„Nüchterne Hoffnung für Syrien“: Ein zerstörtes Land zwischen Wiederaufbau und Demokratie (mit Christoph Reuter)
Shownotes
Nach dem Sturz des Machthabers Baschar al-Assad Ende 2024 keimte bei vielen Menschen Hoffnung auf ein stabiles, demokratisches Syrien nach 13 Jahren brutalen Bürgerkriegs auf.
Vor wenigen Tagen fand in Syrien erstmals eine Abstimmung statt. Wie berechtigt sind die Hoffnungen auf eine Demokratisierung, was legitimiert die Führung unter Ahmad al-Sharaa und seiner HTS-Miliz? Welche Prioritäten setzt die Zivilbevölkerung? Wie stehen die Chancen für den Wiederaufbau – und welche Rolle könnte Deutschland dabei spielen?
Darüber sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in einer neuen Folge von „Pod und die Welt“ mit dem SPIEGEL-Reporter Christoph Reuter, der zuletzt im August dieses Jahres in Syrien vor Ort war.
Gast: Christoph Reuter, Kriegsberichterstatter und Reporter, SPIEGEL
Links und Empfehlungen aus der Folge:
- Wie der Raub eines Gemüselasters zum Krieg eskalierte, Christoph Reuter und Mohannad Alkhalil Alnajjar, SPIEGEL Ausland, 22.7.2025.
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Transkript anzeigen
00:00:00: Vor der Frage, wie autoritär oder inklusiv wird dieser Staat, wird diese Regierung, steht für Millionen von Menschen.
00:00:10: erst einmal, woher kommt das Dach über dem Kopf der halben Ruine, die mal mein Haus war?
00:00:16: Woher bekomme ich einen Job?
00:00:17: oder für viele Rückkehrer auch, wo ist eine Schule für die Kinder?
00:00:22: Dreizehn Jahre lang war Syrien in einem brutalen zerstörerischen Bürgerkrieg versunken, aus dem es scheinbar keinen Ausblick gab.
00:00:29: Millionen Syrerinnen und Syrer verloren ihr Zuhause, mussten ihr Land verlassen oder wurden schwer verletzt oder getötet.
00:00:35: Und dann plötzlich der Sturz des syrischen Machthavers Assad, Ende des Jahrhunderts.
00:00:40: Für viele Menschen keimte daraufhin unaerwartete Hoffnung auf ein stabiles und demokratisches Syrien auf.
00:00:45: Vor wenigen Tagen fand in Syrien erstmals eine sogenannte Wahlstadt.
00:00:49: Wieso die umstritten war, was von der Führung unter Ahmed Al-Sharah und seiner HTS-Miliz zu erwarten ist und wie die Chancen für den Wiederaufbau stehen.
00:00:57: Darum geht es heute.
00:00:58: Ich bin Katharina Peetz.
00:01:00: Und ich bin Martin Bialekki.
00:01:02: Das ist Pott und die Welt der Außenpolitische Podcast der Zeitschrift Internationale Politik.
00:01:06: Herzlich willkommen.
00:01:08: Unser Gast heute ist Christoph Reuter.
00:01:10: Er ist Reporter des Spiegel und er berichtet seit Jahrzehnten aus den Krisenregionen der islamischen Welt.
00:01:15: Seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten
00:01:25: seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten
00:01:26: seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten seit Zu früh gefreut?
00:01:41: Nein, weil der Jubel war und ist vollkommen berechtigt.
00:01:46: Niemand hatte damit gerechnet, dass es auch nur die Chance gibt, das Land wieder zusammenzuführen und diesen Krieg zu beenden.
00:01:55: Es hat ja niemand mehr gekämpft für Assad.
00:01:58: Es gab wenige Tote rund um Hamar.
00:02:00: Und dann ist Assad einfach geflohen.
00:02:02: Insofern, das war großartig, nur die Hoffnung damit zu verbinden.
00:02:09: dass aus einem Land, wo zumindest unser Eindruck der letzten Reise die Hälfte der Bevölkerung im Prinzip mehrjährige therapeutische Behandlungen bräuchte.
00:02:20: alle durch sind, weil die Nantesche Lente erzählen ja nebenan, wurde mein Onkel massakriert.
00:02:26: und da mein, mein einer Bruder, den haben wir dann auf Caesar, auf den Bildern der, der ermordeten wiedergefunden, aber zeigt das Bild nicht meiner Mutter, weil die kennt das noch gar nicht.
00:02:36: Da sieht man dann so eine furchtbar zugerichtete Leiche und der ist wieder dahin zurückgezogen, wo seine ganze Verwandtschaft umgebracht wurde und sagt, ja, das ist halt alles normal.
00:02:48: So.
00:02:49: Aus einer solchen Ausgangslage zu glauben, man könne jetzt mühelos da zu übergehen, das, was es über die es fünfzig Jahre nicht gab, nämlich ein demokratisches System mit Parteien, die Ideologien folgen.
00:03:05: Also nicht die Partei der Code, die Partei der Sony, die Partei der Drusen aufbauen und zu friedlichen Verhältnissen kommen, ist völlig illusorisch.
00:03:16: Also das dauert, wenn es überhaupt klappt, sehr, sehr lange.
00:03:19: Wir haben es gesagt, der Sturz-Aussatz Ende.
00:03:23: Welche Entwicklungen haben denn seit diesem Machtwechsel, Machtabgang in Syrien am meisten die Dynamik geprägt?
00:03:31: Erst einmal die in weiten Teilen des Landes, auch gerade dort, wo man dachte, hier wird es Racherakte geben, rund um Homs in Zentralssyrien, wo die Leute wissen, wer hat ihre Familien umgebracht, weil die wohnen... zwei Blocks ein Dorf weiter, dass alle Fraktionen so erschöpft sind und gemerkt haben, selbst die Alleruiten aus der Konfession der herrschenden Diktatur haben in der Masse nicht profitiert, sondern wurden dann alle Fronten geschickt und sind genauso gestorben wie die anderen, dass alle sich bemühen, es nicht wieder zu einem Krieg kommen zu lassen.
00:04:17: Und dort, wo alle dachten, es wird furchtbar, ist es relativ ruhig.
00:04:22: Aber wenn die alten Loyalisten oder die, die sich schuldig gemacht haben, die Massenmorder der Geheimdienste aus den Alleruitenbergen, wenn die... Wie im März geschehen, Hinterhalte legen und die neue Polizei, die neuen Sicherheitskräfte erschießen, merkt man, wie schnell ist dann so durchaus konzentriert eine Racheraktion und letztlich auch zum Massakern an der Zivilbevölkerung kommen konnte.
00:04:48: Und man das Gefühl hatte, da bricht diese dünne Firmness, wir wollen es zivil versuchen.
00:04:54: Und ähnlich ist es in Sweda gewesen, in dem Drusengebiet im Juli, was das noch viel größere Problem darstellt, weil eigentlich waren die Drusen eine Minderheit, die immer neutral geblieben war, die waren in der Masse nicht.
00:05:09: Pro Assad, die hatten im Dezember sogar Damascus mitbefreit, haben sich versucht, aus allem rauszuhalten.
00:05:16: Aber es gibt eine Fraktion unter den Drusen dort, die hat sehr früh sich auf eine Kooperation mit Israel eingelassen und hat von Anfang an die neue Regierung abgelehnt, gesagt, das sind alles Terroristen, mit denen wollen wir nichts zu tun haben.
00:05:32: Das gehörte ein halbes Jahr bis soweit eskalierte, dass ein relativ kleiner Zwischenfall eine... Entführung mündete darin, dass Armee-Sicherheitskräfte nach Sweden führen, dort auch Zivilisten umbrachten, auch wenn sie das Leugnen und diese Drossenfraktion ihrerseits die ankommenden Sicherheitskräfte und überhaupt Sunni, die in der Umgebung lebten, umbrachten.
00:05:56: mit israelischer Unterstützung letzten Endes.
00:05:59: Und dann hat Israel das Verteidigungsministerium in Damascus bombardiert und andere Gegenden und gesagt, also wenn ihr unsere drosischen Freunde weiter angreift, dann bombardieren wir im Prinzip die ganze Stadt und aus Sveida sammeln Bilder, wie sie mit israelischen Flaggen durch die Straßen ziehen.
00:06:18: Und das war ein Fanal, weil es die Wut ganz vieler Sunniten aus allen Landesteilen auf einmal die Wut über diese Bombardements, gegen die man nichts machen kann.
00:06:30: Die wurde fokussiert und gerichtet auf die Verräter, die Verräter unter den Drusen in Zweder.
00:06:38: Und da hatte man das Gefühl in Damaskus bei Herrscher auf einmal Programmstimmung gegen eine Minderheit, die vorher Völlig unter dem Radar blieb.
00:06:48: Und das ist ein Problem, weil Netanyahus Regierung weiterhin sagt, südlich von Damascus muss es eine demilitarisierte Zone bleiben und wir unterstützen jetzt auch mit Geld und Waffen eine drusische Milit in Syrien und der Rest des Landes sitzt dort und die Gräben werden tiefer.
00:07:06: Das war leider der eine... Zwischenfall kann man das nicht nennen.
00:07:11: Das ist das eine Element, was das ganze Land in der Tat in einen Bürgerkrieg zurück stolpern, drängen könnte, wenn das nicht einvernehmlich gelöst
00:07:21: wird.
00:07:26: Wie Sie das jetzt beschreiben, was kann man daraus ableiten für die Legitimität dieser Übergangsgerierung runter, Alshara?
00:07:33: Naja, sie ist immer noch legitimiert letzten Endes in den Augen der Bevölkerung, weil sie hat die Diktatur gestorzt.
00:07:41: Sie hat diesen für alle unerträglich gefordernen Zustand beendet.
00:07:45: Wäre er für die die Anhänger als nicht so unerträglich gewesen, dann hätten die ja gekämpft.
00:07:50: Das haben sie eben nicht mehr genannt, sind eine Woche gedauert, auch zur Überraschung Charas.
00:07:56: Alles, was seither geschieht leider, sind wie diese nationale Dialogkonferenz im Frühjahr oder jetzt die die Wahlen, die letzten Endes eine Auswahl waren, sind Fassadenveranstaltungen, wo man das Gefühl hat, man erkennt die Absicht und ist verstimmt, weil es natürlich keine freien Wahlen waren, sondern ein Komitee von Chara ausgewählt wird, das wiederum Leute auswählt, die dann die Kandidaten und ihre Wähler, also... Puls aus verschiedenen Orten auswählen, um nur ja nicht die Kontrolle zu verlieren.
00:08:34: Und das Tragische ist, es wäre gar nicht nötig gewesen.
00:08:36: Man hätte mit Fug und Recht sagen können, man kann nicht wählen jetzt in Syrien.
00:08:41: Es gibt keinen Sensus.
00:08:42: Niemand weiß, wie viele Syrer und Syrerinnen mittlerweile über achtzehn sind.
00:08:47: Wer wo lebt, zum Teil weiß man nicht, wer tot ist.
00:08:51: Aber... Offensichtlich hat Charaa oder hat auch sein Apparat das Gefühl, ihre Legitimität schwindet langsam, weil Leute das Gefühl haben, sie werden nicht wirklich eingebunden.
00:09:02: Und dann unternehmt man lieber so eine Scheinveranstaltung als auf lokaler Ebene zum Beispiel, den Gemeinden, den Dorf, an den Städten zu sagen.
00:09:13: Macht Lokalwahlen.
00:09:14: Organisiert euch, wählt Vertreter aus eurer Mitte, lasst uns Demokratie von unten aufbauen, was es in den Aufstandsgebieten ja ohnehin gegeben hat.
00:09:24: Aber das wollte man nicht in Damaskus, weil man besessen davon ist, die Kontrolle zu behalten.
00:09:29: Und das kann man verstehen, weil ohne einen sehr kontrollierten Apparat hätte es den Sturz nicht gegeben.
00:09:37: Aber jetzt müsste man seine Haltung, seine grundsätzliche Einstellung ändern, aber das können die schlecht.
00:09:46: Also es ist ein fast tragischer Moment, dass man sieht, es könnte alles anders sein.
00:09:52: Ganz viele Fraktionen, Exilanten würden gerne doch mit dabei sein, mitgestalten, ohne Shara stürzen zu wollen.
00:10:00: Aber selbst die haben das Gefühl, wir werden aus dem Vorgehalten.
00:10:05: Da ist ja ganz viel hätte wäre, wenn jetzt in Ihrer Antwort, wenn wir ein bisschen nach den Wahlen gucken, welches Szenarien sich jetzt abzeichnen könnten für den politischen Prozess.
00:10:16: Ist das eher Stillstand?
00:10:17: Ist das eher eine Konsolidierung dieses Autoritarismus oder vielleicht doch eine Chance für eine Öffnung?
00:10:24: Wir haben versucht, in den letzten Stunden schlau zu werden.
00:10:28: aus der Liste derer, die gewählt wurden.
00:10:31: Das müssen wir vielleicht noch mal dazusagen.
00:10:32: sprechen am Montag, Nachmittag, am sechsten Oktober.
00:10:35: Genau, am Tag nach der Auswahl.
00:10:38: Und man ist zumindest freudig überrascht, dass Leute dabei sind, die jetzt nicht aus dem islamisten Umfeld unbedingt kommen, Ärzte, Anwälte, Leute, die zum Teil in der nicht islamistischen Opposition im Ausland lange aktiv waren.
00:10:57: Insofern kann es durchaus sein, dass die Leute, die da jetzt drin sitzen, eine technokratische, segensreiche Wirkung entfalten.
00:11:07: Aber dafür ist es noch zu früh.
00:11:09: Aber vor den rein politischen Veränderungen wird das Entscheidende sein, wird der CSER-Akt aufgehoben.
00:11:18: Werden die Sanktionen, speziell des Bankensektors für Investitionen, werden die so dauerhaft aufgehoben, dass Staaten, einzelne Firmen, Geschäftsleute bereit sind, Millionen und Milliarden zu investieren.
00:11:35: Gibt es Rechtssicherheit für Investitionen?
00:11:39: Oder kann man sich sicher sein, dass nicht irgendeine Regierungsentscheidung die Sanktionen dann doch?
00:11:45: weiterlaufen lässt?
00:11:46: und dann funktioniert es nicht, weil vor der Frage, wie autoritär oder inklusiv wird dieser Staat, wird diese Regierung, steht für Millionen von Menschen.
00:11:59: erst einmal, woher kommt das Dach über dem Kopf der halben Ruine, die mal mein Haus war, woher bekomme ich einen Job?
00:12:07: oder für viele Rückkehrer auch, wo ist eine Schule für die Kinder?
00:12:12: Also das Land ist so zerstört in mehrfacher Hinsicht.
00:12:17: Das Frage politischer Partizipation, auch wenn man mit Leuten redet, die sagen, ja, wer da jetzt in der Maske sitzt, aber wir brauchen Strom, wir brauchen Wasser, wir müssen Sachen kaufen können, um hier unsere Kachelfirma oder unsere Ziegelbrennerei oder wieder zum Laufen zu bringen.
00:12:34: Wir hätten gerne mehr Hilfe aus dem Ausland, aber was man braucht zum Wiederaufbau ist, sind Größenordnungen von zwei, dreistelligen Milliarden, das sind ganze Städte, die sind weg.
00:12:43: Die sind so ausser als Wert Hammerland davor, sechshundert Jahren durchgezogen.
00:12:47: Da ist nichts mehr.
00:12:49: Das muss man sich immer wieder vor Augen rufen für die Hälfte der syrischen Bevölkerung.
00:12:55: Die hat im Prinzip nichts mehr außer Zelten, wo sie leben können.
00:13:00: Wenn Sie die Sanktionen ansprechen und auch so ein bisschen den Blick auf die Rolle der internationalen Gemeinschaft werfen, Aschara ist ja bisher von der internationalen Gemeinschaft einigermaßen akzeptiert.
00:13:09: Zumindest ist man ihm gegenüber eher dann zurückhaltend.
00:13:12: Begegnet.
00:13:13: Gehen Sie davon aus, dass das so anhalten wird?
00:13:16: oder wovon hängt das ab?
00:13:17: Ich glaube, es hat viel damit zu tun, dass viele Regierungen das Gefühl haben, zu Recht.
00:13:25: Es geht nur mit ihm.
00:13:27: Oder es geht zumindest nur mit den Trägern dieser Revolution oder dieser Absetzung der Diktatur, weil den kann man jetzt nicht absetzen.
00:13:36: Damit würde man weite Teile der Sechzig-Siebzig... Prozent Sunniten im Land gegen sich bringen.
00:13:42: Und insofern ist man bereit, ihm relativ viel Nacht zu sehen.
00:13:47: Also die Massaka an alleruitischen Zivilisten andrusen jetzt, das waren durchaus Milizen, die in enger Verbindung zu Übergangsregierungen stehen.
00:13:57: Also man kann ihn da nicht komplett freisprechen, aber man setzt auf ihn, weil Da ist sonst niemand.
00:14:04: Da ist auch keine Kraft, die das Land irgendwie zusammenhalten könnte.
00:14:07: Und weder die USA, noch die Türkei, noch Saudi-Arabien, noch Europa wollen einen erneuten Bürgerkrieg.
00:14:13: Das wollen Iran und die Israels-Regierung, aber sonst niemand.
00:14:17: Die Frage wird sein, bleibt es jetzt weiter ruhig?
00:14:23: oder zum Beispiel im Norden wird es zu größeren Kämpfen kommen gegen die organisierten Kurden, die ja immer noch Ein Drittel ungefähr der Fläche kontrollieren und weite Teile der weizen Anbaugebiete und vor allen Dingen der Ölquellen.
00:14:38: Oder wird es doch funktionieren, dass sie sagen, okay, unsere militärischen Einheiten, also die Syrian Democratic Forces, werden Teil der Armee, was sie bislang verweigern.
00:14:54: Wenn wir einen Moment bei der regionalen und internationalen Dimension dieses Konflikts und der Zukunftsyriens bleiben, da gibt es eine ganze Menge.
00:15:02: Akteuren.
00:15:03: Da gibt es Katars, Saudi-Arabien, die Türkei, Israel, der Westen, was auch immer der Westen heute noch sein mag.
00:15:10: Das sind ziemlich viele Mächte.
00:15:12: Wie stark bleibt Syrien denn von diesen Mächten abhängig?
00:15:15: Und was glauben Sie, sind die wichtigsten Akteure in diesem Transformationsprozess?
00:15:20: Der wichtigste Akteur oder natürlich der wichtigste sind die USA, weil sie auch im Stande sind, Druck auszuüben auf Netan-Jahus-Regierung.
00:15:31: während Finanzminister Bezael Smotrich öffentlich gesagt hat, der Krieg gegen Syrien wird weitergehen, bis Syrien dismantled, zerlegt ist.
00:15:41: Also da schreut man sich nicht mal zu sagen, man möchte verhindern, dass dies wieder ein einheitlicher Staat wird.
00:15:50: Auch deswegen ist extrem wichtig, wie verhält sich Israel weiter?
00:15:54: Kommt man doch zu irgendeinem Abkommen, mit dem beide Seiten leben können und kann man verhindern, dass Swayder Ausgangspunkt eines neuen Krieges wird.
00:16:04: Und dann extrem wichtig ist, wenn man so will, diese sunnitische Allianz von Staaten, Türkei, Saudi-Arabien, vereinigte Emirate, Qatar, die bei Syrien selbst ihre Differenzen, wenn es um Muslimbrüder geht, also sozusagen.
00:16:25: antimonarchische organisierte Muslime, was ein enormer Dissenspunkt war zwischen Saudi-Arabien und der Türkei oder zwischen Emiraten und der Türkei und Katta.
00:16:36: Aber bei Syrien sind sich die alle einig, wir wollen, dass die sunnitische Mehrheit herrscht.
00:16:44: Wir wollen, dass dieser Staat diese jetzige Regierung Erfolg hat.
00:16:49: Also wenn Aufbauhefen kommen, schnell im Moment, was man sieht, wenn man durchs Land fährt, das kommt nicht aus Deutschland, das kommt nicht aus den USA, sondern das sind Projekte mit Geld aus Saudi Arabien, aus Katte, aus der Türkei.
00:17:03: Das wollte ich gerade nur mich fragen, welche Rolle spielt Deutschland, die EU, Europa, bei diesem Wiederaufbau oder auch bei der Situation fort?
00:17:11: Eigentlich könnte Deutschland eine riesige Rolle spielen, weil hunderttausend, neunhunderttausend Syrer sind hier die Allermeisten davon ins Exil gezwungen.
00:17:22: Man hatte zwischendurch das Gefühl, Berlin ist der Maskus zwei Null.
00:17:26: Alle wichtigen Syrer und Syrerinnen sind hier.
00:17:29: Und im Vergleich dazu und auch im Vergleich zu der doch sehr raschen Begrüßung des Machtwechsels passiert jetzt wahnsinnig wenig.
00:17:41: Malen die Mühlen wahnsinnig langsam und wir haben das mitbekommen über Umwege, eine deutsche Delegation des BMI sollte nach Syrien fahren.
00:17:50: Das ist dann gescheitert, aber deren Plan war nur an gepanzerten Fahrzeugen unterwegs zu sein.
00:17:55: Nach Damaskus reinfahren, Termine machen und über Nacht immer wieder zurück in den Libanon, weil es ist zu gefährlich in Damaskus zu übernachten.
00:18:03: Und man hat das Gefühl, die deutschen Apparate, die meisten Politiker haben das Gefühl, dass es immer noch ein brandgefährliches Bürgerkriegsland, was es nun nicht mehr ist.
00:18:13: Man kann da einfach hinfahren, normal sich mit Leuten treffen, man kann auch durchs Land fahren.
00:18:18: Der passiert einfach viel zu wenig, dass man sich anschaut, okay, wo könnte schnell Hilfe geleistet werden, auch ohne vielleicht viel Geld in die Hand zu nehmen, aber zu gucken, wo kann man in jeder Stadt von den nicht völlig zerstörten Wohnblocks drei, fünfzehn wieder bewohnbar machen.
00:18:35: Wo kann man schnell etwas machen?
00:18:38: Und es passiert sehr, sehr wenig schnell.
00:18:42: Wäre es ihr Rat, Herr Reuter, an die deutsche Politik, dieses schnelle Zupacken jetzt einfach zu sagen, wie der Aufpulver ist, die absolute Priorität?
00:18:51: Oder was wäre der Rat?
00:18:53: Wäre das eher humanitäre Unterstützung?
00:18:55: Wäre das eine politische Vermittlung?
00:18:57: Natürlich kann man auch politisch vermitteln.
00:18:59: Aber ich glaube, Die Prioritäten sind umgekehrt.
00:19:03: Also zuerst zu hoffen, wir wollen die perfekt, mustergötige demokratische Ordnung haben und dann fangen wir an, das zu unterstützen.
00:19:12: Ist illusorisch.
00:19:13: Es wäre klüger und auch angebrachter, zu sagen, wir haben es hier mit einem... Seelisch wie baulich verfüßteten Land zu tun.
00:19:24: und wenn wir überhaupt die Grundlagen schaffen wollen, dass Leute das Gefühl haben, wir haben Teilhabe an etwas, was für uns gut ist oder wir haben auch was zu verlieren.
00:19:34: Wir wollen keinen neuen Krieg, weil wir haben einen neuen Job, das Haus steht.
00:19:38: Wir sehen eine Zukunft in Syrien.
00:19:40: Dann muss man erst einmal etwas dafür tun, dass es dieses Syrien wieder geben kann.
00:19:46: Und das ist ganz profan Aufbauhilfe.
00:19:50: Schickt Experten, schaut wie Geld dort ankommen kann, wie man auch die nötige Infrastruktur schnell aufbauen kann, um Leuten die Möglichkeit zu geben, den Winter in Homs verbringen zu können oder in der Dessort oder in all den Städten, wo man nur durchfährt und guckt und dann woanders hinfährt, weil man dann nirgends wo übernachten kann.
00:20:12: Jetzt haben Sie ja schon mehrmals angedeutet eben auch die seelischen Schäden, die in dem Land bei den Menschen vorhanden sind.
00:20:19: Vielleicht können wir nochmal ein bisschen genauer auf die Gesellschaft schauen, weil Sie jetzt eben ja auch mit vielen Menschen vor Ort noch sprechen konnten.
00:20:25: Kann ein seelischer Wiederaufbau unterstützt werden?
00:20:27: oder wie würden Sie die Stimmung gerade beschreiben, dominierter Verzweiflung oder gibt es auch die Hoffnung, die noch weiter hält?
00:20:37: Also das Spannendste fand ich, wie ähnlich Nüchtern und pragmatisch viele Leute klang.
00:20:44: Ob das jetzt Alaouiden waren, Sunnis, Christen, also alle aus Zentral Syrien, aus diesem Mailing-Pott der der konfessionell unterschiedlichen Nachbarn, die ja vierzehn Jahre damit zugebracht haben, sich gegenseitig umzubringen.
00:21:01: Ganz viele meinten, also ist nicht schön.
00:21:05: dass da jetzt fünf Leute auf dem Feld erschossen wurden oder dass es dort diesen Mord gegeben hat.
00:21:11: Aber es war völlig klar, dass es Rache-Akte geben wird.
00:21:14: Und wir werden, wie das Jens Spahn mal in anderem Zusammenhang gesagt hat, wir werden einander viel verzeihen müssen, weil sonst werden wir hier nicht zusammen weiterleben können.
00:21:26: Und es war faszinierend zu sehen, wie Die Ex-Rebellen, aber auch die Ex-Regime-Anhänger, beide Konzessionen machten und sagten, naja, es waren ja nicht alle schlimm, oder die Alloiten aus einem der Dörfer, wo die Leute kamen, die einen Nachbarstadt oder hundert Leute dort massakriert haben in Hula, sagten, naja, es gab die Bösen, aber die sind jetzt alle am Liebernorn, die sind alle weg.
00:21:50: Und die anderen sagen, naja, so, wir wissen, dass das nicht ganz stimmt, aber damit können wir leben.
00:21:56: Wir einigen uns auf eine Form des Agreements, dass wir einfach normal nebeneinander weiterleben können.
00:22:08: Und das fand ich hoffnungsvoll, weil immerhin Homs und Umgebung haben die Leute ihre Felder bestellt, wurde wieder Handel getrieben zwischen Orten, aus denen Leute vor zwölf, dreizehn Jahren unterwegs waren,
00:22:24: um
00:22:24: andere umzubringen.
00:22:26: Das ist keine Verzweiflung, weil verzweifelt war man ein Dutzend Jahre lang oder man wurde immer verzweifelt.
00:22:33: Und im Vergleich zu vorher ist das ein Irrerwechsel.
00:22:37: Hoffnung, ja, aber eine sehr, eine sehr, sehr nüchterne.
00:22:43: Hoffnung.
00:22:44: Sehr, sehr nüchterne Erwartungen.
00:22:46: Keine Illusionen.
00:22:47: Jetzt wird das alles toll und super.
00:22:49: Sondern so im Rahmen dessen, was man dort erwarten kann, pragmatisch.
00:22:54: Sagt Christoph Reuter, Syrien-Experte und Reporter des Spiegel.
00:22:58: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch.
00:23:06: Wie immer wollen wir zum Ende einer Episode unseres Podcasts das Gespräch in wenigen Sätzen zusammen befassen und ein bisschen darüber nachdenken, was am meisten hängen geblieben ist.
00:23:16: Liebe Katarina, was wäre das denn bei dir?
00:23:18: Ich fand sehr eindrücklich, wie Christoph Reuter den Zustand der Gesellschaft beschrieben hat.
00:23:23: Also ich habe mir ja notiert zum Beispiel den Satz, es ist ein seelisch wiebaulich verwüstetes Land und was einfach für seelische Schäden dann noch natürlich vorzufinden sind.
00:23:33: Das fand ich sehr eindrücklich.
00:23:35: Bei den Wahlen fand ich ganz spannend diesen Ausdruckwahlen, die eigentlich eher eine Auswahl waren und dass man aber natürlich auch so ein bisschen pragmatisch da jetzt vorgeht und die internationalen Gemeinschaft sagt, na ja, mit Alshara oder mit wem auch sonst, deswegen ist es eben alternativlos.
00:23:51: Und auch noch interessant, weil es ein bisschen wiederkehrendes Motiv in unseren Gesprächen ist, die Rolle von der EU und Deutschland, dass man da so ein bisschen denkt, da könnte eigentlich auch mehr passieren, aber dass es doch eher zügerlich ist.
00:24:02: Martin, welche Punkte sind es bei dir?
00:24:04: Ich
00:24:04: kann deine Punkte, Katharina, nur unterschreiben, alle drei und sie eigentlich auch nur verlängern.
00:24:09: Woher kommt denn das Dach über meinem Kopf?
00:24:11: Wer baut eigentlich eine Schule für meine Kinder?
00:24:13: Das fand ich sehr eindrucksvoll, weil es so konkret ist.
00:24:17: Und weil man im Westen ja dazu neigt, mit etwas Spitzen demokratischem München zu sagen, hey, es könnte ja aber hier wählen.
00:24:22: Jetzt habt ihr politische Partizipation und Christoph heute sagt, nee, schon richtig.
00:24:27: Aber die haben erst mal ganz andere Probleme.
00:24:29: Das fand ich eindrucksvoll.
00:24:31: Und dann.
00:24:33: sein praktisch letzter Satz.
00:24:34: Es gibt Hoffnung, aber es ist eben eine sehr nüchtern Erwartung, was aber nicht heißt, dass es gar keine Hoffnung gibt, sondern eben ein bisschen was.
00:24:42: Und wenn wieder mal eben, du hast das gesagt, Deutschland und die Europäische Union sich da besähnen und mehr reingehen würden, was wäre da alles möglich?
00:24:52: Aber da brauchst du ein paar andere Akteure vor Ort, dann eben
00:24:55: auch noch dafür.
00:25:00: Damit machen wir Schluss.
00:25:01: Mit dieser Folge von Pot und die Welt.
00:25:03: Vielen Dank fürs Interesse.
00:25:05: Ich bin Katharina Peetz.
00:25:06: Und ich bin Martin Bielecki.
00:25:08: Und wenn Sie mögen, lasst uns doch sehr gerne eine Bewertung zum Podcast da und empfehlen
00:25:12: Sie uns
00:25:13: weiter.
00:25:13: Dankeschön und Tschüss.
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