Gibt es Hoffnung für den Nahen Osten? (mit Muriel Asseburg)
Shownotes
Ein Massaker, das in Israel die Erinnerung an die Shoah wachrief. Eine Reaktion, die Palästinenser und Palästinenserinnen an die Nakba gemahnte, an Flucht und Vertreibung nach der Staatsgründung Israels. Von einem „existenziellen Konflikt, in dem beide Seiten das ganze Territorium beanspruchen und die legitimen Ansprüche der anderen Seite nicht mehr akzeptieren“, spricht die Nahostexpertin Muriel Asseburg. Wie lässt sich noch über Frieden in Nahost diskutieren und verhandeln, allem Leid, aller Zerstörung, allem Hass zum Trotz? Was kann die internationale Gemeinschaft tun?
Über diese und weitere Fragen sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in der dritten Folge von „Pod und die Welt“ mit Muriel Asseburg, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.
Gast: Muriel Asseburg, Nahostexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin (@SWP_MEA)
Links und Empfehlungen aus der Folge:
- Eine Zukunft für Gaza. Um nach dem Schock des 7. Oktober Stabilität im Küstenstreifen zu schaffen, braucht es internationales Engagement, Sicherheitsgarantien und ökonomische Perspektiven, Muriel Asseburg und René Wildangel, Internationale Politik (2024)
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00:00:00: Ein Lichtblick, den ich noch sehe, ist, wir haben in Israel, auch in den palästinensischen
00:00:06: Gebieten, natürlich Organisationen, die nicht müde werden, daran zu arbeiten, dass es zu
00:00:11: einer besseren Konfliktbearbeitung kommt, die festhalten an Zusammenarbeit, an Kooperation.
00:00:19: Wir starten in Folge 3 von POT und die Welt und sagen herzlich willkommen zu unserem
00:00:24: außenpolitischen Update.
00:00:25: Ich bin Katharina Peetz, freie Journalistin.
00:00:27: Und ich, Martin Bärlecke, Geschäftsredaktor der Zeitschrift "Internationalpolitik",
00:00:31: der IP, die hinter diesem Podcast steht.
00:00:34: Unser Anspruch in diesem Podcast ist es alle zwei Wochen, ein aktuelles außenpolitisches
00:00:38: Thema hintergründig zu besprechen.
00:00:40: Wenn wir auf unsere heutige Folge schauen, muss man wohl sagen, naja, es gibt kaum ein
00:00:45: Thema in der Außenpolitik, bei dem aktuell so viel Bewegung drin ist wie im Naostkonflikt.
00:00:50: Deshalb direkt der wichtige Hinweis, bezeichne diese Episode am 25.
00:00:54: September auf.
00:00:55: Fast ein Jahr ist vorbei seit dem Überfall der Hammers auf Israel und wir sprechen über
00:01:01: die Folgen für Israel, für den Gaza-Streifen, das West-Jordanland, aber auch für die gesamte
00:01:05: Region und die internationale Gemeinschaft.
00:01:08: Und wir wollen dabei auch der Frage nachgehen, wie sich der Konflikt auf die deutsche Politik
00:01:11: und Zivilgesellschaft auswirkt.
00:01:13: Im zweiten Teil soll es dann um mögliche Zukunftsszenarien für diesen Konflikt gehen und wir freuen
00:01:18: uns sehr, dass wir all das besprechen können mit Muriel Asseburg, naja, Ostexpertin von
00:01:23: der Stiftung Wissenschaft und Politik.
00:01:24: Hallo Frau Asseburg.
00:01:25: Hallo.
00:01:26: Ich freue mich da zu sein.
00:01:27: Fast ein Jahr ist vergangen seit dem Überfall der Hamas auf Israel mehr als 1200 Männer,
00:01:37: Frauen und Kinder wurden bei den Massakern getötet.
00:01:40: Zehntausend wurden verletzt, mehr als 200 Menschen als Geisen in den Gaza-Streifen verschleppt.
00:01:45: Rund 100 Geisen befinden sich wohl immer noch in der Gewalt der Hamas.
00:01:49: Als Reaktion auf diesen Überfall greift die israelische Armee den Gaza-Streifen an.
00:01:53: Bei diesen Kämpfen sind nach Angaben der von der Hamas geführten Gesundheitsbehörde
00:01:58: mehr als 40.000 Palästinenser getötet worden.
00:02:01: Frasseburg, der Überfall der Hamas am 7.
00:02:03: Oktober war ein Schock für Israel.
00:02:05: Wie würden Sie die Bedeutung dieses Schocks und die Reaktionen darauf einordnen für
00:02:10: die Dynamik des Nahostkonflikts insgesamt?
00:02:14: Also tatsächlich war der schreckliche Terrorangriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppierungen
00:02:20: aus dem Gaza-Streifen auf Israel am 7.
00:02:23: Oktober 2023 die tiefste Zäsur für das Land seit seiner Entstehung.
00:02:29: Er wurde ganz überwiegend in der jüdisch-israelischen Bevölkerung gelesen als antisemitisches
00:02:36: Programm, das auch das kollektive Trauma der Shoah widerbelebt hat.
00:02:41: Und ich glaube, diese Dimension ist das Entscheidende, um zu verstehen, wie Israel die Gesellschaft
00:02:47: und die Regierung reagiert hat auf den 7.
00:02:51: Oktober, nämlich mit einem sehr, sehr massiven Militäreinsatz.
00:02:56: Dazu kommen eine sehr weitreichende Zerstörung nicht nur von den Kapazitäten der Hamas und
00:03:03: anderer bewaffneter Gruppierungen, sondern eben auch der zivilen Infrastruktur von Wohnhäusern
00:03:09: und die Flucht und Vertreibung von rund 90 Prozent der Bevölkerung.
00:03:14: Wir gucken jetzt auf ein Gebiet, was eben auf absehbare Zeit eigentlich in großen Teilen
00:03:20: unbewohnbar ist und vor extrem hohen Herausforderungen steht, was öffentliche Ordnung angeht, was
00:03:28: Regierung angeht und was die Fragen der humanitären Situation, also den Ausbruch von solchen,
00:03:35: von Krankheiten angeht und letztlich die Frage, wie kann dieses Gebiet wieder aufgebaut werden,
00:03:42: wie kann der Weg aussehen aus der Gewalt heraus?
00:03:47: Was heißt das für die Konfliktdynamiken?
00:03:49: Dann sehen wir, dass mit dem 7.
00:03:52: Oktober und dem Krieg im Gasser streifen die Sprache der Gewalt, der Vergeltung, der gegenseitigen
00:04:00: Entmenschlichung, das sind was eigentlich alles dominiert mittlerweile und dass die
00:04:06: Konfliktparteien überhaupt nicht in der Lage sind, konstruktiv nachzudenken.
00:04:11: Wie kommen wir raus aus der Gewalt?
00:04:14: Vielleicht können wir noch mal kurz zurückschauen oder bei diesem Recap bleiben.
00:04:17: Sie haben gesagt, das war die tiefste Zäsur für Israel und es wurde eben empfunden als
00:04:21: ein antisemitisches Pokrom.
00:04:23: Das hat ja auch dazu geführt, dass innerhalb der israelischen Bevölkerung man zusammengerückt
00:04:27: ist und aber auch den Kurs der israelischen Regierung erst mal unterstützt hat.
00:04:30: Jetzt zuletzt hat man dann doch nochmal den Eindruck, dass die Kritik an dieser recht
00:04:34: religiösen Regierung auch innerhalb des Landes wächst.
00:04:37: Wie und wann würden Sie sagen, ist dieser Stimmungswandel in der israelischen Gesellschaft
00:04:41: passiert?
00:04:42: Ich würde es glaube ich ein ganz bisschen anders beschreiben, dass wir von Anfang an
00:04:46: in der Mehrheitsbevölkerung in Israel eine relativ große Unterstützung für den Krieg
00:04:52: und die Kriegsziele hatten, die die Regierung proklamiert hat.
00:04:56: Also dafür die Geiseln zu befreien, dafür die militärischen Kapazitäten der Hamas
00:05:02: zu zerstören und dafür zu sorgen, dass nie wieder eine Bedrohung aus dem Gasastreifen
00:05:07: ausgeht.
00:05:08: Das war aber gleichzeitig auch von Anfang an sehr große Kritik hatten von Seiten der
00:05:13: Bevölkerung an der Regierung, am Militär und am Geheimdienst aufgrund dieses unglaublichen
00:05:20: Versagens, das den 7.
00:05:22: Oktober überhaupt möglich gemacht hat.
00:05:24: Was sich mit der Zeit geändert hat, ist, dass eine Kritik hinzugekommen ist an den Prioritäten
00:05:30: der Regierung bei der Kriegsführung.
00:05:33: Nämlich, dass die Bevölkerung immer stärker den Eindruck gewonnen hat, dass die Regierung
00:05:38: die Befreiung der Geiseln gar nicht ernst nimmt und dass sie, obwohl eigentlich von den
00:05:44: internationalen Vermittlern vorgelegt worden ist und obwohl es weitgehende Einigkeit gibt,
00:05:50: wie ein Deal aussehen könnte, um die Geiseln frei zu bekommen und zu einem Waffenstillstand
00:05:56: zu kommen, die Regierung den Krieg immer weiter fortsetzen will.
00:05:59: Und das ist der Hauptkritikpunkt, der sich mit der Zeit, ich würde sagen seit dem Frühjahr,
00:06:04: immer stärker geworden ist und der ja auch nicht nur aus der Bevölkerung kommt, sondern
00:06:08: eben auch aus dem Sicherheitsapparat, der zu ganz enormen Spannungen auch geführt hat
00:06:14: zwischen dem Premierminister und dem Verteidigungsminister.
00:06:17: Welchen Effekt hatte der Vorwurf des Völkermords an Israel, der jetzt vor dem Internationalen
00:06:22: Strafgerichtshof verhandelt wird, auf die Sichtweise der internationalen Gemeinschaft
00:06:27: auf diesem Konflikt?
00:06:28: Ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass ein großer Teil der Bevölkerung in arabischen
00:06:36: Ländern im sogenannten globalen Süden aber auch in Teilen des Westens diese Sichtweise
00:06:43: hat.
00:06:44: Diese Sichtweise, dass das ein Völkermord ist, meinen Sie?
00:06:46: Genau.
00:06:47: Und dass große Teile auch von Regierungen, insbesondere im globalen Süden eben auch der
00:06:54: Ansicht sind.
00:06:55: Wir sehen hier einen Völkermord.
00:06:57: Nicht nur aufgrund dessen, was wir jetzt schon beschrieben haben, also hohen Zivilentodeszahlen,
00:07:02: sondern auch, weil sie in der Art wie israelische Politikerinnen und Politiker sich artikulieren,
00:07:10: sowohl Vertreter der Regierung als auch im noch extremeren Spektrum eben diesen Willen
00:07:17: von Vernichtung, von Vertreibung sehr stark abgebildet sehen.
00:07:22: Und diese Rhetorik trägt eben sehr stark dazu bei, dass tatsächlich das Bild entsteht.
00:07:28: Israel führe keinen konzentrierten, fokussierten Kampf gegen die Hamas und gegen bewaffnete
00:07:36: Gruppierungen, sondern gegen die Bevölkerung im Gaserstreifen und versuche da eine neue
00:07:42: Nackbar, also eine Flucht und Vertreibung wie 1948, zu inszenieren.
00:07:50: Vielleicht können wir ein bisschen genauer noch auf die Rolle Deutschlands zu sprechen
00:07:55: kommen.
00:07:56: Wie schwierig ist die Balance für die deutsche Bundesregierung auf der einen Seite an der
00:08:00: Seite Israels zu stehen und auf der anderen Seite auch auf diese Situationen im Gaserstreifen
00:08:05: aufmerksam zu machen?
00:08:06: Ich glaube, wir sehen das sehr deutlich, wie schwer es der Bundesregierung fällt, einerseits
00:08:12: sich solidarisch zu zeigen und andererseits zu versuchen, die Konfliktdynamiken zu beeinflussen.
00:08:17: Wir sehen auch, wie eine anfangsfast unverbrüffliche Solidarität mit sehr weitgehenden Annahmen,
00:08:25: was die israelische Regierung tun würde, dass sie als demokratische Regierung sich natürlich
00:08:30: ans Völkerrecht halten würde, wie die eigentlich einer sehr viel kritischeren Haltung gewichen
00:08:35: ist, bei der Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung schon deutliche Worte finden,
00:08:41: was die Frage von zivilen Opfern im Gaserstreifen angeht, was die Frage des humanitären Zugangs
00:08:47: angeht, was die Siedlungspolitik, was Siedlergewalt angeht, selbst auch die Bereitschaft zum Beispiel
00:08:53: Sanktionen gegen Gewalt hätte, die Siedler zu unterstützen und auf der anderen Seite aber
00:08:58: eben nicht die Bereitschaft von Seiten der Bundesregierung, das auch mit konkreten Kosten
00:09:05: mit einem Preisschild zu verknüpfen, sodass letztlich das überwiegt, was als klare Parteinahme
00:09:15: für Israel in der Welt gesehen wird und auch von der israelischen Regierung, denke ich,
00:09:20: so verstanden wird.
00:09:21: Und das hat damit zu tun, dass zum Beispiel die Bundesregierung immer wieder durch Interventionen
00:09:27: beim Internationalen Gerichtshof und beim Internationalen Strafgerichtshof versucht, Israel abzuschirmen
00:09:33: gegen eine juristische Aufarbeitung dessen, was jetzt im Gaserstreifen passiert, aber
00:09:38: auch allgemeiner gegen die juristische Aufarbeitung von Fragen von der Zulässigkeit, Legitimität
00:09:45: von Besatzung.
00:09:46: Das Verfahren, das wir jetzt vor Kurzem gesehen haben,
00:09:50: es hat damit zu tun, dass Deutschland festhält
00:09:53: an einer verhandelten Zweistaatenregelung,
00:09:57: obwohl das Rechtsgutachten des IGH
00:09:59: in dieser Sache eigentlich eine andere Sprache spricht.
00:10:02: Und es hat damit zu tun,
00:10:04: dass Deutschland zwar seine Waffenlieferung,
00:10:07: insbesondere die Lieferung von Kriegswaffen,
00:10:11: sehr stark zurückgefahren hat, das aber eben nicht artikuliert.
00:10:14: Also nicht bereit ist, tatsächlich das zu verknüpfen
00:10:19: mit der Kriegsführung im Gasserstreifen.
00:10:22: Und all das hat natürlich auch was zu tun mit der deutschen Geschichte,
00:10:25: mit dem Verhältnis zu Israel.
00:10:27: Wir haben jetzt auch auf deutschen Straßen und Universitäten gesehen,
00:10:29: wie dieser Konflikt ausgetragen worden ist,
00:10:32: teilweise sehr aufgeheizt.
00:10:34: Und natürlich steht auch immer der Vorwurf des Antisemitismus im Raum.
00:10:37: Wie würden Sie diese Debatte, die wir hier innerhalb der Deutschen Zivilgesellschaft geführt haben
00:10:42: oder immer noch führen, beurteilen?
00:10:44: Sind das einfach alte Konfliktlinien,
00:10:45: die hier jetzt an dem Konflikt nochmal neu sich entzünden
00:10:48: oder hat das doch noch mal eine andere Dynamik entwickelt?
00:10:51: Ich denke, es hat schon noch mal eine ganz andere Dynamik entwickelt.
00:10:54: Wir hatten weder diese Art der Polarisierung,
00:10:59: die soweit in die Gesellschaft reingeht in der Vergangenheit,
00:11:02: noch hatten wir so strikte Maßnahmen von Seiten der Behörden,
00:11:08: also sowohl der Ministerien als auch der Exekutivbehörden,
00:11:13: was diese Fragen angeht.
00:11:15: Und ich denke, tatsächlich tun wir uns keinen Gefallen,
00:11:19: wenn wir in diesem Bereich im Wesentlichen repressiv agieren.
00:11:23: Ich würde mir wünschen, dass wir sehr viel stärker von Seiten der Politik darauf setzen,
00:11:29: Räume zu schaffen, in denen wir konstruktiv debattieren können.
00:11:32: Und das ist ganz klar, dass nicht jede Position da vertreten sein kann.
00:11:37: Also Positionen, die mit antisemitischen Vorschlägen kommen
00:11:42: oder antisemitischen Argumentationsmustern,
00:11:45: die mit entmenschlichen, mit rassistischen Argumenten kommen,
00:11:50: können natürlich nicht Teil einer demokratischen Debatte sein.
00:11:54: Aber ich denke, wir haben die Linien hier viel zu eng gezogen.
00:11:58: Wenn wir ein bisschen über den Tag hinaus schauen würden vor Oseburg,
00:12:05: wie steht Israel da gegenüber seinen Nachbarn in der Großregion,
00:12:08: was die mittel- und langfristigen Perspektiven anbelangt,
00:12:11: ist Frieden überhaupt noch möglich
00:12:13: und gehört die Zweistaatenlösung für Sie zu den möglichen Szenarien noch dazu?
00:12:17: Die Bundesregierung hält ja sehr stark fest an dieser Zweistaatenlösung.
00:12:21: Ich denke, was sich sehr deutlich gezeigt hat mit dem 7. Oktober,
00:12:25: dem Krieg im Gaserstreifen und der regionalen Eskalation,
00:12:29: der Verknüpfung jetzt von Konfliktheiten,
00:12:32: nicht eben nur zwischen Palestina und Libanon,
00:12:37: sondern auch Jemen, Irak und Syrien,
00:12:41: also wirklich eine regionale Eskalation,
00:12:44: ist, dass es keinen Weg vorbei an einer Regelung der Palestinafrage gibt,
00:12:50: wenn Israel in Frieden in der Region leben will.
00:12:54: Und das ist das Hauptdilemma,
00:12:56: dass wir derzeit in Israel eine Regierung haben,
00:13:00: die nicht bereit ist zu einer Regelung, sei es eine Zweistaatenregelung,
00:13:06: sei es eine Einstaatenregelung mit gleichen Rechten für alle.
00:13:10: Und wir sind natürlich durch die Auseinandersetzungen
00:13:14: jetzt noch stärker in eine Dynamik gekommen,
00:13:16: wo die israelische Bevölkerung und die israelische Politik
00:13:20: sich weiter davon entfernt hat,
00:13:22: kompromissbereit zu sein und sich nicht dem angenehren hat.
00:13:25: Wie wären dann die Perspektive mit einer anderen israelischen Regierung?
00:13:28: Ich frag mich, wie tief sitzt eigentlich der 7. Oktober, wie nachhaltig,
00:13:32: selbst wenn man jetzt eine andere israelische Regierung hätte?
00:13:34: Der 7. Oktober sitzt sehr, sehr tief.
00:13:37: Dazu kommt auch noch, dass ja schon vor dem 7. Oktober,
00:13:41: wir über sehr lange Zeit keine Verhandlungen hatten,
00:13:44: eine Zunahme der extremen Positionen,
00:13:47: dass das, was früher rechtsextrem war,
00:13:51: eben sehr weit in den Mainstream reingewandert ist.
00:13:54: Also selbst wenn Sie sich Meinungsumfragen anschauen,
00:13:57: vor dem 7. Oktober in Israel und in den palästinensischen Gebieten,
00:14:02: sehen Sie da schon, dass relative Mehrheiten in beiden Bevölkerungen
00:14:06: sagen, wir wollen eine Einstaatenregelung mit ungleichen Rechten,
00:14:12: natürlich jeweils zu Unsten der eigenen Bevölkerung.
00:14:15: Wir sind zurückgefallen in einen existenziellen Konflikt,
00:14:19: in dem beide Seiten das ganze Territorium beanspruchen
00:14:23: und die legitimen Ansprüche der anderen Seite nicht mehr akzeptieren.
00:14:29: Das ist der Hintergrund, vor dem auch Neuwahlen in Israel,
00:14:34: davon ist auszugehen, keine Regierung hervorbringen werden,
00:14:37: die eben plötzlich mit einer Zweistartenagenda antritt
00:14:42: und es dann leicht zu einer Konfliktregelung kommt,
00:14:46: selbst wenn die internationale Gemeinschaft, dass er stark engagiert ist.
00:14:50: Ich denke trotzdem, es liegt eine Chance darin,
00:14:54: dass die Amerikaner, die Europäer, die arabische Kontaktgruppe
00:14:58: eigentlich an einem Strang ziehen, eigentlich bereit sind,
00:15:01: politisches Kapital einzusetzen, um zu einer solchen Regelung zu kommen,
00:15:06: eventuell eben auch durch eine militärische Präsenz,
00:15:11: durch einen Engagement im Wiederaufbau, durch Sicherheitsgarantien,
00:15:15: durch eine Normalisierung zwischen Israel und Saudi-Arabien.
00:15:21: Also das sind alles Elemente, die unter anderem in dem Plan,
00:15:25: den beiden vorgelegt hat, eigentlich vorgezeichnet sind.
00:15:29: Wie könnte eine regionale und internationale Lösung aussehen,
00:15:33: die Israel-Sicherheit gibt, die den Palästinensern-Sicherheit gibt
00:15:36: und die letztlich Selbstbestimmung für beide Völker ermöglicht,
00:15:41: eingebunden in ein regionales Paket?
00:15:44: Die Alternative, wenn diese Einigung nicht stattfindet,
00:15:47: ist eben ein weiterer Abwärtstrend in dieser Auseinandersetzung,
00:15:54: in der letztlich dann die Sprache der Gewalt, die vorherrschende ist,
00:15:57: und wo wir immer stärker die Verknüpfung und die Verfestigung
00:16:02: der unterschiedlichen Konfliktdimensionen sehen werden.
00:16:05: Aber immerhin gibt es ja überhaupt, wenn ich das richtig verstanden habe, Ansätze.
00:16:08: Es gibt also keinen richtigen Grund zum Optimismus in diesen Tagen,
00:16:11: aber es gäbe zumindest mit Blick in die nächsten Wochen oder Monate
00:16:14: Ansätze dieses Problem, diesen gewaltigen Konflikt zumindest im Ansatz zu lösen.
00:16:20: Ich würde jetzt ungern diesen leichten Optimismus wieder kaputt machen.
00:16:25: Dennoch, ich glaube, wir müssen auch sehen,
00:16:27: dass im direkten Wahlkampf in den USA natürlich der Einfluss,
00:16:33: die Hebel, die die USA haben, um noch etwas zu erreichen,
00:16:37: sehr viel geringer sind.
00:16:39: Auch die Bereitschaft, politische Risiken einzugehen, sehr viel geringer sind.
00:16:44: Die internationale Gemeinschaft, das ist ihr Wesen,
00:16:47: kommt eben immer nur sehr langsam in die Gänge.
00:16:49: Und dennoch, ja, wir haben ein sehr enges, abgestimmtes Vorgehen her.
00:16:54: Und das ist der einzige Lichtblick, den wir hier haben.
00:16:57: Ich finde, man kann oft Außenpolitik nie schauen,
00:16:59: wenn man sich nicht ganz kleine Ansätze von Optimismus behält.
00:17:03: Sonst kann man es, glaube ich, auch lassen, auch bei diesem Konflikt.
00:17:06: Ein Lichtblick, den ich noch sehe, ist,
00:17:09: wir haben in Israel, auch in den palästinensischen Gebieten,
00:17:13: natürlich Organisationen, die nicht müde werden,
00:17:16: daran zu arbeiten, dass es zu einer besseren Konfliktbearbeitung kommt,
00:17:21: die festhalten an Zusammenarbeit, an Kooperation.
00:17:25: Und das ist der andere Lichtblick.
00:17:27: Und diese Verbindungen, die wir auch brauchen,
00:17:29: ohne die internationale Gemeinschaft letztlich auch sehr wenig leisten kann.
00:17:34: Vielen Dank an unseren Gast, Moriel Asseburg,
00:17:36: von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
00:17:38: Sehr gerne.
00:17:39: Das ging mir jetzt, wenn wir so ein bisschen zum Ende der Episode
00:17:46: nochmal Revue passieren lassen, Fahrtätzen,
00:17:48: so durch den Kopf die Entmenschlichung, die wir auf beiden Seiten sehen,
00:17:51: also desgegenübers, und dass man eben doch, aber auch Organisationen sieht,
00:17:55: die versuchen, dem etwas entgegenzusetzen.
00:17:58: Das finde ich auch einen wichtigen Punkt, der, wie Martin sagte,
00:18:01: vielleicht ein kleines bisschen den Optimismus noch unterstützt.
00:18:04: Ansonsten, finde ich, ist nochmal sehr deutlich geworden,
00:18:06: dass der 7. Oktober eben, dass es zurückfallen in einen wirklich existenziellen Konflikt,
00:18:12: wo die internationale Gemeinschaft eine Lösung finden muss,
00:18:15: wo beide Seiten aber eben auch entsprechend mitarbeiten müssen.
00:18:19: Martin, was geht dir noch zum Ende des Gesprächs durch den Kopf?
00:18:23: Ja, wenn wir das kurz nochmal zusammen zu fassen,
00:18:25: versuchen drei Dinge, die die Entmenschlichung Katharina Haustisch an genannt.
00:18:29: Ich finde dieses Anhalten der Gewalt und diese unglaublichen Opferzahlen
00:18:33: finde ich einen ganz, ganz wichtigen Punkt.
00:18:35: Dann wäre mein zweiter das Interesse daran, diesen Konflikt zu befeuern,
00:18:40: dass das von beiden Seiten so hoch ist.
00:18:42: Man darf nicht vergessen, dass Israel natürlich immer noch gegen Terrororganisationen kämpft hier.
00:18:46: Gleichwohl gibt es ein Interesse, diesen Konflikt am Kochen, am Laufen zu halten, fürchte ich.
00:18:51: Und mein dritter Punkt wäre die Folgen für den globalen Süden.
00:18:54: Das ist, glaube ich, immer noch nicht ganz absehbar, wie sehr sich, wie so Schockwellen
00:18:59: dieser Konflikt ausbreitet und ausgreift in ganz andere Zusammenhänge noch.
00:19:03: Da werden wir noch lange, lange damit zu tun haben.
00:19:06: Und Stichwort globaler Süden können schon einmal tiesen auf Folge vier von POT und die Welt.
00:19:12: Da geht es um Fragen der internationalen Ordnung um Norden und Süden.
00:19:15: Das Thema ist der Gipfel der Bricksstarken.
00:19:17: Genau, dieser Gipfel steht nämlich vor der Tür.
00:19:19: Und darüber wollen wir sprechen mit Magdalen Kirchener von der Stiftung Makathor.
00:19:24: Danke fürs Zuhören.
00:19:25: Schön, dass Sie dabei waren.
00:19:26: Ich bin Katharina Peetz.
00:19:27: Und ich mauch' ihn wie ein Läcky.
00:19:29: Tschüss und bis zum nächsten Mal!
00:19:31: [Musik]
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