht insgesamt retten.

00:06:31: Wir brauchen hier die Kooperation.

00:06:33: Wir wollen ja vorhin mit diesem Podcast immer auch die Frage beantworten,

00:06:40: was hat das Ganze denn mit uns alle Leben zu tun in Deutschland?

00:06:44: Nun hat Frau Baerbock die deutsche Außenministerin unter anderem erklärt Geld allein das Reich nicht.

00:06:49: Es müsse schon auch der Ausstoß klimaschädlich Emissionen reduziert werden.

00:06:53: Dann fragt man sich, wie glaubwürdig ist Deutschland denn bei den Klimaschutzverhandlungen

00:06:57: und wie bewerten Sie Deutschlands Rolle generell bei der COPEN-Baku?

00:07:02: Also man muss schon sagen, dass die Rolle der Außenministerin hier eine ganz wichtige war,

00:07:07: weil sie eine der hochrangigen Politikerinnen waren, die vor Ort lange waren und die auch eben mit zum Schluss verhandelt haben.

00:07:14: Das war ein sehr wichtiges Signal und hat auch dazu maßgeblich beigetragen, dass es überhaupt zu einem Kompromiss kam.

00:07:20: Denn die Präsidentschaft, also die Koppräsidentschaft Aserbaidschans hat eben keine gute Vorarbeit geleistet.

00:07:25: Die Präsidentschaft hat traditionellerweise die Rolle eben Kompromisse zu finden.

00:07:30: Also am besten schon im Vorfeld der COP Gespräche zu führen, um Position miteinander vereinbar zu machen.

00:07:36: Und hier wurden am letzten oder vorletzten Tag einfach nur die Positionen noch mal einander gegenübergestellt

00:07:41: in dem Entwurfsdokument über die Klimafinanzierung.

00:07:44: Und das ist natürlich keine Ausarbeitung eines Kompromisses.

00:07:48: Insofern war das sehr wichtig.

00:07:49: Allerdings muss man auch sagen, die Regierungskrise, also das Brechen der Ampelkoalition,

00:07:54: hat mit dazu beigetragen, dass wir eben auch nicht besonders ambizient im Vorfeld dort auftreten konnten.

00:08:00: Man muss sich daran erinnern, dass in früheren Zeiten eben Deutschland auch schon Monate vorher

00:08:05: mit Zusagen, Finanzierungszusagen reingegangen ist, mit Emissionsminderungszielen, die ambizienter waren.

00:08:11: Und hier brut man sich jetzt so ein bisschen auf dem Status quo aus.

00:08:15: Und gleichzeitig, wenn man jetzt die Klimakrise dagegen stellt und Deutschlands Verantwortung dafür,

00:08:20: also unseren anteilenden Emissionen, bleiben wir einfach hinter unsere eigentlichen Verantwortung zurück.

00:08:25: Jetzt haben Sie das Ampel aus angesprochen und das Stichwort Verantwortung genannt.

00:08:30: Am gleichen Tag, als die Ampel gescheitert ist, war klar, dass Donald Trump wieder ins weiße Haus in den USA einziehen würde.

00:08:36: Wie spürbar war dieser Schatten von Trump auf der COP?

00:08:40: Es ist ja wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, dass die USA wieder aus den Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen werden.

00:08:45: Die Wahl Donald Trumps war natürlich deutlich spürbar auf den internationalen Klimaschutzverhandlungen.

00:08:52: Denn es ist klar, dass Donald Trump angekündigt hat, aus dem Pariser Abkommen auszutreten.

00:08:57: Das ist diesmal auch deutlich schneller möglich als in den Jahren zuvor.

00:09:02: Denn als er zum ersten Mal Präsident war der USA, gab es diese drei Jahresfrist,

00:09:07: weil da ja gerade erst das Abkommen verabschiedet war.

00:09:10: Jetzt gibt es diese drei Jahresfrist nicht mehr, er kann innerhalb eines Jahres austreten

00:09:14: und damit wären die USA dann eben auch nicht mehr an das Abkommen gebunden.

00:09:18: Das hat bestimmt auch Auswirkungen darauf gehabt, dass zum Beispiel die argentinische Delegation abgereist ist,

00:09:24: also Millet hat seine Delegation zurückgeholt.

00:09:27: Das bedeutet, es allerdings nicht gleich kommt eines Austritts aus dem Abkommen,

00:09:31: auch nicht aus der UNFCCC, also aus der Klimarahmenkommission, aber es ist natürlich schon mal ein politisches Signal.

00:09:36: Das heißt, dort gibt es deutlich einen Gegenwind.

00:09:38: Allerdings muss man auch sagen, dass die USA jetzt kein leuchtendes Beispiel von Klimaschutzbahnen,

00:09:44: das jetzt völlig zerbricht.

00:09:46: Man muss auch sehen, es ist das dritte Mal, dass die USA jetzt quasi die internationalen Klimaschutzverhandlungen stören,

00:09:52: indem sie eben erstens das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben,

00:09:57: zweitens dann einmal ausgetreten sind unter der ersten Trump-Präsidentschaft, jetzt zum dritten Mal.

00:10:01: Da schleicht sie auch eine gewisse Gewohnheit ein.

00:10:03: Das ist natürlich schlecht, aber gleichzeitig werden auch in den USA weiter die Emissionen sinken,

00:10:08: weil die Erneuerbaren einfach die Marktdominanz übernehmen werden.

00:10:12: Die CO2-Bilanz ist es schlecht, weil wir einfach ein sehr, sehr geringes CO2-Budget noch verbleibend haben

00:10:19: unter den Temperaturgrenzen des Pariser Abkommens.

00:10:21: Und deswegen muss voller Kraft jetzt vorausgehen und nicht noch weiter auf die Bremse treten müssten.

00:10:26: Es gibt ja viele Frau Vinke, die von der COP zurückkommen und sagen,

00:10:29: Mensch, das ist so groß, so komplex, das ist irgendwie einfach zu massiv geworden.

00:10:35: Was glauben Sie, werden jetzt andere kleinere, flexiblere Formate wichtiger?

00:10:40: Also das multilaterale Forum der Kopp ist weiterhin sehr, sehr wichtig.

00:10:45: Es braucht diesen internationalen Raum, es ist ein globales Problem, dass sich auch nur globales Problemen gibt.

00:10:50: lösen lässt. Gleichwohl ist es eine ja eine nicht ausreichende Funktion, die da erfüllt wird.

00:10:58: Das bedeutet also, wir brauchen noch darüber hinausgehend idealerweise Staaten, Gruppen,

00:11:03: Allianzen, die eben vorangehen mit höherem Ambitionsniveau, weil es ist natürlich sehr,

00:11:08: sehr schwierig, die Interessen der flachliegenden kleinen Inselstaaten und die Saudi-Arabiens

00:11:13: miteinander in Verbindung zu bringen. Insofern braucht es da weitere Allianzen und

00:11:19: das kann auch im Rahmen der G7 passieren, im Rahmen der G20, die für einen Großteil der

00:11:25: globalen Emissionen verantwortlich sind und hier entsprechend auch vorausgehen müssen.

00:11:30: Liebe Hörerinnen, liebe Hörer, 2024 geht zu Ende. Ob die Welt 2025 besser,

00:11:41: friedlicher und hoffnungsvoller wird, das wissen wir nicht. Aber eines wissen wir,

00:11:44: dass sie mit einem Geschenkabo der Internetsteine in Politik, also der Zeitschrift,

00:11:48: die hinter diesem Podcast steht, viel Freude stiften können. Sechsmal im Jahr hält man damit

00:11:53: als Geschenk die Internationale Politik freihaus und die Sonderausgaben und einen freien Zugang

00:11:58: zu allen digitalen Inhalten der IP. Bis zum 6. Dezember halten sie das IP-Geschenkabo für nur 83

00:12:03: statt 118 Euro. Den Link zur Abo-Seite finden sie in den Show-Notes und damit zurück zur

00:12:09: aktuellen Folge von Pod und die Welt mit Kira Vinke. Wenn wir ein bisschen raus so

00:12:15: meinem Thema, also nicht nur auf die Kopf schauen, sondern globalen Klimaschutz generell in der

00:12:20: aktuellen Zeit multipler Krisen. Sie haben in der Zeitschrift IP vor kurzem geschrieben,

00:12:25: dass sich im Strudel geopolitischer Krisen die Prioritäten zwischen Gegenwart und Zukunft,

00:12:30: zwischen der Reaktion auf Schocks und der Prävention des vorhersehbaren Unheils verschieben. Das ist

00:12:36: so ein Dilemma, in dem wir uns gerade befinden. Die geopolitischen Krisen werden nicht über Nacht

00:12:41: verschwinden, aber die Notwendigkeit eben von Klimaschutz auch nicht. Sehen Sie Auswege aus

00:12:45: diesem Dilemma? Also ein wichtiger Ausweg ist natürlich die Wissenschaft, dass wir eben durch

00:12:50: die wissenschaftlichen Erkenntnisse gewissermaßen in die Zukunft schauen können und wissen inzwischen

00:12:55: durch verschiedenste Klimamodelle und durch die weltweite Vernetzung von Wissenschafts,

00:13:02: muss man ja auch sehen, dass hier die internationalen Kooperation wirklich gut funktioniert, Forschungsteams

00:13:07: über auch verschiedene politische Systemgrenzen hinweg miteinander kooperieren, dass eben wir

00:13:14: durch diese Wissenschaft einen Vorsprung haben in unserem Denken, also dass wir absehen können,

00:13:20: was passiert, wenn wir x, y oder z wählen als Option. Und diesen Vorsprung uns zu Nutze

00:13:26: zu machen, das gilt es jetzt umzusetzen und dafür bräuchte es natürlich auch demokratische Mehrheiten

00:13:31: und hier geht es eines um Krisen, Kommunikation, also wie vermitteln wir den Wert der Prävention,

00:13:37: also was unsere Verantwortung auch präventiv wirken zu werden, wie vermitteln wir auch die

00:13:43: Chancen dem Klimawandel beizukommen, also eine wirklich lebenswerte Zukunft zu ermöglichen,

00:13:49: aber eben auch die ökonomischen Chancen der Transformation in den Vordergrund zu stellen.

00:13:54: Und ich denke über diesen Weg lassen sich schon auch Mehrheiten dahinter versammeln weiterhin.

00:14:00: Ambitioniert den Klimaschutz zu betreiben.

00:14:02: Jetzt hat man in den letzten Jahren so ein bisschen den Eindruck gehabt, dass Klimaschutz als Thema

00:14:07: in der öffentlichen Debatte verdrängt worden ist, vor allem durch die russische Invasion in der

00:14:12: Ukraine. Wird sehr viel über die Themen Sicherheit und Verteidigung diskutiert, es gibt natürlich

00:14:16: auch noch andere Krisen, aber das ist so ein Hauptfokus. Obwohl ja das Thema Klimaschutz auch sehr stark

00:14:22: mit dem Thema Sicherheit in Verbindung steht, also wir wissen, dass Klima folgen vorhandene

00:14:27: Krisen und Konflikte verstärken können. Wie erklären Sie sich das, dass eigentlich über

00:14:31: das Thema Klimasicherheit sehr wenig gesprochen wird? Also der Zusammenhang zwischen Klimawandel

00:14:36: und Sicherheit ist ja einer, der von Komplexität auch geprägt ist und es ist eben so, dass der

00:14:43: Klimawandel auch verschiedenste Konfliktreiber einwirkt, zum Beispiel auf die Frage der Verteilung von

00:14:49: Ressourcen. Wenn Ressourcen knapper werden, kann dies zu Konflikten führen, aber auch ein Reichtum an

00:14:54: Ressourcen bedeutet nicht unbedingt, dass es der Stabilität dient, zum Beispiel demokratische

00:14:59: Republic Kongo. Und das hat natürlich auch was mit dem Zugang zu Ressourcen zu tun. Und ich glaube,

00:15:04: wenn dieser eben sehr ungleich verteilt ist, erhöht sich einfach das Konfliktpotenzial gerade

00:15:08: in Bezug auf den Klimawandel, gerade in Ländern, die stark von der Landwirtschaft abhängig sind,

00:15:13: gerade in Ländern, die eine Spaltung zwischen verschiedensten polarisierten Gruppen bereits

00:15:17: aufweisen. Dass das nicht so stark in den Vordergrund tritt, liegt natürlich mit daran, dass es eben

00:15:23: relativ komplex ist, indirekte Wirkungsketten vorliegen und auch dass natürlich die Verantwortung

00:15:29: für eine Gewaltanwendung, also der Griff zur Waffe umgangssprachlich, das mal auszudrücken,

00:15:35: natürlich immer eine menschliche Entscheidung ist und nicht auf den Klimawandel zurückzuführen,

00:15:40: ist denn auch unter großer Not. Es ist ja eine Entscheidung eines Akteurs, eines Staates,

00:15:46: einer autokratischen Regierung, dann mit Waffengewalt auf bestimmte Situationen zu reagieren,

00:15:52: beziehungsweise seine eigenen Interessen damit durchzusetzen. Insofern gibt es hier vielfältige

00:15:55: Gründe, warum das vielleicht nicht so im Vordergrund steht, aber der Forschungsektor hier hat in

00:16:00: den letzten Jahren schon deutlich zugelegt und es gibt auch immer mehr belastbare Studien,

00:16:05: die diese sehr verwobenen Kausalzusammenhänge herausarbeiten.

00:16:10: Wir haben vorhin schon kurz über Donald Trump gesprochen, ich wollte auch noch mal zurückkommen.

00:16:18: Wird es denn Leute geben, Politikerinnen geben, die in seinem Kielwasser sozusagen sich das zu

00:16:24: Nutzen machen, dass er aussteigen wird aus Paris etc., also was bedeutet seine Wiederwahl für den

00:16:28: globalen Klimaschutz? Also man sieht ja auch an den Diskussionen hier in Deutschland, dass einige

00:16:33: Politiker da versuchen sich aus der eigenen Verantwortung heraus zu winden mit der Argumentation,

00:16:39: dass die USA jetzt ja schwächeln. Ich halte das für nicht besonders überzeugend, erstens weil die

00:16:44: USA weiterhin ihre Emissionen senken werden, einfach dadurch, dass die USA vor Ort den

00:16:50: Inflation Reduction Act schon verabschiedet haben unter beiden und der wird auch nicht komplett

00:16:54: zurückgenommen werden, weil er nämlich sehr vortalshaft ist. Unter anderem in verschiedensten

00:16:59: Swing-States, also Wahlentscheiden, Staaten, wo viele Menschen auf bessere Jobs hoffen können,

00:17:04: aufgrund der Förderung der Subvention von grünen Technologien. Was unsere eigene politische

00:17:10: Landschaft betrifft, denke ich auch, dass wir hier möglicherweise auch ein Möglichkeitsfenster sehen

00:17:16: könnten, gerade wenn die USA hier weniger präsent sind, hier eine Führungsrolle einzunehmen

00:17:21: international. Deutschland hat eine sehr gute Reputation in Sachen der globalen Partnerschaft

00:17:26: für den Klimaschutz, kann auch hier möglicherweise bestimmte Marktlücken füllen, wenn die USA

00:17:32: jetzt erstmal zögerlich agieren. Zum Abschluss dieses Gesprächs würden wir gerne noch mal zum

00:17:37: Anfang zurückkommen, nämlich die COP, die Klimaschutzkonferenz in Baku. Gab es Begegnungen,

00:17:43: Gespräche, Erfahrungen, irgendwas, was ihnen besonders hängen geblieben ist, vielleicht sogar

00:17:47: was, was sie hoffnungsfroh gemacht hat? Wir hatten einen Zeit-Event auf der COP29 in Baku, wo es um

00:17:54: den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Konflikten und Vertreibung ging. Bei dieser Gelegenheit hatte

00:18:00: UNHCR eine Frau eingeladen, Grace DuRong, die selbst eine Fluchtgeschichte hat und gleichzeitig

00:18:09: jetzt als in einer NGO aktiv ist, um eben Menschen zu helfen, die in Situationen von Vertreibung zu

00:18:17: leben. Und das war eine sehr eindrückliche Begegnung, weil sie eben einen sehr schweren Lebensweg hinter

00:18:22: sich hat, aber gleichzeitig versucht mit ihrer Erfahrung und auch mit den Möglichkeiten,

00:18:27: die sie hat, nun anderen Menschen zu helfen und auch präsent zu sein auf diesen internationalen

00:18:32: Konferenzen, beispielsweise mit UNHCR zusammen. Ich finde diese Begegnung mit Menschen, die diese

00:18:38: Krisen in ihrem Leben drehen können, in eine Richtung, vielleicht auch natürlich durch

00:18:47: verschiedenste Möglichkeiten, die ihnen gegeben worden sind, in der Krise einen anderen Weg

00:18:51: einzuschlagen. Das ist für mich besonders beeindruckend gewesen.

00:18:54: Mit Kira Vinke, der Leiterin des Zentrums Klima und Außenpolitik von der Deutschen Gesellschaft für

00:18:59: Auswertige Politik, haben wir über die Klimakonferenz in Barco und den globalen Klimaschutz in Zeiten

00:19:04: von multiplen Krisen gesprochen. Vielen Dank. Danke.

00:19:07: Wenn wir diese Folge ein bisschen Revue passieren lassen, ein bisschen rekapitulieren, fassen

00:19:17: wir zusammen, was so Gedanken sind oder Sätze, die einem so besonders in Erinnerung geblieben sind.

00:19:22: Ich fange mal an. Also das wurde nochmal sehr deutlich. Dieser Kompromiss, der jetzt auf der

00:19:27: COP29 gefunden worden ist, war haarscharf und man fragt sich immer so ein bisschen, naja, was bringen

00:19:33: dann tatsächlich diese Konferenzen, weil eigentlich die globalen Machtverhältnisse sehr klar sind,

00:19:37: aber ich finde, das wurde nochmal deutlich. Man braucht diese Konferenz, um überhaupt im Gespräch

00:19:41: zu bleiben und Kompromisse zu finden. Ich fand ganz interessant den Gedanken, dass der Rückzug

00:19:46: der USA aus dem Klimaschutzabkommen auch dazu führen könnte, dass Deutschland eine wichtige Rolle

00:19:52: einnimmt und mehr Verantwortung übernehmen muss. Und sehr hoffnungsroh hat mich gestimmt,

00:19:56: dieser Gedanke, dass es ein bisschen ein Ausweg aus dem Dilemma sein kann. Wir haben viele

00:20:01: multiplen Krisen und ein Klimaschutz, der vernachlässigt wird, dass die Wissenschaft

00:20:05: da aber eine wichtige Lösung bringen kann. Martin, wie ging es dir?

00:20:09: Ganz ähnlich. Zwar mal dunkel einmal hell, dunkel wie mühsam dieser Klimaschutz und

00:20:15: die Bemühungen darum sind, kaum macht für die Kleinen der Ausstieg der USA es eingepreist.

00:20:18: Es gibt überhaupt keine Spur von einem Gedanken an eine Welt, auf der wir leben. Der zweite Punkt,

00:20:23: wie schwer ist der Klimaschutz gerade in dieser Zeit hat, wo wir ganz andere Themen dominieren,

00:20:27: obwohl, auch wenn das Thema bei der Konjunktur hat, ist das überwölbende Thema dieser Zeit ist und

00:20:32: sein muss. Und dann zu Ende an a positive note aber dieses Möglichkeitenfenster von dem Kerafänke

00:20:37: gesprochen hat, dass es eben was gibt, was man tun kann. Und es geht ja auch gar nicht anders,

00:20:41: man kann ja nicht den Kopf in den Sand stecken und das, wenn überhaupt was tun kann, das ist dann

00:20:45: doch ein schöner Schluss, finde ich. Das war Folge 8 von "Pod und die Welt" und wir nähern uns

00:20:55: nicht nur mit erschreckend schnellen Schritten dem Ende des Jahres, sondern auch dem Ende der ersten

00:20:59: Staffel dieses neuen Podcasts. Deswegen wollen wir in der nächsten Episode schon einen kleinen

00:21:04: Rückblick auf das außenpolitische Jahr 2024 wagen mit Daniela Schwarzer von der Bertelsmann Stiftung

00:21:10: Aber keine Sorge, nächstes Jahr geht es weiter mit "Pod und die Welt". Wir starten im Januar in

00:21:15: eine neue Staffel und wir möchten dabei gern auch Ihre Wünsche einbeziehen. Welches außenpolitische

00:21:20: Thema würden Sie gerne hier im Podcast hören, mit welchem Gast sollten wir unbedingt mal sprechen?

00:21:25: Schreiben Sie uns Ihre Ideen sehr gerne per Mail an ip@dgap.org. Ich bin Katharina Peetz und ich

00:21:33: Martin Bialecki. Danke für Ihr Interesse.

00:21:35:

00:21:37:

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