Zwischen Diplomatie und Durchwursteln: Deutschlands Sicherheitspolitik im Jahr 2025 (mit Stefanie Babst)

Shownotes

Ein sehr bewegtes Jahr neigt sich dem Ende zu, in dem sich viele vermeintliche Gewissheiten aufgelöst haben: Die USA sehen in Europa nicht mehr zwingend einen Partner, eher im Gegenteil. Und die europäische und deutsche Außenpolitik scheinen sich immer noch nicht sicher zu sein, wie sie damit umgehen sollen.

Wo steht Deutschland sicherheitspolitisch, wie krisenresilient ist die Bevölkerung? Welches strategische Ziel verfolgt Europa langfristig im Umgang mit Russland? Und was lässt sich für 2026 erwarten oder befürchten?

Darüber sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in einer neuen Folge von „Pod und die Welt“ mit der früheren NATO-Chefstrategin Stefanie Babst.

Der IP-Podcast verabschiedet sich in eine kurze Pause und kehrt am 15. Januar mit einer neuen Episode zurück.

Gast: Stefanie Babst, strategische Beraterin und Publizistin sowie frühere NATO-Chefstrategin.

Die IP zum Lesen? Gibt es natürlich auch! Ob zur Probe, im Jahresabo oder als Geschenk: Das passende Angebot finden Sie hier.

Folgen Sie der IP und den Hosts auf Social Media:

Feedback: Wir freuen uns über Ihre konstruktive Kritik, Themenvorschläge oder Fragen. Schreiben Sie uns an ip@dgap.org.

Transkript anzeigen

00:00:00: Ich habe nicht den Eindruck, dass wir über irgendeine Strategie verfügen, irgendeinen dezidierten Plan, wie wir Russland tatsächlich nachhaltig in die Schranken verweisen können.

00:00:24: Der

00:00:28: Amtsantritt von Donald Trump, Neuwahlen in Deutschland, die Generalabrechnung von US-Vize JD Vance mit Europa auf der Münchner Sicherheitskonferenz, der Eklat beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskij im Weißen Haus und das war nur die ersten zwei Monate des Jahres.

00:00:43: Tja, tja, und ein sehr bewegtes Jahr war das, in dem sich viele vermeintliche Gewissheiten aufgelöst haben.

00:00:49: Die USA singen Europa nicht mehr wirklich zwingend an Partner, ganz im Gegenteil.

00:00:53: Das hat nicht zuletzt die nationale Sicherheitsstrategie noch mal schwarz auf weiß festgehalten.

00:00:58: europäische und die deutsche Außenpolitik scheinen sich immer noch nicht so ganz sicher zu sein, wie man damit nun umgehen soll.

00:01:04: Wir wollen heute darüber sprechen, welche Lehren sollten Deutschland und Europa aus der sich veränderten Sicherheitsordnung ziehen und wieso es bislang so wenig dahingehend passiert.

00:01:14: Und wir freuen uns sehr, dass wir darüber sprechen können mit Stefanie Babst.

00:01:17: Sie war früher NATO-Chefstrategin und ist heute als Politikberaterin und Publizistin tätig.

00:01:21: Hallo Frau Babst.

00:01:22: Hallo Ihnen allen, hallo.

00:01:28: Wir sprechen jetzt zwei Tage nach diesem ja doch sehr prominent besetzten Treffen in Berlin, wo USA, Europäer und Ukraine über Möglichkeiten für ein Ende des Kriegs in der Ukraine gesprochen haben, aus einer deutschen Perspektive herausgefragt.

00:01:41: Ist es ein Erfolg, dass diese diplomatischen Gespräche in Berlin stattgefunden haben?

00:01:46: Ich bin seit längerem der Meinung, dass viele der diplomatischen Bemühungen, die wir in diesem vergangenen Jahr gesehen haben, eigentlich nur so eine Placebo-Veranstaltung ist oder sind gewesen sind, weil ich der dezidierten Auffassung bin, dass wir eigentlich in diesem Jahr gute Gründe haben, um die letzten Zweifel darüber auszuräumen, dass wir in den USA eben keinen verlässlichen Verbündet mehr haben, dass die Administration von Donald Trump wirklich die Interessens- und auch Wertegrundlage verlassen hat, die uns als transatlantische Gemeinschaft jetzt in den vergangenen achtzig Jahren zusammengehalten hat.

00:02:26: Und vor diesem Hintergrund war der Versuch einmal mehr von Seiten Europas und hier auch sehr stark von der Seite der Deutschland.

00:02:34: Bundesregierung noch einmal den Schulterschluss mit Herrn Trump zu suchen.

00:02:38: Von vornherein denke ich keine besonders gute Idee.

00:02:43: Ich hätte mir das anders gewünscht.

00:02:45: Kurz vor dem Treffen hier in Berlin mit Zelensky den Amerikanern und vielen anderen Staatsanregungschefs hat Janato Generalsekretär Rütte ziemlich deutlich darauf hingewiesen, was für eine Bedrohung von Russland ausgeht.

00:02:58: Er hat gesagt, wir sind Russlands nächstes Ziel.

00:03:01: Er hat nun offenbar den Eindruck, dass diese Dringlichkeit noch gar nicht bei allen NATO-Mitgliedstaaten angekommen ist.

00:03:06: Hat er in ihren Augen recht?

00:03:08: Ich halte auch nicht allzu viel von solchen Aussagen, schlicht und ergreifend, weil sie schon einhundertfünfzigtausendmal gemacht worden sind.

00:03:16: Wir wissen, dass Russland die europäische Sicherheitsarchitektur, so wie wir sie kennen und aufgebaut haben in den letzten Jahrzehnten, mit militärischer Gewalt verändern will.

00:03:27: Wir wissen, dass Russland insbesondere im hybriden Bereich seiner Anstrengungen uns gegenüber noch einmal sehr stark vergrößert hat.

00:03:36: Wir wissen, dass Russland die Ukraine nicht nur mit Blick auf ein paar Territorien und Ressourcen besetzen will, sondern die Ukraine in Gänze schlucken will.

00:03:46: Also wir haben es hier mit einem wirklich revanchistischen, expansionistischen Russland zu tun.

00:03:51: Und die Frage, wie man sich da jetzt aufstellt, ist eine, die uns jetzt seit vier Jahren fast begleitet.

00:03:57: Und ich habe nicht den Eindruck, dass wir über irgendeine Strategie verfügen, irgendein dezitierten Plan, wie wir Russland nachhaltig in die Schranken verweisen können.

00:04:10: Was wir ja schon gesehen haben, war, dass zum Beispiel die Verteidigungsausgaben massiv erhöht worden sind und dieses Bekenntnis zu den erhöhten Verteidigungsausgaben.

00:04:19: Nein, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen reicht nicht aus.

00:04:23: Es reicht auch nicht aus, sich ab und zu präsendiplomatisch zusammenzusetzen und Fotos zu produzieren, wovon ich rede, ist mindestens eine Eindämmungsstrategie gegenüber Russland.

00:04:34: Ich rede davon, es ist notwendig, das strategische Kalkülputins zu verändern.

00:04:39: Ich rede davon, gleichsam auch Anstalten zu machen, um letztendlich die NATO zu europäisieren.

00:04:46: All das müsste sozusagen in eine gesamtheitliche Eindämmungsstrategie einfließen.

00:04:52: Und davon sind die Europäer noch weit entfernt.

00:04:55: Und im Übrigen sprechen Sie noch nicht einmal in

00:04:57: der NATO darüber.

00:04:58: Wer sollte denn Nachfrage vor Babst diese Eindämmungsstrategie, diese Gesamtstrategie, wer sollte die machen?

00:05:04: Wer sollte die vorlegen?

00:05:05: Und ein paar Details wären noch super.

00:05:08: Was stellen Sie sich davor?

00:05:09: Wie sollte so eine Strategie konkret aussehen?

00:05:11: Die Europäer müssten diese Strategie zusammen mit den Kanarien erarbeiten.

00:05:15: Ich darf daran erinnern, dass es einen sogenannten NATO-Tasking gibt, von dem Gipfel, der noch aus Washington stammt.

00:05:22: Und darin haben die Verbündeten sich selbst verpflichtet, ihr langfristiges strategisches Verhältnis zu Russland in eine Strategie zu überführen.

00:05:31: Das ist nun mittlerweile anderthalb Jahre alt.

00:05:34: Diese Aufgabe, diese Selbstaufgabe, der NATO-Generalsekretär Rütte hat in den vergangenen Jahren alles getan, um letztendlich auch natürlich auf der Grundlage der Weisung aus Washington eben eine solche Diskussion zu verhindern.

00:05:49: Ich würde ganz bestimmt noch einige andere Nationen demokratisch Verfasstheit mit dazu nehmen wollen, insbesondere diejenigen, die sich auch unter Ukraine engagieren, dazu zählen unsere sehr engen Partnerstaaten Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.

00:06:05: Aber eine Kerngruppe Europas müsste das natürlich anschieben und eine Eindämmungsstrategie zu beschreiben, müsste damit beginnen, das strategische Endziel zu definieren.

00:06:15: Was wollen wir dann mit Russland?

00:06:18: mit diesem revaschistischen, kleptokratischen, nuklear-erpresserischen Russland für die nächsten zwanzig Jahre.

00:06:25: zusammenleben und irgendwie hoffen.

00:06:27: Also, dass Russland uns nicht direkt angreift und sich irgendwie im Zaume hält.

00:06:32: oder wollen wir das russische Regime schwächen und nachhaltig wirklich ins Taumeln bringen.

00:06:38: Wollen wir den Ukrainian helfen, auch wenn sie so wollen einen militärischen Sieg gegenüber der russischen Truppe da, die über die Ukraine hier gefallen ist, zu erringen.

00:06:49: Das müsste in einem strategischen Endziel genau definiert werden.

00:06:53: Und dann kann man auch seine eigene Toolbox gucken, welche Instrumente haben wir, um Russland dann letztendlich auch in seinem Revanchismus einzudämmen.

00:07:02: Und eine solche Eindämmungsstrategie... Das sage ich jetzt nicht, um mir selber auf die Schulter zu klopfen, aber ich laufe damit seit mittlerweile vier Jahren herum und habe sie auch an dem einen oder anderen Staat überhaupt anbringen können oder bei dem einen oder anderen Außenminister.

00:07:17: Aber es ist so, dass die größeren europäischen Verbündeten, dazu gehört auch Deutschland, eine solche Debatte verweigern, sich scheuen, eine solche Debatte zu führen und ihre Energie darauf setzen, einem Präsident Trump hinterherzulaufen, der ganz eindeutig den Atlantischen Konsens zu Russland verlassen hat.

00:07:37: Und wie erklären Sie sich das?

00:07:38: Wenn Sie sagen, man scheut diese Debatte irgendwie, ist es doch noch so, die Hoffnung am Ende kann man sich doch noch irgendwie auf die USA verlassen?

00:07:46: Oder wieso glauben Sie, wird diese Diskussion nicht geführt?

00:07:49: Also ich reise ja nun sehr viel durch die europäischen Hauptstädte und höre mir an, was Menschen dort zu sagen haben und woran sie arbeiten.

00:07:56: Und es gibt in meinen Augen mindestens zwei Cams, zwei Lager.

00:08:00: Das ist das eine Lager, das einfach die Hoffnung hat, dass Präsident Trump nach den kommenden Midterm-Elections eine politische Schlappe erringt und wir dann in zwei Jahren wieder einen demokratischen Präsidenten im Weißen Haus haben.

00:08:14: Also das ist das, was ich so als Wishful Thinking bezeichnen würde.

00:08:18: Und dann gibt es eben die andere Gruppe, die sich Zeit erkaufen will, die schlicht und ergreifend die eigene Handlungsfähigkeit Europas nur sehr bedingt glaubt.

00:08:28: Und der Meinung ist, dass wir ohne Amerika, ohne vor allen Dingen militärische und sicherheitspolitische Fähigkeiten und Führung seit Washingtons hier in Europa eigentlich nicht wirklich überleben können.

00:08:40: Und Zeit zu kaufen ist dann letztendlich auch eben ein Wenn man so will, ein Grund, warum in Paris, gerade natürlich auch in London, aber auch in Berlin, letztendlich sehr viel ausgesessen wird.

00:08:53: Wenn es diese zwei Tage gibt bei den Europäern, Frau Barbs, wo würden Sie die Deutschen da einsortieren?

00:08:58: Die deutsche Position hat sich auch ein bisschen gewandelt in den letzten Jahren.

00:09:01: Friedrich Merz hat sich auch ein bisschen verändert in seinem Auftreten und in seinem Agieren.

00:09:05: Wie beurteilen Sie das, was Deutschland tut?

00:09:07: Lassen Sie mich dazu ein Beispiel geben.

00:09:09: Ich war letzte Woche in Brüssel und habe eine ganze Woche lang mit unterschiedlichen NATO-Botschaftern in unterschiedlichen Variationen gesprochen.

00:09:18: Das war unter anderem ein Tag nach dem ersten NATO-Rat, den der NATO-Generalsekretär einberufen hatte, nachdem die nationale Sicherheitsstrategie der Amerikaner nun veröffentlicht worden ist.

00:09:31: Es hat bis auf einen einzigen Nationenvertreter niemand.

00:09:36: Absolut niemand im Kreis dort irgendetwas gesagt.

00:09:40: Entweder hatten die Botschafter keine Weisung oder sie hatten die Weisung nicht zu sagen.

00:09:44: Dazu gehörte auch Deutschland.

00:09:46: Und das meinte ich damit.

00:09:48: Es gibt natürlich eine vorsichtige, wenn man so will, Bemühung der deutschen Bundesregierung, unsere militärische Verteidigungsfähigkeit zu stärken.

00:09:57: Es gibt natürlich immer wieder das Bekenntnis, wir stehen hier wirklich eng an der Seite der Ukraine.

00:10:02: Aber wenn ich mir noch mal die größeren strategischen Aufgaben anschaue, dann stelle ich nicht fest, dass diese deutsche Bundesregierung eine Strategie hat.

00:10:12: Ich stelle fest, dass sie nicht bereit ist, sich von Donald Trump in irgendeiner Weise zu emanzipieren.

00:10:18: Ich stelle fest, dass sie nicht bereit ist, das strategische KapülPutins wirklich nachhaltig zu verändern.

00:10:25: Und ich stelle ebenfalls fest, dass wir eben auch mit Blick auf unsere anderen, wenn man so will, also die größere Gruppe der europäischen Verbündeten zwar immer einen Führungsanspruch erheben, aber der nicht wirklich untermauert wird.

00:10:39: Womit wird er dann untermauert?

00:10:40: Fragezeichen.

00:10:41: Also das kann ich nicht sehen und deshalb bleibt meine Haltung auch gegenüber dieser jetzigen Bundesregierung trotz der Schritte, die sie unternommen hat, im Prinzip und verändert kritisch.

00:10:51: Und

00:10:52: dazu nochmal die Nachfrage.

00:10:53: Sie sagen, Sie können diesen Führungsanspruch nicht sehen.

00:10:55: Nun wurde ja, wie gesagt, in den letzten Tagen dieses Treffen in Berlin schon von vielen als Erfolg für Friedrich Merz und dessen diplomatische Bemühungen ausgelegt.

00:11:02: Sie sagen aber, das ist noch nicht genug oder zu spät oder worauf genau bezieht sich die Kritik.

00:11:08: Also, zum einen kommt das natürlich sehr spät.

00:11:10: Wir sind jetzt fast im fünften Jahr des russischen vollumfänglichen Angriffskrieges der Russen gegen die Ukraine.

00:11:18: Alle diese Schritte, von denen ich hier rede, sind nach wie vor nicht unternommen worden, weder von einer früheren Bundesregierung noch von einer jetzigen.

00:11:26: Und zweitens, woran messen wir denn einen sogenannten diplomatischen Erfolg?

00:11:31: Was ist denn unsere Messlatte?

00:11:32: Dass es eine große mediale Berichterstattung gibt, dass sich jemand gut double fühlt?

00:11:37: dass es ein Familienfoto gibt, dass es Aussichten gibt, eventuell eine politische Absicht umzusetzen, dass man bereit ist, zwei Immobilien, Marklern und dubiosen Businessmannern einen Platz im Kanzleramt einzuräumen.

00:11:52: Ist das unsere Messlatte?

00:11:54: Das ist nicht meine Messlatte.

00:11:56: Ich plädiere dafür, dass wir in Europa wirklich nachhaltig uns gegen dieses russische Regime wehren müssen.

00:12:04: Und wir können das nicht nur den Ukainern hinterlassen oder vielmehr überlassen.

00:12:08: Und wir müssen uns auch wirklich eindeutig von den Vereinigten Staaten ein Stück weit emanzipieren und endlich das beginnen, was wir schon vor einem Jahr hätten beginnen sollen, nämlich einen Plan B zu erstellen.

00:12:21: Wie können und würden wir dann letztendlich auch ohne amerikanische militärische Hilfe hier in Europa diese Aggression Russlands begegnen?

00:12:29: Und wen können wir dafür noch ins Boot holen und welche Instrumente brauchen wir dafür?

00:12:34: Und diese grundsätzlichen Fragen, die sind in Berlin ja gar nicht angesprochen worden, sondern da ging es darum, eben den berühmten Schulterschluss mit dem Herrn in Weißenhaus noch einmal zu suchen und dass der in keiner Weise verlässlich ist, das muss man glaube ich jetzt neun Monate nach seinem Amtsantritt nicht noch einmal begründen.

00:12:53: Das ist für alle Welt sichtbar.

00:12:59: Es fällt mir ehrlich gesagt immer noch schwer zu verstehen, warum das so ist, warum sich die Europäer und die Deutschen aus ihrer Sicht dann so Verhalten.

00:13:07: die Bundesregierung.

00:13:08: Das kann ja eigentlich nur Angst sein oder Desinteresse oder Sorglosigkeit oder eine profunde falsche Einschätzung der ganzen Situation.

00:13:16: Woran liegt es, dass man im vierten Jahr immer noch nicht soweit ist, zu sagen, wir haben ein nüchternes Assessment, einen klaren Blick auf die Dinge und agieren entsprechend und reagieren eben nicht mehr nur auf alle Veränderungen, die aus Washington heute so morgen so kommen und auf das, wozu Russland dann erwartet war, immer net, sagt.

00:13:35: Ich glaube, es gibt ein ganzes Bündel von Gründen, aber die wesentlichen Aspekte scheinen mir zu sein, dass es eben ein Stück weit eine Ungläubigkeit ist, dass man wirklich sich auf diesen amerikanischen Verbündeten nun ja nicht so verlassen kann, wie wir das über viele Jahrzehnte gemacht haben.

00:13:53: Man möchte ein Stück weit daran festhalten, ist bereit, sich auch notwendigerweise zu verbiegen und den Ring des Menschen dazu küssen, der im Weißen Haus sitzt.

00:14:02: Aber es ist sicherlich auch, und das wäre der zweite Aspekt vor dem Hintergrund der öffentlichen Meinung, ein Stück weit zu sehen, das betrifft nicht nur Deutschland.

00:14:11: In vielen anderen Staaten ist die öffentliche Einstellung gegenüber dem Krieg in der Ukraine eine, die von Müdigkeit charakterisiert ist und die auch ein Stück weit von Angst immer noch geprägt wird.

00:14:24: Und ich bin der Meinung, dass zumindest der zweite Aspekt, also diese Angst, die irgendwo in großen Teilen der Bevölkerung mitschwingt, dass man der entgegnen könnte, wenn man die Bevölkerung nicht in Watte packt und letztendlich irgendetwas Nibulöses von sich gibt, sondern ganz klar deutlich macht, worum geht es hier eigentlich, aber noch wichtiger, was ist unser Plan?

00:14:49: Und wir haben eben außer uns selbst ein Stück weit zu verteidigen, besser verteidigen zu können.

00:14:55: Wir haben keinen übergeordneten strategischen Plan.

00:14:59: Und der wird von der Regierung nicht angeboten.

00:15:01: Und vor diesem Hintergrund, glaube ich, ist bei vielen Regierungschefs so, dass sie natürlich mit dem, was sie sagen und was sie verabschieden, was sie an Entscheidungen treffen, immer so, dass sie auch ein Stück weit natürlich auf ihre jeweilige inpolitische Diskussion schauen.

00:15:16: Wenn ich Sie richtig verstehe, dann plädieren Sie dafür, ein bisschen mehr mit der Bevölkerung auf Augenhöhe zu kommunizieren.

00:15:22: Nun gibt es aber durchaus Vorbehalte, einerseits die Sorge vor eine Art Aufrüstungsspirale, auch bei dieser Debatte um den Wehrdienst.

00:15:31: Wir haben jetzt dieses freiwillige Wehrdienstmodell, aber die Befürchtung, dass es irgendwann doch eine Wehrpflicht wieder eingeführt wird, ist ja da.

00:15:37: Und da wird jetzt schon die Kritik laut.

00:15:39: Können Sie das nicht nachvollziehen, dass da auch in der Bevölkerung eine Sorge besteht?

00:15:43: Das ist verständlich, kann ich das nachvollziehen.

00:15:46: Wer redet schon gerne darüber, sich wirklich auf eine mögliche kriegerische Auseinandersetzung vorzubereiten.

00:15:52: Das ist etwas, was in Generationen hier in Deutschland, wenn überhaupt, nur eine akademische theoretische Debatte betraf.

00:16:00: Und jetzt wird es konkret.

00:16:02: Aber ich sage es noch mal, Menschen, glaube ich, sind nur bereit, sich zu verteidigen und überhaupt über Verteidigung und Resilienz nachzudenken, wenn man ihnen sagt, wofür.

00:16:13: Was ist denn der Grund?

00:16:14: Das sieht man ja sehr deutlich auch in den skandinavischen Staaten, in Finnland, in Schweden, allen Norwegen, zum Teil auch in Polen, wo eine sehr nüchterne Diskussion darüber geführt wird.

00:16:25: Und die hat nicht nur etwas damit zu tun, dass ein Land beispielsweise wie Finnland eine sehr, sehr lange, unmittelbare Grenze zu Russland hat und eine historische Erfahrung in der militärischen Auseinandersetzung mit einem aggressiven Russland hat.

00:16:39: Das hat auch etwas mit politischer Führung zu tun.

00:16:42: Wenn ich mir beispielsweise um diesen Punkt kurz zu machen, den sogenannten Operationsplan Deutschlands anschaue, der ja durchaus in der Mache ist und das ist ja auch

00:16:51: gut

00:16:52: und richtig, also dass wir versuchen unsere kritische Infrastruktur besser zu schützen, dass viele, viele andere Akteure mit eingebunden werden, das ist alles ein guter und richtiger Schritt.

00:17:02: In der gesamten gesellschaftlichen und auch medial aufbereiteten Debatte versickert verschwimmend dieser Operationsplan.

00:17:10: Nicht nur, weil man ihn nicht sehen kann und ihn nicht lesen kann, sondern weil jeder sich irgendwie ein Stück weit in irgendeiner Talkshow dazu aufsagt.

00:17:17: Es geht einfach unter ein Stück.

00:17:19: Also gehen die Leute am Ende dann doch lieber auf den Weihnachtsmarkt, kann ich auch verstehen und versuchen das Thema auszublenden und zu sagen, naja irgendwie müssen die doch da in der Ukraine dann auch bereit sein ihre Gebiete abzugeben, Punkt.

00:17:31: Also das ist ja auch eine Einstellung, die ich häufig höre und andere wahrscheinlich auch und das geht eben an der strategischen und auch an der politischen Realität, mit der wir hier konfrontiert sind, vorbei.

00:17:41: Eines der ganz großen Stichbordes dieses Jahr aus dem Jahr- und-Zwanzig war ja Resilienz.

00:17:47: Vorbeabst, wenn wir eines gerade hätten von null bis zehn für W-Krisenresilient, würden sie denn die deutsche Bevölkerung halten.

00:17:54: Es ist natürlich schlecht einzuschätzen, weil es viele Menschen gibt, die sich damit ja beschäftigen, ob bei Krisenmanagement oder Katastrophenschutz oder beim Deutschen Roten Kreuz oder im Rahmen der Bundeswehr.

00:18:07: Ich kenne da keine Umfragen, ich kann das also nur ein Stück weit so beantworten, wie ich es empfinde, wie ich es sehe und wie ich es auch erlebe, wenn ich mit Menschen spreche.

00:18:16: Aber ich denke irgendwo würde es wahrscheinlich bei fünf liegen, also irgendwo so in der Mitte.

00:18:21: Wir sind nicht besonders resilient aus den die wir hier diskutieren.

00:18:25: Aber wir sind auch nicht so, dass wir überhaupt gar nicht offen dafür sind.

00:18:29: Ich treffe auch beispielsweise im wirtschaftlichen Bereich immer wieder Akteure, Unternehmer.

00:18:35: die sich eben sehr, sehr stark für die Resilienz ihrer Unternehmen einsetzen und auch ihre Mitarbeiterschulen und für die Cybersicherheit beispielsweise ein Riesenthema ist.

00:18:45: Also, da gibt es sehr, sehr verschiedene Facetten.

00:18:48: Ich glaube, mein Kritikpunkt reduziert sich darauf, dass es eben von Seiten der politischen Führung nicht wirklich sehr, sehr deutlich kommuniziert wird, wohin da wirklich unsere Reise gehen wird.

00:18:59: Und hilfreich, wenn ich das noch anfügen darf, ist es natürlich auch nicht eine Jahreszahl immer vor sich hinzu.

00:19:04: tragen und zu sagen, ja Russland wird uns vielleicht im Jahr des Herrn, zwanzig, sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig oder neunundzwanzig angreifen.

00:19:12: und dann drehen sich die Menschen um und sagen, ja gut, das ist ja nicht heute.

00:19:16: Das ist nicht hilfreich.

00:19:17: Wenn Sie sagen, die Jahreszahl vor sich her schieben, jetzt sprechen wir zum Ende des Jahres, zwanzig, kurz vor Beginn von sechsundzwanzig miteinander.

00:19:25: Was erwarten Sie denn für das kommende Jahr weiteres?

00:19:28: vor sich erschieben oder doch signifikante Veränderungen in der deutschen Strategie der Außen- und Sicherheitspolitik?

00:19:33: Große Strategien oder Strategieentwürfe erwarte ich nicht.

00:19:39: Da habe ich also meine Erwartungshaltung schon sehr gedämpft.

00:19:42: Aber wenn ich auf das geostrategische Schachbrett schaue und insbesondere auf die Lage in Europa, dann ist meine Annahme, dass wir erstens weitere Kriegshandlungen sehen, dass der Krieg in der Ukraine weitergeht.

00:19:54: Ich kann nicht erkennen, dass Russland hier seinen Krieg Ziel in irgendeiner Form aufgibt oder aufgeben wird.

00:20:01: Ich erwarte zum Zweiten, dass wir noch eine ganze Menge Back- und Forst sehen zwischen Russland und Amerika.

00:20:08: Die beiden Akteure sind sehr daran interessiert, ihren eigenen bilateralen Reset nun wirklich auch umzusetzen und die Normalisierung ihrer Beziehungen voranzutreiben, ihre Business- und Wirtschaftsinteressen, vor allen Dingen auch in der Arctic oder auch in Alaska, wo auch immer im Osten der Ukraine voranzutreiben.

00:20:27: Der Druck auf Präsident Zelenski und die Ukraine wird sicherlich weiter sehr, sehr hoch bleiben.

00:20:32: Und dann sehe ich eben mit Sorge, dass was die Amerikaner auch in ihrer NSS angekündigt haben, also in der nationalen Sicherheitsstrategie, dass sie die populistischen Parteien, die rechtsextremen und rechtsradikalen Parteien in Europa weiter stärken wollen.

00:20:50: Ich denke, das sind nicht nur verbale Ankündigungen, sondern das wird sich sicherlich auch in der Tat umgehen.

00:20:56: Lass sie nicht.

00:20:57: Wir werden davon einiges sehen.

00:20:59: Ganz konkret noch mehr, als wir das schon in der Vergangenheit getan haben.

00:21:03: Die Kern-Europäer, also wenn sie nicht letztendlich eine Koalition auf the willing bilden, die sich nicht nur auf einem Foto ablichten lässt, sondern tatsächlich auch alle mit einbindet, die einen sehr klaren und nüchternen Blick auf das haben, was es hier geht, was wir in Europa wirklich tun müssen, dann fürchte ich, wird die Zeit des Durchwurstels noch weiter andauern.

00:21:27: zum Vorteil unserer strategischen Gegner erreichen.

00:21:31: Sagt die frühere NATO-Chefstategin Stephanie Barbs.

00:21:33: ganz herzlichen Dank.

00:21:35: Aber doch sehr gerne.

00:21:40: Wir lassen ein letztes Mal Sacken in diesem Jahr.

00:21:43: Wir tauschen uns kurz darüber aus, welche Gedanken und Aspekte für uns besonders interessant waren oder einen AHA-Effekt gebracht haben.

00:21:50: Martin, magst du anfangen?

00:21:51: Ja, sehr gerne.

00:21:52: Das war puh, eine strenge Gesprächspartnerin.

00:21:56: Stephanie Papst, sehr nüchtern und sehr, sehr klar.

00:21:58: Im Kern bleibt bei mir hängen die Frage, die völlig ungelöste oder unbeantwortete Frage, was wollen wir eigentlich?

00:22:05: Wir Europäer, es gibt keinen übergeordneten Rahmen, keinen Plan, sagt Stephanie.

00:22:10: Es gibt auch nach vier Jahren keine Strategie in diesem Krieg.

00:22:14: Russland ist in der Ukraine also keine Strategie der Europäer.

00:22:17: Es gibt zwei Lager, wo ich voll denke, die hier Zeit erkaufen dort.

00:22:20: Beides nicht so richtig gut.

00:22:22: Wir sind total weit weg von so was wir am Friedensschluss, trotz der von vielen ja sehr optimistisch bewerteten Gespräche in Berlin.

00:22:28: Und man geht irgendwie mit ziemlich tiefer Sorge raus aus diesem Gespräch.

00:22:32: Man verrät jetzt nicht so viel, dass Stephanie Wabst zum Schluss noch gesagt hat, sie wollte das gar nicht so gloomy enden lassen, also so dunkel und besorgt, aber dass ihr da wenig anderes übrigbleibt gerade.

00:22:41: Und das bleibt bei mir ziemlich hängen.

00:22:43: Katharina, wie geht's dir?

00:22:45: Ja, ich hab mich, ehrlich gesagt, so ein bisschen ertappt gefühlt, bei dem, was sie beschrieben hat, wie man so den medialen Dynamiken dann auch aufsitzt.

00:22:52: Also, dass sie dieses Treffen in Berlin als so ein bisschen eine Placebo-Veranstaltung bezeichnet hat.

00:22:57: Und diese Aussagen von Marc Rütte hat man eigentlich auch schon hundertfünfzigtausendmal gehört.

00:23:01: Und so richtig folgt aber nichts.

00:23:02: Und die Frage, die ich sehr klug fand, war, woran messen wir denn eigentlich den Erfolg von solchen Treffen?

00:23:08: Und das ist dann eben nicht unbedingt das Familienfoto, auch wenn es ... schön aussieht oder man den Eindruck hat, ja gut, da wird jetzt irgendwie Geschlossenheit demonstriert.

00:23:16: Wichtigen Punkt fand ich nochmal den, besprechen wir auch öfters mal hier diese Kommunikation mit der eigenen Bevölkerung, dass man die vielleicht nicht so sehr in Watte packen muss, wie manche Politikerinnen und Politiker offenbar denken, dass man eigentlich ein bisschen klarer kommuniziert, was eigentlich Phase ist.

00:23:32: und was ich aber doch eigentlich Ein bisschen aufbauend finde ist, dass sie ja doch sagt, wir können ja zumindest versuchen, uns von den USA unabhängiger zu machen und vielleicht nicht alternativen, aber doch Ergänzungen in Bündnissen und Partnerschaften zu finden.

00:23:45: Und das ist dann zumindest ein Weg, den man gehen könnte.

00:23:50: Das war es von uns in diesem Jahr, die letzte Folge von Pod und die Welt.

00:23:55: Wir verabschieden uns in eine kleine Jahreswechselpause und sind ab dem fünften Januar wieder da.

00:24:00: Genau, jetzt wünschen wir einen wunderbaren Jahresausklang, schöne Feiertage und vor allem auch Zeit, um dieses bemerkenswerte Jahr mal Revue passieren zu lassen.

00:24:09: Dann

00:24:10: natürlich einen guten Start ins neue Jahr und hoffentlich ein paar positive Aussichten dabei.

00:24:16: Alles Gute, sagen Katharina Peetz.

00:24:17: Und Martin Bialecki, danke und tschüss!

00:24:20: Tschüss!

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.