Wie hältst du’s mit dem Globalen Süden, lieber Westen? (mit Magdalena Kirchner)
Shownotes
Wenn vom 22. bis 24. Oktober im russischen Kasan der Gipfel der BRICS-Staaten stattfindet, dann sollte der Westen ganz genau hinschauen: Wie organisiert sich dieses Bündnis? Formiert sich hier ein neuer Player in der Weltordnung – oder sind die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu groß, um mit einer Stimme zu sprechen, etwa im Nahostkonflikt? So oder so: In einer Welt im Wandel brauchen Deutschland und Europa neue Partner, auch und gerade im Globalen Süden. Welche Folgen hat diese Weltumordnung für unser aller Leben?
Über diese und weitere Fragen sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in der vierten Folge von „Pod und die Welt“ mit Magdalena Kirchner, Leiterin des Bereichs „Europa in der Welt“ bei der Stiftung Mercator.
Gast: Dr. Magdalena Kirchner, Leiterin des Bereichs „Europa in der Welt“ bei der Stiftung Mercator (@mag_kir)
Links und Empfehlungen aus der Folge:
- Beziehungsstatus: kompliziert. Wie sich der Globale Süden organisiert, Magdalena Kirchner, Internationale Politik (2024)
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00:00:00: Wir müssen natürlich bei dieser Diskussion Globaler Süden, Globaler Norden oder auch
00:00:04: BRICS und der Rest uns dahingehend einmal ehrlich machen, dass wir soweit voneinander nicht
00:00:09: sind.
00:00:10: Also die meisten BRICS-Staaten sind Mitglieder der G20.
00:00:12: Die wirtschaftliche Integration gerade zwischen Europa und den BRICS-Staaten ist extrem
00:00:17: hoch.
00:00:18: Eine neue Folge von Pod und die Welt mit mir, Martin Bialecki, Chefredakteur der Zeitschrift
00:00:24: "Internationale Politik" und mir Katharina Peetz, freie Journalistin.
00:00:27: Wir sprechen wieder über Außenpolitik und wir versuchen gemeinsam mit unserem Gast die
00:00:31: Frage zu beantworten: Was hat die eigentlich mit unser aller Leben zu tun?
00:00:35: Genau, und heute soll es um das Verhältnis des Westens zum sogenannten Globalen Süden
00:00:40: gehen.
00:00:41: Anlass dafür ist der nahende Gipfel der BRICS-Staaten.
00:00:43: Diese BRICS-Gruppe bestand ursprünglich aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika,
00:00:48: daher der Name.
00:00:49: Und seit Januar 2024, da hat sie vier neue Mitglieder.
00:00:52: Das sind Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.
00:00:57: Jetzt gibt es verschiedene Ansichten darüber:
00:00:59: Was sind die BRICS eigentlich?
00:01:01: Was wollen sie sein?
00:01:02: Manche sagen, es ist einfach nur einloser Zusammenschluss einer Staatengruppe.
00:01:05: Andere sagen, es sei ein gezielt anti-westliches Bündnis.
00:01:08: Einige BRICS-Staaten sind Demokratien, andere werden autoritär regiert.
00:01:12: Einige sind in der Tat anti-westlich eingestellt.
00:01:15: Andere arbeiten lange und gut schon mit westlichen Staaten zusammen.
00:01:18: Wenn das Ziel der BRICS also ist, dem Westen seine Vormachtstellung streitig zu machen, dann
00:01:22: agieren die BRICS-Staaten zumindest ziemlich ambivalent.
00:01:25: Der Gipfel dieser BRICS-Staaten findet vom 22. bis 24. Oktober im russischen Kazan statt.
00:01:31: Und wir wollen heute darüber sprechen, warum dieses Treffen bedeutend ist für die Welt
00:01:34: der Außenpolitik und für uns alle.
00:01:37: Dahinter steht eine der großen Gretchenfragen dieser Zeit.
00:01:40: Wie, lieber Westen, hältst du es mit dem Globalen Süden?
00:01:43: Auf einer abstrakten Ebene geht es dabei also um Fragen der Weltordnung beim Thema BRICS.
00:01:48: Wir finden es wichtig, darüber zu sprechen, weil in der Welt im Wandel Deutschland neue
00:01:51: Partner braucht.
00:01:52: Denn mit den USA, mit Frankreich oder auch im Verhältnis zu Russland natürlich, da hat
00:01:56: sich sehr, sehr vieles verändert.
00:01:58: Und das hat Folgen für unser Leben, nicht nur für die Außenpolitik allgemein, sondern
00:02:02: auch ganz konkret für Energiekosten, Arbeitsplätze, Fragen des Fortschritts, der Gerechtigkeit
00:02:06: und vieles mehr.
00:02:07: Und wir freuen uns sehr, dass wir über all diese Themen heute mit Magdalena Kirchner
00:02:10: sprechen können.
00:02:11: Sie leitet den Europapereich bei der Stiftung Mercator.
00:02:14: Hallo Frau Kirchner.
00:02:15: Hallo Frau Peetz.
00:02:17: Vielleicht gehen wir zu Beginn nochmal ganz kurz einen Schritt zurück und fangen mit
00:02:23: dem Globalen Süden insgesamt an.
00:02:25: Dieser Begriff, damit sind viele schon unglücklich.
00:02:28: Wie stehen Sie dazu, was soll er beschreiben?
00:02:30: Also der Begriff ist in der Tat unglücklich, weil er aus allen Seiten kritisiert werden
00:02:37: kann.
00:02:38: Aber trotzdem benutzt wird, weil es bisher noch keine wirklich gute Alternative gibt.
00:02:43: Für mich persönlich beschreibt er eigentlich zwei Dynamiken.
00:02:47: Eine wirtschaftliche, die eigentlich zeigen soll eben historisch, auch vor dem Erbe der
00:02:52: Kolonialisierung, dass es immer noch einen Nachteil gibt für Staaten, die eben außerhalb
00:02:58: der Welt der Industriestaaten ihren Weg in die wirtschaftliche Entwicklung finden müssen,
00:03:03: die weiterhin strukturell benachteiligt werden.
00:03:06: Und das andere ist aber natürlich unsere aktuelle Diskussion, wo wir auch uns vielleicht
00:03:11: geopolitisch in unterschiedlichen Lagern finden und politische Gegensätze haben.
00:03:16: Und diese beiden Konzepte gehen miteinander durcheinander sehr oft.
00:03:20: Sie werden auch von den jeweiligen Akteuren unterschiedlich und gezielt und auch politisch
00:03:25: benutzt.
00:03:26: Aber sie zeigen eben eine Herausforderung, die wir haben, unsere Beziehungen heutzutage
00:03:30: weltweit zu definieren.
00:03:32: Ist das denn, Frau Kirchner, ein einloser Club, diese BRICS-Staaten?
00:03:36: Wie müssen wir das einsortieren?
00:03:37: Vielleicht können Sie uns dabei ein bisschen helfen.
00:03:39: Ist das ein loser Club?
00:03:40: Ist das eine feste Vereinbarung?
00:03:42: Ist das ein richtig anti-westliches Bündnis oder wie müssen wir uns das vorstellen?
00:03:46: Ein loser Club ist es, weil es hat keinen Generalsekretariat, es hat keine Grundakte,
00:03:52: es gibt keine Institutionalisierung.
00:03:54: Man kann das, glaube ich, ganz gut mit den G20 vergleichend, da rotiert die Präsidentschaft.
00:03:59: Es gibt also sozusagen noch keine wirklich feste Adresse und keine klaren Regeln.
00:04:04: Aber es ist kein loser Club, denn die Eintritts- und die Zugangswege, die sind schon ziemlich
00:04:10: deutlich.
00:04:11: Es ist ein Club, der von innen nach außen gesteuert wird, gerade jetzt eben in der Diskussion
00:04:15: auch der Erweiterung.
00:04:16: Und es gibt eben ein starkes Interesse auch von denen, die dazu gehören, auch zu kommunizieren,
00:04:21: dass sie teils dessen und sich eben als Teil einer gemeinsamen Gruppe verstehen.
00:04:26: Von daher ist das, glaube ich, am besten mit den G20 zu vergleichen.
00:04:29: Man hat die Idee einer gemeinsamen Vision, einer gemeinsamen Vorgehensweise, aber es ist
00:04:34: keineswegs eine fest institutionalisierte Organisation.
00:04:38: Wenn wir mal darauf schauen, wie die BRICS sich entwickelt haben.
00:04:46: Man hatte so 2022, 2023 so das Gefühl, da ist wirklich was im Aufwind, da kann wirklich
00:04:51: was passieren.
00:04:52: Die starten richtig durch, auch jetzt nach dieser Beschluss der Erweiterung.
00:04:55: Wie schätzen Sie, dass aktuell ein ist, davon nicht mehr viel geblieben?
00:04:58: Ich denke, das werden wir eben jetzt sehen.
00:05:01: Wir haben sehr viel Musik in den BRICS.
00:05:03: Ich glaube, das ist schon mal sehr deutlich.
00:05:05: Es gibt sehr viel Aufmerksamkeit und es gibt zwei Strömungen, die aber dem Instrument
00:05:09: der Aufmerksamkeitserregung eigentlich dienen.
00:05:12: Wir haben die einen, allen voran natürlich China, aber auch Russland und jetzt natürlich
00:05:16: auch Iran.
00:05:17: Staaten, die vielleicht eher isoliert sind oder sich vielleicht dem Vorwurf aussetzen
00:05:22: müssen, dass sie isoliert sind, die dadurch zeigen und demonstrieren können: Hey, wir
00:05:26: haben viele Freunde, die sind auch mächtig und wir sind hier Teil einer starken Bewegung.
00:05:30: Und dann gibt es da eine andere Gruppe, beispielsweise Indien, Brasilien, Südafrika und vielleicht
00:05:35: auch die Türkei, wenn sie es schafft sozusagen, diesem Club beizutreten, die dadurch eigentlich
00:05:39: auch an ihre bisherigen Partner signalisieren: Hey, wir haben Alternativen, wir haben auch
00:05:44: andere Optionen, wir sind sozusagen vorbereitet, vielleicht auch auch eine Verschärfung der
00:05:48: geopolitischen Lage.
00:05:50: Beides führt dazu, dass sehr viel über BRICS gesprochen wird.
00:05:53: Beides führt aber auch dazu, dass institutionell nicht so viel passiert, weil die schwierigen
00:05:58: Aushandlungsprozesse so eben auch vermieden werden können.
00:06:01: Stichwort Aushandlungsprozesse: Nun waren Sie kürzlich in China, sind gerade zurückgekehrt.
00:06:05: Wie groß ist denn die Dominanz von China innerhalb dieser BRICS-Gruppe und im Globalen Süden
00:06:11: generell?
00:06:12: Also das ist natürlich ein Vorwurf, den man China machen kann, dass sie zwar BRICS
00:06:17: vorantreiben und sagen, das ist eine völlig neue Organisation, aber wenn man das mit USA
00:06:22: geführten Bündnissen vergleicht, wie beispielsweise der NATO, ist der chinesische Fußabdruck in
00:06:27: den BRICS schon sehr, sehr stark und auch gewollt.
00:06:30: China ist der größte Player in den BRICS, 70 Prozent der Wirtschaftsleistung des Verbundes
00:06:35: kommt allein aus China.
00:06:36: China ist für alle Beteiligten der wichtigste Handelspartner und ist auch dominant in den
00:06:41: internen Verhandlungen.
00:06:43: Allein auch in dieser Frage, eben die Erweiterung, zeigt sich eben auch, dass ähnlich wie beispielsweise
00:06:48: die USA das früher auch gemacht haben, gezielt China versucht eben möglichst starten mit
00:06:55: in den Club zu holen, die die Verhandlungsmasse von China weltweit stärken.
00:06:59: Also die Dominanz von China ist einerseits ein wichtiger Anziehungspunkt für BRICS,
00:07:04: aber eben auch eine schwere Last für die Organisation, weil die versprochene Gleichwertigkeit
00:07:09: eben auch nicht eingehalten werden kann.
00:07:12: Und China ist ja auch einer der größten Kreditgeber.
00:07:15: Welche Rolle spielt die Schuldenkrise?
00:07:17: Viele Staaten des Globalen Südens sind massiv überschuldet.
00:07:20: Welche Perspektiven sehen Sie da?
00:07:22: Also auch das ist natürlich um zurückzukommen auf diese große Grundfrage Globaler Süden,
00:07:26: Globaler Norden.
00:07:27: Das ist eigentlich ein Problem zwischen dem Norden und dem Süden, die Verschuldung,
00:07:32: vor allem eben durch Kreditegeber aus dem Norden und die Schuldenlast im Süden, aber
00:07:37: auch hier hat sich eben das Spiel auch ein bisschen gewandelt.
00:07:40: Gerade in Afrika, ächzen Staaten wie beispielsweise Kenia unter einer chinesischen Schuldenlast
00:07:46: und die Konditionen sind keineswegs freundlicher als sie von westlichen Gebern zu erwarten werden.
00:07:51: Auch hier ist eine große Erwartung, glaube ich, an die BRICS, dass sie dieses Thema
00:07:55: Schulden angehen.
00:07:57: Aber die muss man natürlich dahingehend managen, dass China sich sehr oft in diesen Diskussionen
00:08:01: auch auf der anderen, einer G7-Rolle vergleichbaren Position wiederfindet.
00:08:06: Wenn wir, Frau Kirchner, ein bisschen schauen auf den Globalen Süden als ein Player in der
00:08:15: Weltordnung, da muss man natürlich auch auf den Nahostkonflikt gucken.
00:08:18: Es ist ja überhaupt noch nicht absehbar, was für Auswirkungen dieser Konflikt haben wird. Dass er massive gravierende Auswirkungen jetzt schon hat, ist klar. Aber wie das alles weitergehen wird,
00:08:22: weiß man noch gar nicht. Sind die BRICS als selber, als ein neuer Player in einer Weltordnung denkbar,
00:08:28: die ja von vielen als multipolar bezeichnet wird?
00:08:32: Vor allem auch durch die Erweiterung sind die Positionen innerhalb der BRICS Plus ja natürlich noch diverser geworden.
00:08:38: Wir haben, wenn man jetzt allein auf den Gaza-Konflikt schaut, Staaten mit sehr stabilen Beziehungen zu Israel,
00:08:44: die Vereinigten Arabischen Emirate, aber natürlich auch Indien. Und wir haben mit dem Iran natürlich genau das Gegenteil auch noch in der Gruppe.
00:08:52: Gleichzeitig ist mein Eindruck, dass es noch nicht den Wunsch gibt, sich überhaupt in diese Pest- und Cholera-Situation hineinzubegeben,
00:09:02: wenn man es nicht muss. China ist ein sehr gutes Beispiel, Russland natürlich auch.
00:09:06: Man begibt sich eher in eine Rolle des Free-Riders, also kommentiert natürlich den Konflikt
00:09:12: entsprechend, ist aber nicht willig jetzt wirklich eine Initiative zu starten, wenn wir beispielsweise an die Vermittlung zwischen Saudi-Arabien und Iran denken,
00:09:22: da war das chinesische Engagement eher eine Fotooperation, also wirklich politisches Gewicht und Kapital zu investieren.
00:09:30: Diese Bereitschaft gibt es noch nicht, das überlässt man aktuell vor allem lieber den Staaten des Westens oder der westlichen Bündnisse,
00:09:38: weil es eben nichts zu gewinnen gibt in der aktuellen Situation, es ist aber eben die Frage China, Russland sind Mitglieder Sicherheitsrates,
00:09:46: ob es dann auch mehr Druck vom Westen nicht geben sollte, eben diese Staaten auch an ihre Verantwortung hier auch wirklich zu erinnern.
00:09:52: Würden Sie denn grundsätzlich sagen, dass sich ein Bewusstsein gewandelt hat, dass man diesen Staaten mit mehr Augenhöhe begegnet,
00:09:59: oder ist das jetzt dann, wenn Sie sagen, man hört sich zum Beispiel beim Thema Nord-Ost auch eher noch zurück, nicht gegeben?
00:10:04: Ich glaube, wir müssen natürlich bei dieser Diskussion Globaler Süden, Globaler Norden oder auch BRICS und der Rest uns dahingehend einmal ehrlich machen,
00:10:12: dass wir soweit voneinander nicht sind. Also die meisten BRICS-Staaten sind Mitglieder der G20.
00:10:17: Die wirtschaftliche Integration gerade zwischen Europa und den BRICS-Staaten ist extrem hoch.
00:10:22: Das sind mit einigen Ausnahmen wirklich wichtige Partner oder gerade erst verlorene wichtige Partner.
00:10:29: Also hier ist man sich schon sehr bekannt und arbeitet auch zu vielen Fragen.
00:10:33: Stichwort Klimawandel auch schon sehr vertraut miteinander.
00:10:36: Also diese entteilenkünstliche neue Trennung ist etwas, was gerade wirtschaftlich die Realität gar nicht so widerspiegelt.
00:10:43: Wenn man die Forderungen nach mehr Mitsprache und mehr Teilhabe,
00:10:47: noch eine Demokratisierung der internationalen Wirtschaftsordnung konsequent zu Ende denkt,
00:10:51: Stichwort Solidarität, die wirklich über warme Worte hinausgeht, was würde denn die Erfüllung eben dieser Forderungen ganz konkret bedeuten?
00:10:58: Also ich denke in dieser Frage der globalen Solidarität müsste man sich wahrscheinlich auch von der Fokussierung auf BRICS eben ein bisschen lösen.
00:11:05: Denn der Grund, warum Staaten in BRICS Mitglied sind, ist eben ihre wirtschaftliche Stärke.
00:11:10: Sie haben sozusagen innerhalb des Globalen Südens eine Machtposition, die sie auch ausspielen in Konflikten oder Auseinandersetzungen mit Staaten,
00:11:18: die beispielsweise nicht in diesen Club aufgenommen werden können.
00:11:21: Auch alle BRICS Staaten sind nicht unbestritten in ihrem Führungsanspruch in ihren eigenen Regionen, in ihrer eigenen Nachbarschaft.
00:11:29: Das heißt, mein Ratschlag wäre natürlich sich auf die strukturellen Fragen erstmal zu fokussieren,
00:11:34: denn dann eben auch Staaten, die vielleicht noch nicht so bedeutend sind für unsere wirtschaftlichen Interessen,
00:11:40: die aber natürlich von den Folgen der wirtschaftlichen Entwicklung, von die Risking, aber auch von unserem Nichthandeln gegen den Klimawandel,
00:11:48: betroffen sind, ich denke, das wäre gerade für ein deutsches Bekenntnis von Multilateralismus wichtig, sich darauf zu fokussieren
00:11:54: und nicht sozusagen auf die Nächstmächtigen zu springen und eben versuchen, hier kurzfristige Allianzen zu schmieden.
00:12:00: Jetzt ist ja in unserem Podcast der Anspruch auch darüber zu sprechen, was hat das alles mit unser aller Leben zu tun?
00:12:09: Wir haben jetzt so sehr auf der Metaebene gesprochen, Allianzen knüpfen.
00:12:13: Was würden Sie sagen, warum sollten sich in Anführungszeichen normale Menschen mit zum Thema wie BRICS beschäftigen?
00:12:19: Normale Menschen in Anführungszeichen oder Interessierte, die interessierte Öffentlichkeit,
00:12:24: sollte sich mit den BRICS-Staaten, mit den Entwicklungen dort befassen aus zwei Gründen.
00:12:29: Erstens, die wirtschaftliche Integration ist enorm, die Bedeutung gerade für die großen Zukunftsfragen,
00:12:34: Ressourcen, Migrationen, Klima, aber auch die Fortsetzung unseres Wohlstandsmodells.
00:12:39: Da sind Staaten wie Indienstaaten wie China natürlich extrem relevant
00:12:43: und es ist sehr wichtig, die auch gut zu verstehen und ihre Motivation zu verstehen.
00:12:47: Zweitens, gerade so etwas wie BRICS oder das Aufkommen von anti-westlicher Stimmung oder Haltung
00:12:54: haben auch viel, etwas damit zu tun, wie es in diesen Ländern aussieht.
00:12:57: Verschuldung, das Abnehmen von Investitionen in den öffentlichen Raum, Arbeitslosigkeit,
00:13:02: das sind extrem große Zukunftsthemen, die uns in Europa ja auch nicht fremd sind
00:13:07: und hier auch nicht unbedingt Bündnisse zu schaffen, aber eben auch ein Verständnis dafür zu bekommen,
00:13:12: was die Folgen von Wirtschaftspolitik sind, wo wir eben systematisch zusammen angreifen können.
00:13:17: Das ist glaube ich auch ganz wichtig, um zu verstehen, welche Lösungskonzepte es geben kann.
00:13:21: Es wird ja derzeit sehr viel gesprochen über Themen wie Kolonialismus, kulturelle Analgnerausbeutung, etc.
00:13:27: Manchmal ist es das Gefühl, dass die Diskussion erst so richtig losgeht, was ja gut wäre,
00:13:31: dass sie richtig aufbricht, dass aber andererseits viele Menschen davon schon wieder total genervt sind.
00:13:36: Wir wollen, dass diese Debatte am besten überhaupt nicht weitergeht,
00:13:39: die gehe schon zu lang und führe irgendwie nicht weiter, etc.
00:13:42: Wie nehmen Sie das wahr, diese Debatte?
00:13:44: Also ich nehme in der Tat eine Ungeduld wahr und vor allem auch in den letzten Monaten
00:13:51: ja eben auch weniger Motivation, sich auch mit der Situation außerhalb Deutschlands, außerhalb Europas zu befassen.
00:13:58: Wir sehen das natürlich in der Diskussion um die Ukraine-Unterstützung, die Radwege in Peru.
00:14:02: Dass es sozusagen ein Gefühl gibt, man ist sich selbst der nächste, man muss jetzt erstmal gucken.
00:14:06: Und diese Diskussion über beispielsweise globale Gerechtigkeit, das ist für bessere Tage und für bessere Zeiten.
00:14:13: Ich kann das ganz persönlich beschreiben.
00:14:15: Ich bin im Dezember aus Jordanien wieder nach Deutschland gezogen,
00:14:18: wo eben der Krieg in Gaza die Menschen wirklich in einen kollektiven Zustand der Depression,
00:14:24: Hilflosigkeit und Verzweiflung gebracht hat.
00:14:27: Und kam dann nach Deutschland und hier waren die Traktoren auf der Straße.
00:14:30: Und ich glaube, das ist eine sehr gefährliche, nachzuvollziehen, aber natürlich gefährliche und kurzsichtige Entwicklung,
00:14:37: der wir, so wie wir das können, auch gegensteuern müssen, weil diese fehlende Empathie uns natürlich dann,
00:14:42: wenn es später wieder darum geht, auf andere zu setzen und zu Kooperationen zusammenzukommen,
00:14:47: uns natürlich dann um die Ohren fliegen kann, zumindest aber kein Vertrauen schaffen kann.
00:14:52: Vielen Dank.
00:14:53: Wir haben gesprochen mit Magdalena Kirchner von der Stiftung Mercator über die BRICS-Staaten und den Globalen Süden.
00:14:59: Vielen Dank.
00:15:00: Zum Ende der Folge wollen wir immer noch kurz rekapitulieren.
00:15:07: Ich habe ganz viel mitgenommen aus diesem Gespräch.
00:15:09: Ich finde einerseits nochmal wichtig, sich vor Augen zu führen, dass eben auch die BRICS-Plus-Starten
00:15:13: durchaus eine Ambivalenz aufweisen, dass es da nicht einheitliche Positionen zu allem gibt,
00:15:18: gerade auch beim Thema Nahost eigentlich nichts zu gewinnen, indem man sich da gerade positioniert.
00:15:23: Aber auch nochmal diesen Bezug, warum hat das eigentlich auch für uns eine Relevanz,
00:15:26: warum sollten wir uns damit beschäftigen, weil es eben Themen sind wie Migration, Klima,
00:15:30: die natürlich auch bei uns ein Thema sind und noch viel mehr werden.
00:15:34: Und das Gefühl von globale Gerechtigkeit ist was für bessere Zeiten, das fand ich sehr pointiert nochmal zu sagen.
00:15:41: Und dass uns das womöglich aber auf die Füße fallen will, so eine Ansicht.
00:15:44: Ja, ich nehme mit aus dieser Folge zwei Stichworte: Empathie und Komplexität.
00:15:49: Das eine ist: Also wie sehr, und das beschäftigt uns in der IP, in der Zeitschrift
00:15:53: ja auch die ganze Zeit, wie übersetzen wir denn globale Fragen
00:15:57: so für Menschen hier in Deutschland, dass klar wird, wie vernetzt und wie komplex diese Welt ist
00:16:02: und dass eben auch solche Fragen wie BRICS-Plus ganz konkret was mit dem eigenen Leben zu tun haben
00:16:06: und dass ich mich doch bitte schön dafür nicht nur interessieren möge, das wäre schon viel,
00:16:11: sondern auch verstehe, dass alles so miteinander zusammenhängt, dass man vielleicht selber
00:16:14: auch so ein bisschen zurücktritt aus den eigenen Interessen.
00:16:17: Und diese Komplexität, die versuchen wir auch in der nächsten Folge von Pod und die Welt
00:16:21: wieder ein bisschen genauer zu erklären, die erscheint in zwei Wochen am 1. November.
00:16:25: Das war's für heute. Wir freuen uns, wenn wir uns beim nächsten Mal wiederhören werden.
00:16:29: Ich bin Martin Bialecki.
00:16:31: Und ich bin Katharina Peetz. Danke fürs Zuhören. Tschüss.
00:16:34:
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