Was kann Diplomatie noch leisten? (mit Sabine Sparwasser)

Shownotes

Der Krieg in Nahost, der Ukraine-Krieg, die jüngste militärische Auseinandersetzung zwischen Indien und Pakistan oder auch die von US-Präsident Trump geschürten Zollkonflikte – die leise Kunst der Diplomatie wirkt vor diesem Hintergrund fast wie ein wirkungsloses Instrument aus vergangenen Zeiten.

Aber ist das wirklich so? Wie viel Diplomatie findet noch statt, wie hat sie sich verändert? Was braucht es, damit diplomatische Gespräche gelingen? Und wie blickt eine ehemalige Diplomatin auf die polarisierte Debatte über Waffen oder Frieden?

Darüber sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in dieser Folge von „Pod und die Welt“ mit der früheren deutschen Botschafterin in Kanada, Sabine Sparwasser.

Gast: Sabine Sparwasser, ehemalige deutsche Botschafterin in Kanada (2017-2024) und Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan (2015-2017)

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00:00:00: Ich glaube, die größte Währung, die Diplomatie hat das Vertrauen.

00:00:04: Macht gehört natürlich auch dazu, aber ich glaube, die wichtigste Währung ist Vertrauen.

00:00:10: Markus Söder setzt auf die Wurst. Helmut Kohl, Schwor auf den Saumagen und Olaf Scholz

00:00:16: versuchte es mit Fischbrötchen.

00:00:18: Die Überzeugung dahinter ist klar, Diplomatie geht durch den Magen.

00:00:22: Aber was kann Diplomatie in diesen Zeiten der Multiplen-Krisen und Kriege überhaupt noch leisten?

00:00:28: Mit dieser Metafrage der internationalen Politik wollen wir uns in der heutigen Folge von POT und die Welt beschäftigen.

00:00:34: Ich bin Marti Mieleki und ich bin Katharina Pitz. Schön, dass Sie zu uns gefunden haben.

00:00:40: Die Diplomatie ist die Kunst des Verhandelns.

00:00:43: Wenn man sich derzeit aber in der Welt umschaut, dann scheint es einem als Würde kaum noch verhandelt und stattdessen gleich eskaliert.

00:00:49: Der Krieg in Naos, der Ukrainekrieg, die jüngste militärische Auseinandersetzung zwischen Indien und Pakistan

00:00:55: oder auch die vom US-Präsidenten gestürten Zollkonflikte,

00:00:58: diplomatische Gespräche wirken vor diesem Hintergrund wie fast wirkungslose Instrumente aus vergangenen Zeiten.

00:01:04: Aber ist das wirklich so, welche Voraussetzungen brauchen gelungene diplomatische Gespräche?

00:01:10: Und wie viel Diplomativ findet auch aktuell noch statt, jenseits der offenen Bühne?

00:01:14: Diese und weitere Fragen können wir besprechen mit der früheren deutschen Botschafterin in Kanada, Sabine Sparwasser.

00:01:19: Herzlich willkommen.

00:01:20: Vielen Dank, dass ich da sein darf.

00:01:26: Um mal positiv einzusteigen, gibt es aus ihrer Erfahrung, aus ihrer Erinnerung in den letzten Jahren ein leuchtendes Beispiel dafür, was Diplomatie erreichen kann.

00:01:36: Eines der besten Beispiele, was Diplomatie erreichen konnte, war die Verhandlung der E3 mit dem Iran.

00:01:44: Im Grunde war es eine ganz, ganz detaillierte und ganz intensive Verhandlung, die dazu führen sollte,

00:01:52: dass die iranische atomare Auffrüstung gestoppt wurde.

00:01:56: Und dafür sind die Nationen, die mitgemacht haben, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die USA,

00:02:03: in jedes Detail mit dem Iran hineingegangen in der Verhandlung, um jede Möglichkeit auszuschöpfen,

00:02:11: um Sicherheit zu schaffen und um eine Möglichkeit zu schaffen, zu überwahren.

00:02:16: Dieses Abkommen war nie perfekt, aber es war ein Abkommen, was deutlich mehr Sicherheit für die Welt gegeben hat, deutlich zur Entspannung beigetragen hat.

00:02:26: Und es war eine große, große Enttäuschung, als die Amerikaner 2018 in der ersten Amtszeit von Präsident Trump aus diesem Abkommen ausgeschlagen sind.

00:02:35: Das heißt, das war eine klare Verhandlung, die zur Entspannung und zum Frieden beigetragen hat.

00:02:41: Sie ist aufgelöst worden.

00:02:43: Wir haben jetzt gesehen, es hat jetzt dazu beigetragen, dass nun die iranischen nuclear Anlagen bombardiert wurden.

00:02:50: Wir haben ja am Anfang des Gesprächs ein paar Kriege und Konflikte aufgezählt.

00:02:54: Da könnte man denken, dass eigentlich gar nicht mehr gesprochen wird, sondern Sie haben die Bombattierung gerade erwähnt, dass man lieber gleich die Waffen sprechen lässt.

00:03:02: Es fragt sich trotzdem, ob das eigentlich so stimmt oder ob eigentlich auch aktuell jetzt in den Hinterzimmern und abseits der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit mehr in Sachen Diplomatie passiert, als man gemeinhin so denkt.

00:03:16: Sie haben den Krieg in der Ukraine erwähnt.

00:03:18: Das ist ein Angrieckskrieg Russlands gegen die Ukraine.

00:03:22: Aber natürlich selbst in diesem Angrieckskrieg gibt es Dialogkanäle, gibt es Gespräche.

00:03:28: Wir hören immer mal wieder vom Austausch von Kriegsgefunden.

00:03:32: Wir sehen immer mal wieder und jetzt zuletzt von amerikanischer Seite Ansätze für Friedensverhandlungen.

00:03:39: Das heißt, die Gesprächskanäle guckt es weiterhin.

00:03:42: Es gibt weiterhin Versuche zu überlegen, wie ein Schweigen der Waffen aussehen könnte, wie ein Weg in einen Frieden hinein aussehen könnte.

00:03:52: Nun muss man aber sagen, ein Weg in einen nachhaltigen Frieden hinein, das muss auch ein fairer Frieden sein, es muss ein gerechter Friede sein.

00:04:01: Und wir sehen jetzt im Moment doch eher eine Tendenz auf der amerikanischen Seite,

00:04:05: russische Wünsche nach territorial Gewinn zu akzeptieren, die aber die ukrainischen Sicherheitsbedürfnisse in keiner Weise aufnimmt,

00:04:14: also den ukrainischen Wunsch, der NATO beizutreten oder Sicherheitsgarantien zu haben.

00:04:19: Das wird und kann nicht zu einem nachhaltigen Fähren und deshalb auch sicheren Lanken ihren Frieden führen.

00:04:26: Insofern Verhandlungen ja, aber Verhandlungen müssen auch wirklich auf ein Ergebnis zielen, was nachher für alle ein gewisses Meer, eine Sicherheit bietet, für alle einen Gewinn bietet.

00:04:38: Ja, es finde ich interessant, dass Sie das so ansprechen beim Ukrainekrieg, ein Angriffskrieg und selbst da gibt es aber trotzdem noch Gesprächskanäle.

00:04:46: Was würden Sie denn sagen aus Ihrer Erfahrung heraus?

00:04:48: Sie haben jahrelang Gespräche und Verhandlungen begleitet.

00:04:51: Inwieweit bedingen sich auch Diplomatie und militärische Gewalt?

00:04:55: Manche sagen, dass eine bedingt das andere, man kann gar nicht ohne einander sozusagen.

00:04:59: Ist auch Diplomatie nur mit dem militärischen Gewaltmittel in der Hinterhand erfolgreich?

00:05:04: Das ist etwas, was mich in Deutschland, im deutschen Kontext auch immer erstaunt.

00:05:09: In Deutschland wird natürlich auch aus gutem Grund immer mehr Diplomatie gefordert.

00:05:14: Das streben nach einer politischen Lösung, einer friedlichen Lösung.

00:05:17: Und das hat natürlich auch mit unserer Vergangenheit zu tun und alles, was Waffen zum Schweigen bringt,

00:05:23: wird bei uns als positiv empfunden und alles, was mit Waffen produzieren oder Waffen liefern zu tun hat,

00:05:30: wird als Verlängerung von Leiden und Krieg empfunden.

00:05:33: Das ist vom Gefühl her sicher verständlich, aber stimmt nicht immer.

00:05:37: Denn wie wir eben gesagt haben, Frieden ohne Gerechtigkeit führt zu keiner nachreitigen Lösung.

00:05:43: Und mit Verhandeln ist es ja oft nicht getan.

00:05:46: Selbst wenn wir ein Verhandlungsergebnis haben, müssen wir es umsetzen, müssen wir es kontrollieren.

00:05:52: Wie macht man das ohne den Einsatz von Macht in irgendeiner Form?

00:05:57: Oder aber, wenn wir in einer Verhandlung keine wirksame Drohung, Androhung von Sanktionen,

00:06:05: von gegebenenfalls auch militärischer Gewalt machen, dann können wir oft kein Verhandlungsergebnis erzeugen.

00:06:12: Es wird in Deutschland oft verkannt, dass zum Beispiel die Ostpolitik von Willy Brandt

00:06:18: entstanden ist vor dem Hintergrund einer deutlichen Aufrüstung Deutschlands.

00:06:23: Also Deutschland hatte zu dem Zeitpunkt 3,5 Prozent der Sozialprodukt in militärischer Aufrüstung investiert.

00:06:32: Das heißt, aus einer Position der Stärke war die Verhandlung und war der Aufbau von Vertrauen

00:06:39: durchaus besser möglich als ohne das.

00:06:42: Wenn ich das noch mal ein bisschen zuspitzen darf, Vorsprach, was da die aktuelle Debatte in Deutschland

00:06:47: ist, Waffen oder Frieden, das ist ja sehr polarisiert.

00:06:50: Das empfinden Sie auch so, gerade als Ex-Diplomaten?

00:06:53: Ich finde das sehr polarisiert und wie gesagt auch sehr verständlichen Gründen.

00:06:57: Der Gegensatz zwischen Militär und Diplomatie, der bei uns sehr im Bewusstsein steht,

00:07:03: zeigt sich ja auch zum Beispiel in dieser Debatte, die in der SPD geführt wurde über dieses Manifest in der SPD.

00:07:09: Sind wir für einen Frieden, der aus Stärke, auch aus militärischer Stärke gemacht wird?

00:07:16: Oder wollen wir Dialog um jeden Preis?

00:07:19: Und das sind wirklich schwierige Debatten, die zu führen sind.

00:07:23: Aber aus meiner Erfahrung ist es tatsächlich so, dass man aus einer Position der Stärke

00:07:29: doch die besseren Verhandlungsergebnisse erzielt.

00:07:31: Ich glaube, es war auch Mark Obama, der gesagt hat, eine gewaltfreie Bewegung hätte Hitlers Armee nichts entgegensetzen können.

00:07:39: Das heißt, manchmal braucht man die Stärke, um dann einen Frieden zu erzäulen.

00:07:44: Wenn Sie sagen, aus einer Position der Stärke heraus,

00:07:51: wir beobachten ja gerade, vor allem mit Blick auf US-Präsident Donald Trump,

00:07:55: der so eine Strategie von die Macht des Stärkeren auch eigentlich umsetzt.

00:08:00: Inwiefern beeinflusst das die diplomatischen Bemühungen?

00:08:03: Und es funktioniert ja auch, muss man ja auch sagen bis zum bestimmten Punkt.

00:08:07: Also dieses, das Recht des Stärkeren durchsetzen oder diese Diplomatie des Stilmähkungen,

00:08:13: der Dominanz, auch der physischen Dominanz sozusagen, eine Art Shakedown-Diplomatie,

00:08:18: bringt ja Resultate, sie hält alle in Atem, sie hält die Welt in den Schrecken, wenn man so will.

00:08:24: Aber ich meine, niemand anders mit anderen Methoden hätte,

00:08:27: wahrscheinlich das 5%-Ergebnis für die NATO nicht erreicht werden können.

00:08:33: Das muss man durchaus so sehen.

00:08:34: Mit dieser Art der Diplomatie müssen wir jetzt umgehen.

00:08:37: Und wir alle haben jetzt beobachtet, wie zum Beispiel der NATO-Generalsekretär,

00:08:42: der gerade wieder in Washington war, damit umgeht.

00:08:45: Das heißt, mit einer gewissen Unterwerfung, mit viel Schmeichelei,

00:08:49: das mag man nicht gerne sehen so zu diesem Punkt.

00:08:53: Auf der anderen Seite ist es wahrscheinlich das, was im Moment erforderlich ist.

00:08:58: Damit müssen wir wahrscheinlich leben.

00:09:00: Auf der anderen Seite ist es die beste Methode, um auf Dauer für ein Land

00:09:06: größeren Einfluss, größere Macht zu gewinnen.

00:09:09: Also dieses Make America Great Again wird es auf Dauer am besten erzeugt,

00:09:16: indem man mit dieser Methode, mit der Hammer-Methode quasi Diplomatie betreibt.

00:09:22: Das war nicht zu bezweifeln.

00:09:24: Ich sitze jetzt im Moment hier in Kanada.

00:09:26: Kanada war der beste Freund der USA oder wir können auch das Beispiel Grönland nehmen.

00:09:31: Die USA oder der US-Präsident hat beide mit Annexionsforderungen überzogen.

00:09:38: Das hat sowohl in Grönland die Bevölkerung wie auch in Kanada

00:09:42: die Bevölkerung maximal antagonisiert.

00:09:45: Zuvor wäre es ein leichtes gewesen für die Amerikaner,

00:09:49: viele neue Basen in Grönland zu haben.

00:09:52: Wäre es ein leichtes gewesen für die Amerikaner,

00:09:55: hier unsere Zusammenarbeit und tiefe Integration auch im Bereich Energie und Rohstoffe mit Kanada zu haben.

00:10:03: So wie es jetzt ist, ist das Misstrauen enorm,

00:10:06: ist die Bereitschaft, sich auf die Amerikaner zuzubewegen und einzulassen,

00:10:12: viel, viel geringer geworden.

00:10:14: Und so sehen wir das ja auch in vielen anderen Bereichen.

00:10:17: Europa versucht sich unabhängiger zu machen.

00:10:19: Die USA hatten wirkliche Superkräfte als Magnet für Talent in der Welt,

00:10:25: als Softpower, die viele Menschen angezogen hat,

00:10:30: viele Menschen auch gerettet hat und vielen Menschen auch das Gefühl gegeben hat,

00:10:35: die Amerikaner unterstützen uns, also USA zum Beispiel.

00:10:39: Das sind alles Superpower, die diese Politik, der Macht, der puren, reinen Dominanz und Machtausübung

00:10:46: und nur das zu tun, was für ein Selbstgut ist.

00:10:49: Jetzt unterminiert, das gilt auch für Handelsbeziehungen.

00:10:53: Insofern, glaube ich, dauerhaft ist eine solche Politik abträglich und schadet, der Macht.

00:10:59: Das heißt, wir sehen jetzt wahrscheinlich den Anfang von einem Abschluss.

00:11:03: stieg der USA im internationalen? Lassen Sie uns doch einen Moment bei Donald Trump und den USA bleiben.

00:11:10: Sie haben gerade gesagt, damit muss man leben, damit muss man irgendwie umgehen. Und es ist ja so,

00:11:15: dass Trump eine eigene Social Media-Plattform hat, über die droht er anderen Staatschefs ganz direkt,

00:11:20: er macht sich über sie lustig, ändert seinen Standpunkt die ganze Zeit und auch so sehr heiklend

00:11:25: heben wie zu Waffenlieferungen oder zu Zöllen. Frage wie sehr belastet so was eigentlich die

00:11:31: Arbeit von Diplomat*innen hinter verschlossen Türen? Sie haben ja langjährige Erfahrungen. Das

00:11:36: stelle ich mir nicht so einfach vor. Ja, da hat sich viel im Ton geändert. Da hat sich sehr

00:11:41: viel im Ton geändert. Und Diplomatie ist von der, sagen wir mal, vom Herkommen eher eine leise Kunst.

00:11:50: Also man spricht miteinander nicht so viel übereinander. Und natürlich wird jetzt durch

00:11:56: Truth oder Twitter oder Ex-Diplomatie und dieses Megafon wird es oft sehr erschwert,

00:12:03: noch gute Lösungen und gesichtswahrende Lösungen für alle zu finden. Im Grunde ist ja das Win-Win,

00:12:08: die große Kunst der Diplomatie. Also für alle etwas herauszuholen, etwas zu erzeugen,

00:12:15: womit alle Seiten leben können, in Frieden legen können. Durch diese Art der Diplomatie wird

00:12:22: ein Null-Summspiel erzeugt. Das heißt, einer muss gewinnen und er muss gesehen, dass er gewinnt.

00:12:27: Und ich habe damals auch erlebt, wie sehr das schockiert, als Trumps erster Amtszeit war. Da

00:12:35: ist er zum ersten G7-Gipfel nach Kanada gekommen, nach Lamal B. Es war damals dieser Gipfel, wo dann

00:12:41: das Bild entstand, dass sie vielleicht alle auch noch im Kopf haben, wo Angela Merkel auf ihn

00:12:46: einredet und wo sie so mit den Händen auf der Tischplatte nach vorne bräuchten, vor ihm steht

00:12:53: und versucht ihn zu überzeugen. Also das war so ein Moment, das war sein erster Gipfel, wo die

00:12:59: anderen Staatschefs probiert haben, ihn wirklich noch einzubinden und zu versuchen, mit ihm zusammen

00:13:06: diesen G7-Prozess zu führen. Das war eine ganz lange Nacht der Verhandlungen. Am Ende kam ein

00:13:12: Kommunikär raus. Donald Trump ist dann früher abgereist in sein Flugzeug gestiegen und hat

00:13:18: aus dem Flugzeug dann mit einem Tweet das ganze Ergebnis dieses Gipfels zerschossen. Das sind

00:13:25: natürlich Dinge, die kann man sich nicht vorbereiten, die kann man auch kaum noch einheben, sondern man

00:13:30: muss einfach dann das aushalten mit dem Leben, was man bekommt und im Grunde versuchen, die Dinge

00:13:37: zu kontrollieren, die man selbst kontrollieren kann. Sie haben jetzt, finde ich ganz schön, noch mal

00:13:42: dieses Bild von Angela Merkel, die versucht irgendwie was auf der menschlichen Ebene auch

00:13:47: zu erreichen, noch mal in Erinnerung gerufen. Ich habe am Anfang das aufgezählt mit Helmut Kohle

00:13:51: und dem Saumarken. Also diplomativ passiert ja auch auf so einer menschlichen emotionalen Ebene,

00:13:56: ihre Erfahrung nach, welche Voraussetzungen braucht es dafür, dass diese Ebene überhaupt gegeben

00:14:01: ist oder gelingen kann. Ich glaube die größte Währung, die Diplomatie hat, ist Vertrauen. Macht

00:14:07: gehört natürlich auch dazu, aber ich glaube die wichtigste Währung ist Vertrauen. Und das

00:14:13: Vertrauen erzeugt man, indem man einander trifft, miteinander spricht, aber eben auch belastbar

00:14:20: Vereinbarungen trifft und sich daran hält. Wenn man ständig seine Meinung ändert, ständig die

00:14:26: Dinge wieder zerbricht, die man vereinbart hat, dann entsteht kein Vertrauen und vor allen Dingen

00:14:31: dann entsteht in einem Machtgefälle, so wie es im Moment sehen auch in der Beziehung zu den USA,

00:14:37: dann entsteht eigentlich großes Chaos. Und das ist für internationale Beziehung ebenso wie für

00:14:44: jedes Unternehmen, für jede planbare Aktivität auf der Welt ist das Gift. Sie waren ja von 2015

00:14:56: bis 2017 Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan. Sie haben also das

00:15:01: diplomatische Engagement in Deutschland in diesen Ländern koordiniert. Nehmen Sie uns doch bitte

00:15:05: mal ganz konkret mit, wie funktioniert denn der Austausch zwischen Vertreterinnen und Vertretern,

00:15:10: die in Krisensituationen vor Ort sind, zwischen denen und der Bundesregierung in Berlin? Wie muss

00:15:16: man sich das vorstellen? Wir hatten damals zwei Vertretungen. Wir hatten eine Botschaft in Kabul

00:15:22: und ein Konsulat in Masari Sharif, wo auch ein großes Kontingent der Bundeswehr stationiert war.

00:15:28: Wir hatten eigentlich einen täglichen ständigen Kontakt zwischen dem Lagezentrum im Auswärtigen

00:15:34: Amt, zwischen den Fachreparaten, zwischen dem Auswärtigen Amt, aber natürlich auch zwischen

00:15:40: der Bundeswehr und ihren Soldaten. Das heißt, da finden stetige Informationsflüsse statt. Ich

00:15:47: erinnere aus dieser Zeit als besonders belastend und eigentlich auch dramatisch in vieler Hinsicht,

00:15:53: dass uns damals unser Konsulat in Masari Sharif in die Luft besprengt worden ist und nur mit

00:15:59: ganz großen Glück keiner von unseren Kolleginnen und Kollegen ums Leben gekommen ist. Das war

00:16:04: sehr dramatisch. Das war eine sehr, sehr schwierige Zeit, sehr schwierige Entscheidung, die zu treffen

00:16:11: waren. Am Ende, denke ich, haben wir zu spät gesehen, was nicht mehr möglich war und haben uns

00:16:17: auch ein bisschen dem Wunschdenken ergeben, dass wir mit den Amerikanern zusammen reingegangen sind

00:16:24: und wir würden nur mit den Amerikanern zusammen rausgehen. Also eine sehr schwierige, eine sehr

00:16:29: gefährliche Situation auch für Sie vor Ort. Was hat das bei Ihnen ausgelöst mit dem Blick auf die

00:16:35: Diplomatie? Gab es da Momente, wo Sie gedacht haben, irgendwie funktioniert die eben doch nicht immer

00:16:40: oder haben Sie an Ihrer Mission gezweifelt? Ich habe sicher gezweifelt daran, ob wir wirklich noch

00:16:46: das Richtige alles Richtige tun, weil es ja so offensichtlich allein durch diese Explosionen,

00:16:52: diese Angriffe auf unseren Vertretungen, weil so offensichtlich da unsere Arbeitsbedingungen

00:16:57: nicht mehr gegeben waren. Ich habe daran gezweifelt, ob wir unser Engagement nicht verändern müssten,

00:17:03: aber das sind natürlich auch sehr, sehr große Tanker, die man da bewegt. Ich habe nie an der

00:17:08: ganz großen Mission gezweifelt, dass wir unseren Alliierten da in dieser Situation nach einer Level

00:17:16: auch Solidarität geschuldet haben. Haben wir die Mission zu groß und zu umfangreich angelegt?

00:17:22: Waren wir zu ambitionieren? Das kann man alles diskutieren, aber die Tatsache, dass wir mit den

00:17:29: Amerikanern damals solidarisch gewesen sind und diese Solidarität auch im Artikel 5 der NATO

00:17:36: offeriert haben, das habe ich nie zweifelt. Es ist eine Zeit ganz, ganz großer Veränderungen. Ich

00:17:41: greife nur drei Stichworte raus, Social Media, die Rolle der USA, die Art des Umgangs generell. Wenn

00:17:47: Sie nach vorne gucken, vorsparen, welchen Rat würden Sie denn angehenden Diplomatinnen und

00:17:53: Diplomaten an die Hand geben? Ich glaube, das größte Talent, dass junge Diplomatinnen und

00:17:59: Diplomaten und alle anderen, die in die Welt hinausgehend haben müssen, ist Resilienz. Ist

00:18:06: die Fähigkeit, diese großen Veränderungen anzunehmen und auch nach Niederlagen und schwierigen

00:18:11: Situationen wieder zurückzuspringen? Ich glaube, es ist sehr viel härter geworden, der Druck ist

00:18:16: härter geworden, auch durch Social Media, auch durch die Schnelllebigkeit, die wir erleben. Die

00:18:22: Bedrohungen sind größer geworden, auch die Ängste, die Menschen haben, sind größer geworden. Das heißt,

00:18:27: die Fähigkeit, sich selbst auch wieder zu beruhigen und wieder zu regenerieren, ist, glaube ich,

00:18:33: eines der größten Talente. Ansonsten würde ich junge Leuten empfehlen, sich auch zu spezialisieren,

00:18:39: zu versuchen, mehr zu verstehen. Das heißt, wir haben als Diplomaten eigentlich immer

00:18:45: eingestellt nach dem Generalistenprinzip. Das habe ich schon damals, ich war zwischendrin auch mal

00:18:51: Ausbildunggleiterin, das habe ich schon damals bezweifelt. Wir brauchen Leute, die auch sehr,

00:18:56: sehr tief in der Lage sind, in so Dinge wie Technologien einzusteigen. Wir müssen verstehen,

00:19:02: was kann Quantum Computing eigentlich leisten, auch damit wir es einbauen können und in unsere

00:19:10: außenpolitischen Überlegungen oder wir müssen auch einsehen können, was zum Beispiel die

00:19:15: ganzen Machtkonzentrationen in den Tech Companies bedeutet, auch für unsere außenpolitischen

00:19:22: Überlegungen und dafür brauchen wir auch Leute, die spezialisiert sind. Das heißt, ich würde schon

00:19:27: sagen, geht tiefer, lernt tiefer und spezialisiert euch durchaus in Gebieten, wo wir Kompetenzen

00:19:35: brauchen. Sagt die ehemalige Diplomatin Sabine Sparwasser. Sie war Deutschlands Botschafterin

00:19:40: in Kanada und Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan. Vielen Dank, Frau Sparwasser.

00:19:45: Vielen Dank eben. Wenn wir wie immer am Ende einer Episode, das gerade gehörte nochmal kurz Revue

00:19:55: passieren lassen, dann sind mir ein paar Dinge besonders im Gedächtnis geblieben, ein paar

00:19:59: Formulierungen und Zusammenhänge. Einmal fand ich es sehr interessant, als wir da über die Wechselwirkung

00:20:04: von Diplomatie und militärischer Gewalt gesprochen haben, nochmal diesen Punkt, dass ein Verhandlungsergebnis

00:20:10: natürlich auch gesichert und kontrolliert werden muss. Das ist ja gerade im Fall der Ukraine

00:20:14: auch so ein Knackpunkt, dass dann die Frage ist, selbst wenn man sich jetzt auf einen Frieden

00:20:18: einigen würde, wer sichert diesen Frieden eigentlich, also welche militärischen Truppen. Ich fand

00:20:23: schön die Formulierung die Diplomatie mit der Hammermethode, wie sie Donald Trump beschrieb und

00:20:28: dass die eben langfristig ihrer Überzeugung nach nicht von Erfolg sein wird. Das werde ich

00:20:34: gespannt beobachten, ob sie damit recht behält. Und ganz wichtig den Punkt, dass die größte

00:20:39: Währung der Diplomatie Vertrauen ist. Das fand ich auch nochmal sehr wichtig, sich das vor Augen

00:20:43: zu führen. Martin, wie ging's dir? Ich kann gar nicht so viel ergänzen, aber ein paar Begriffen,

00:20:48: die ich ganz einigstvoll fand. Diplomatie ist die leise Kunst. Das fand ich eine sehr schöne

00:20:53: Formulierung und dass die große Kunst eben dieses Win-Win, sei diese Situation herzustellen. Es ist

00:20:59: viel härter geworden, hat Frau Sparwasser gesagt. Jemand, der da so lange dabei war in dem Betrieb,

00:21:04: der kann das glaube ich wirklich beurteilen. Ich fand es angenehm, fand es immer angenehm,

00:21:08: wenn jemand Rückblick nicht sagt, es doch alles Spitze gewesen, sondern auch durchaus Selbstkritik.

00:21:13: Übte und sagt, ja, aber vielleicht nicht alles richtig. Und nach vorne gedreht, mit Blick auf

00:21:17: nachfolgende Generationen, der fast drängende Rat spezialisiert euch, bohrt ganz tief rein,

00:21:22: kümmert euch um die Themen wirklich, wirklich richtig tief. Das fand ich auch ziemlich eindrucksvoll.

00:21:28: Das hat Spaß gemacht, das Gespräch. Die Resilienz, das fand ich noch einen wichtigen Punkt, die

00:21:31: brauchen ja glaube ich nicht nur Diplomaten und Diplomaten. In der Tat in diesen Tagen. Wohl warm.

00:21:36: Das war's für den Moment. Wir sind am Ende der heutigen Folge von "Pott und die Welt",

00:21:45: die nächste Episode ihres außenpolitischen Updates hören Sie ab dem 31. Juli.

00:21:50: Die nächste Folge wird dann die letzte vor einer kurzen Sommerpause sein. Wir freuen uns,

00:21:55: wenn Sie wieder dabei sind. Jetzt erstmal vielen Dank fürs Zuhören. Ich bin Katharina Peetz.

00:21:59: Und ich bin Martin Bielecki. Danke auch von mir und bis zum nächsten Mal.

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