Neue Bundesregierung, neue Außenpolitik? (mit Benedikt Franke)

Shownotes

„Außenpolitik aus einem Guss“ – das versprach der neue Außenminister Johann Wadephul bei seiner Antrittsrede. Und Friedrich Merz ließ Donald Trump und die ganze Welt bereits vor seiner Wahl zum Bundeskanzler wissen: „Germany is back on track.“

Wie viel Substanz steckt hinter diesen Ankündigungen? Was erwartet man im Ausland von den Neuen? Und wie kann ein konstruktiver Umgang mit der Regierung Trump gelingen, ohne dafür die eigenen Werte verraten zu müssen?

Über diese und weitere Fragen spricht Martin Bialecki in dieser Folge von „Pod und die Welt“ mit Benedikt Franke, dem stellvertretenden Vorsitzenden und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz.

Gast: Benedikt Franke, stellvertretender Vorsitzender und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz (@FrankeBenedikt)

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00:00:00: Es wollte ich gerade sagen, das muss unter uns bleiben, was natürlich beim Podcast relativ schwierig ist.

00:00:05: Aber ich spiegel die einfach mal ohne Wertung wieder, was mir in quasi jedem Trip, den ich mache, wiedergespiegelt wird.

00:00:14: Herzlich willkommen zu einer neuen Episode von "Pott und die Welt - Ihrem Außenpolitischen Update".

00:00:19: Ich bin Martin Bielecki, Chef-Raktör der "Seitschaft Internationale Politik" und ich hauste diese Folge aus,

00:00:25: weil sie ganz alleine Katharina Peetz ist im Wohl für den Urlaub grüßig hinaus in hoffentlich freundliche und entspannte Gegenden.

00:00:32: Wir wollen heute sprechen über die Außenpolitik der neuen Bundesregierung.

00:00:36: Wo soll's denn lang gehen? Mit wem und mit welchen Mitteln? Wie ist das mit den alten Partnern?

00:00:41: Und wer sind vielleicht Neue? Wie schaut man im Ausland auf die Neuen?

00:00:44: Und was erwartet man von ihnen? Was sind die wichtigsten Themen?

00:00:47: Und was bedeutet eigentlich Außenpolitik aus einem Guss?

00:00:51: Es gibt sehr viel zu besprechen und ich freue mich riesig über unseren heutigen Gast.

00:00:54: Erst jemand, der sich mit all diesen und tausend anderen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik praktisch von morgens bis abends beschäftigt.

00:01:01: Er ist Weiß-German und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz der MSC.

00:01:05: Ganz herzlich willkommen, lieber Benedikt Franke.

00:01:07: Lieber Martin, danke, dass ich da sein darf.

00:01:09: Sehr gerne.

00:01:10: Wir zeichnen am Dienstag auf.

00:01:15: Gestern, also am Montag, haben Donald Trump und Vladimir Putin direkt miteinander gesprochen.

00:01:20: Das war das dritte Mal, schon seit Trump beim Amt ist.

00:01:23: Benedikt, wie schaust du denn auf dieses Telefonat? Was heißt das für Europa?

00:01:27: Was heißt das für die Ukraine? Und was heißt das denn für Friedrich Merz?

00:01:31: Ich glaube, zu dem Telefonat ist ja schon so wahnsinnig viel gesagt worden, aber ich möchte einfach drei Punkte noch einmal machen.

00:01:37: Erstens, die, die erwartet haben, dass dieses Telefonat zu einem sofortigen Frieden führt, sind glaube ich etwas naiv an die Sache gegangen.

00:01:45: Zweitens, ich kann trotzdem die Enttäuschung vieler verstehen, die dieses Telefonat von Trump und Putin nicht ganz einzuordnen wissen,

00:01:55: dass das also exzellent gewesen sein soll und dass da sehr viel über die Zukunft der Beziehung der beiden Länder gesprochen wurde,

00:02:02: aber doch relativ wenig konkreter Fortschritt zu zeigen ist.

00:02:06: Ich verstehe die Frustration.

00:02:08: Und mein dritter Punkt ist aber, den habe ich ja jetzt an anderer Stelle heute auch schon gemacht,

00:02:12: man muss auch mal ganz kurz Inhalt und Prozess voneinander trennen.

00:02:17: Die Tatsache, dass Donald Trump sich weiter engagiert, die Tatsache, dass die USA in Anfungszeichen investiert sind,

00:02:25: auch mit Reputationskapital in diese Verhandlungen, ist erstmal gut.

00:02:30: Und wenn es jetzt zu weiteren Gesprächen, vielleicht sogar im Vatikan kommt, ist das Passé auch gut.

00:02:37: Das ändert natürlich nichts an der Ausgangsslage, dass die aktuellen Verhandlungspositionen völlig unvereinbar sind

00:02:43: und dass wir uns alle einig sind, dass ein Verhandlungserfolg eher auf Seiten der Ukraine zu suchen sein sollte und nicht auf Seiten der Russen.

00:02:52: Danke dir, Stichwort Reputationskapital.

00:02:54: Da würde ich gerne nachher nochmal den Bogen schlagen, wenn es um Jayden Vance und andere geht.

00:02:58: Eine aktuelle Frage noch, die Reaktion der Europäischen Union und Brüssel, denn heute ist ja ein weiteres EU-Sanktionspaket.

00:03:06: Verabschiedet worden ist 17.

00:03:08: Man wolle den Druck auf Moskau erhöhen mit den Sanktionen.

00:03:11: Hat Friedrich Merz gesagt, wie siehst du, das ist dieser Weg der Sanktionen weiterhin der Richtige,

00:03:16: auch wenn die USA nur partiell oder gar nicht so richtig beziehen im Moment.

00:03:20: Auch da wieder drei Punkte.

00:03:21: Und ich höre auf im Laufe dieses Podcasts, um mal drei Punkte zu machen, aber hier drei Punkte.

00:03:25: Erstens, Sanktionen sind per se einfach kein grandioses Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik.

00:03:31: Da gibt es 100.000 Studien dazu.

00:03:33: Jetzt ist es aber einfach so, dass wir diesen Weg gewählt haben.

00:03:36: Deswegen zweiter Punkt.

00:03:37: Ich finde es konsequent, dass die Europäer es eben nicht nur angekündigt haben, sondern jetzt auch durchgezogen haben.

00:03:44: Drittens wird das, das Kalkül auf russischer Seite maßgeblich verändern, definitiv nein.

00:03:50: Es ist also eher eine gesichtswahrende Aktion als jetzt eine disruptive Maßnahme.

00:03:57: Ich sage aber auch immer wieder, wir könnten noch deutlich mehr machen.

00:04:02: Und ich finde, wir sollten das auch nicht vom Tisch nehmen.

00:04:05: Es gibt diese Möglichkeit vielleicht doch noch, das eingefrorene Vermögen der Russen direkt anzugehen und nicht nur die Zinsen.

00:04:11: Und man könnte auch mit dem Thema Taurus und anderen Themen vielleicht noch etwas mehr spielen,

00:04:16: weil ich bleibe bei einem meiner Kernpunkte seit Anfang des Krieges.

00:04:20: Wir werden ständig von Putin auf den falschen Fuß erwischt.

00:04:23: Vielleicht ist Zeit, dass wir ihn auch mal auf den falschen Fuß erwischt.

00:04:30: Jetzt ist die neue Regierung ja gerade mal zwei Wochen im Amt.

00:04:33: Natürlich ist es für eine erste Bilanz noch viel, viel zu früh.

00:04:36: Wir machen es aber trotzdem, oder?

00:04:38: Nein, gar nicht so richtig.

00:04:40: Aber es mag ja Veränderungen geben, wenn man sich das anschaut im Auftreten generell.

00:04:46: Im Vergleich zu vorherigen Regierungs geht mir weniger um die Bilanz.

00:04:49: Das wäre nicht seriös, glaube ich.

00:04:51: Aber was hat sich geändert?

00:04:52: Einfach im Ton, im Stil und vielleicht auch mit Blick auf die Inhalte.

00:04:56: Das Ganze möglichst ohne Wertung, aber natürlich hat sich was geändert.

00:04:59: Also jetzt kann man das etwas romantisch sehen und sagen,

00:05:02: jeden Neubigin wohnt ein Zauber inne.

00:05:04: Man kann aber auch einfach mal sehen, dass natürlich ein Bundeskanzler

00:05:08: März anders gefühlt selbstbewusster Auftritt als das Bundeskanzler Scholz gemacht hat,

00:05:15: der sich ja eher so als wahrer, maner und ordner gesehen hat

00:05:19: und nicht so sehr als Visionär und Macher.

00:05:23: Das ist mit beiden nichts falsch und nichts richtig,

00:05:25: aber es ist einfach ein Unterschied im Auftritt zu sehen.

00:05:27: Man muss jetzt auch mal sagen, dass die Mannschaft, die Friedrich Merz aufgestellt hat,

00:05:32: ja jetzt wirklich eigentlich, finde ich, sehr gut ist.

00:05:35: Da sind lauter Experten, lauter sehr honorige und professionelle, langjährige

00:05:42: Außen- und Sicherheitspolitiker unterwegs.

00:05:44: Und dann muss man natürlich auch noch mitnehmen,

00:05:47: dass das, was im Koalitionsvertrag steht, das Thema Investitionenverteidigung,

00:05:53: die Änderungen der Schuldenbremse und die Einführung eines nationalen Sicherheitsrates

00:05:58: halt auch sehr sichtbare, in Anführungszeit Beweistücke,

00:06:02: einer etwas hochgefahrenen Außen- und Sicherheitspolitik sind

00:06:07: und auch auf deine Frage einzugehen, das wird im Ausland wahrgenommen.

00:06:11: Wir kommen ja gerade aus den USA zurück, weil wir unter anderem mit J.D. Wenz selbst

00:06:15: und anderen gesprochen, man sieht, man nimmt zur Kenntnis,

00:06:19: dass sich in Deutschland etwas tut.

00:06:22: Innenpolitisch bei so Themen wie Migration, da kann man jetzt komplett

00:06:25: geteilter Meinung sein, aber insbesondere auch bei Außen- und Sicherheitspolitik.

00:06:29: Und zwar auf eine gute Art und Weise.

00:06:31: Und letzter Punkt aus europäischer Sicht ist natürlich toll,

00:06:34: dass der Bundeskanzler so intensiv mit den anderen Staats- und Regierungschefs

00:06:38: der Europäischen Union konferiert, dass seine ersten beiden Besuche

00:06:42: in Polen und in Frankreich war, was ja vielleicht ein bisschen vernachlässigt

00:06:46: wurde in den letzten paar Jahren, das sieht die ehemalige Bundesregierung anders,

00:06:49: aber fast alle anderen finden, dass deutsch-französische Verhältnisse

00:06:54: und das deutsch-polnische Verhältnisse benötigen, einer Re-Invigoration,

00:06:58: einer Wiederbelebung und dieses gemeinsame Telefonat mit Trump.

00:07:02: Also ein bisschen Geschlossenheit, mehr Geschlossenheit als in der Vergangenheit.

00:07:06: Das sind alles positive Zeichen. Gleichzeitig, die Herausforderungen sind

00:07:11: nicht gleicher geworden und irgendwann wird sich März natürlich auch

00:07:14: in den Ergebnissen messen lassen müssen. Da ist aber noch ein bisschen Zeit hin,

00:07:18: wie du richtig an Weise gesagt hast.

00:07:20: USA, gleich nochmal auf. Ich würde gerne kurz noch bei der neuen Konstellation bleiben,

00:07:25: der Personalkonstellation rund um Friedrich-Mers. Johann Wadepool, der neue Ausminister,

00:07:29: hat die Freundschaft in der Wente Außenpolitik aus einem Guss angekündigt.

00:07:33: Die Voraussetzungen dafür sind eigentlich ganz gut.

00:07:35: Das erste Mal seit 60 Jahren stellt die Regierungspartei auch den Ausminister eben Wadeful.

00:07:40: Im Kanzleramt ist Jakob Schrott angesiedelt, der leitet diesen neuen geschaffenen

00:07:44: National- und Sicherheitsrat und ist gleichzeitig leider das Kanzlergerust.

00:07:48: Was ist das für eine Konstellation? Wie bewährt das zu dieser neue Konfiguration

00:07:52: in so einer außenpolitischen Architektur?

00:07:55: Vielleicht einfach zu den Personen, sowohl der neue Ausminister als auch Jakob Schrott.

00:08:00: Das sind ja Leute, die sich in außen- und sicherheitspolitischen Fragen

00:08:03: nicht erst jetzt beweisen müssen, sondern die das seit Jahren beschäftigt,

00:08:08: dieses Thema. Sie sind also glaubwürdig, Sie haben Street Credibility.

00:08:12: Wir freuen uns natürlich als Münchner Sicherheitskonferenz auch darüber,

00:08:16: dass das zwei langjährige Weggefährten der Münchner Sicherheitskonferenz sind.

00:08:21: Und ich kann diesem Buzzword außenpolitik aus einem Guss sehr viel abgewinnen.

00:08:29: Auf der anderen Seite das Verteidigungsministerium und das Entwicklungsministerium

00:08:34: sind nicht in Unionshand.

00:08:36: Und ich glaube, außenpolitik ist erst dann komplett aus einem Guss,

00:08:40: wenn das alles ineinander greift.

00:08:42: Verteidigung, Entwicklung, Wirtschafts, Finanz und dann natürlich auch klassische Diplomatie.

00:08:48: Und von daher ja, es ist mehr außenpolitik aus einem Guss,

00:08:53: als in der vergangenen Legislaturperiode, aber so ganz aus einem Guss ist es jetzt noch nicht.

00:08:59: Und wir sehen ja schon wieder erste Spaltpilze.

00:09:02: Das Thema Taurus, wo wieder da sind wir in einem gleichen Muster wieder.

00:09:06: Der eine sagt ja, der andere sagt nein.

00:09:08: Und statt dass wir mal wegkommen von dieser aus meiner Sicht falschen Eskalationslogik,

00:09:12: wo wir immer sagen, was wir nicht machen, statt zu sagen, was wir machen wollen,

00:09:16: haben wir die gleiche Diskussion wieder.

00:09:18: Und deswegen ja, ich wünschte mir eine Außenpolitik aus einem Guss.

00:09:22: Sie wird sicherlich etwas mehr aus einem Guss sein, aber we are far from perfect.

00:09:27: Und das Ganze machen wir ein bisschen ohne Not anzukündigen, was wir nicht machen.

00:09:31: Da hat uns niemand so richtig gefragt gerade sagen, aber trotzdem.

00:09:34: Eine letzte Frage noch, ein Personal zu dem Nationalen Sicherheitsrat.

00:09:37: Wenn ihr denkt, das ist ja auch neu insiditionell.

00:09:40: Es ist ein bisschen ein Sicherheitsrädchen geworden im Vergleich zu dem, was vorher diskutiert wurde.

00:09:45: Im Koalitionsvertrag steht, dass er sehr wohl dieses Ressortprinzip aufrechterhalten soll.

00:09:49: Aber eigentlich war ja erwartet worden, dass dieser Nationalesicherheitsrat,

00:09:52: dieses Ressortprinzip, das haben wir mal transzentiert, dass er das auflöst

00:09:56: und da was ganz Neues zusammenführt.

00:09:58: Wie schaust du da drauf?

00:09:59: Also wir haben uns ja als Münchersicherheitskonferenz die letzten Jahre immer wieder mit diesem Thema beschäftigen.

00:10:04: Es gibt ja hunderttausend Arten an, die die Causa Nationaler Sicherheitsrat ran zu gehen.

00:10:10: Jeder kennt den in den USA, aber viele andere Länder haben das auch und keiner ist gleich.

00:10:15: Ich bin der Meinung, das ist aber meine ganz persönliche Meinung,

00:10:19: dass es nicht immer sinnvoll ist, auf dieses Thema Ressortkoordinierung zu schauen.

00:10:25: Sondern ich bin eher ein Fan der Idee, dass ein nationaler Sicherheitsrat ganz explizit

00:10:30: sich den großen schweren Themen annimmt, die auf der Metaebene zu finden sind.

00:10:36: Also Abhängigkeiten der Bundesrepublik, Verwundbarkeiten der Bundesrepublik,

00:10:41: Erpressungspotenzial der Bundesrepublik, sei es durch Energielieferungen,

00:10:45: Wirtschaftsbeziehungen und andere Dinge.

00:10:47: Da gehören aus meiner Sicht auch Dinge rein, wie in Anfangs das Thema Resilienzschutz,

00:10:52: kritischer Infrastruktur, dass das eben nicht nur bei den jeweiligen Unterministerien landet,

00:10:56: sondern dass das Chefsache ist.

00:10:58: Dazu benötigt es keine Ressortkoordinierung, sondern es ist eher ein Kontrollmechanismus,

00:11:04: das ist ein Mechanismus, der regelmäßig Themen dem Kanzler vorlegt.

00:11:08: Und deswegen ist das, glaube ich, mit Jakob, der dann auch die Leitung des Kanzlerberus hat,

00:11:13: eigentlich eine sehr gute Entwicklung.

00:11:15: Er wird doch selbstverständlich dafür sorgen, dass die Themen, die dieser Rate arbeitet,

00:11:18: das auch irgendwie zum Kanzler schaffen.

00:11:20: Und da gibt es dann nicht noch vier Freigabeschleifen und fünfmal ein redigierten Vermerkens

00:11:25: und es wird relativ direkt gehen.

00:11:27: Und ich glaube, das war ein Meisterstückchen,

00:11:30: dass dieser Rat einfach sehr, sehr nahe beim Bundeskanzler direkt angesiedelt ist.

00:11:34: Ich hoffe, dass wir uns nicht diesem Tagdraum hingeben,

00:11:38: dass so ein Nationaler Sicherheitsrat alle Ministerien und deinen Hut bringt.

00:11:41: Das kriegt man nicht hin und deswegen, das ist ein Kampf, den man nicht kämpfen sollte.

00:11:45: Die Schwierigkeit wird sein sichtbaren Mehrwert für alle,

00:11:49: zu schaffen. Dass am Ende alle der Meinungen sind, wow, das hat geholfen. Ich glaube, es ist nicht

00:11:54: unmöglich, aber es ist auch nicht reich.

00:11:56: Benedikt, du bist ja für die MSc, für die Münchner Sicherheitskonferenz ständig in der

00:12:05: in der beiden Welt unterwegs, für das Gespräch mit hochrangigen Politikerinnen und Politikern.

00:12:08: Eine zweizeitige Frage, wenn wir jetzt mal die Perspektive wechseln und den Sicherheitsrat

00:12:13: in ähnliche Dinge verlassen. Erstens, was wünscht man sich denn von Deutschland und

00:12:17: zweitens vielleicht noch wichtiger, was erwartet man sich denn jetzt von den Neuen?

00:12:22: Es wollte ich gerade sagen, das muss unter uns bleiben, was natürlich beim Podcast relativ

00:12:25: schwierig ist. Aber ich spiegel die einfach mal ohne Wertung wieder, was mir in quasi jedem

00:12:32: Trip, den ich mache, wiedergespiegelt wird. Erstens, Deutschland hat eine Tendenz zum

00:12:38: moralisierenden Kurzbesuch. Also eine Außenministerin, ein Außenminister besucht vier Länder in drei

00:12:44: Tagen ist überall genau eine halbe Stunde und dann eine Stunde Pressekonferenz und es wird

00:12:50: hauptsächlich darüber geredet, welche Dinge problematisch sind, was nicht eingehalten wird

00:12:54: und was schwierig ist. Und dann werden auch sogenannte Habitate der Kooperation, Klima

00:12:59: und so weiter irgendwie rausgekramt, damit man auch was Positives hat. Deutschland hat große

00:13:04: Soft Power Potenzial. Das muss man allerdings pflegen. Das heißt, wir müssen aus meiner Sicht

00:13:11: viel mehr investieren in die tatsächliche bilaterale Beziehungspflege. Das bedeutet,

00:13:17: bitte nicht drei Länder in zwei Tagen, sondern dann bleibt man doch mal bitte zwei Tage in einem

00:13:22: Ort. Ich weiß, das finden die Büros von Außenministerinnen und Außenminister ganz schlimm,

00:13:28: aber man muss Vertrauen aufbauen. Man muss mit den handelnden Akteuren persönliche Beziehungen

00:13:33: aufbauen. Ich bin der Meinung, wir täten uns ein, wenn wir sowohl die europäischen als auch die

00:13:38: deutschen Botschaften hier und da wieder ein bisschen hochfahren, wenn wir auch solche Soft Power

00:13:43: Instrumente wie die Goethe-Institute oder die Außenhandelskammern fördern würden. Wir Deutschen,

00:13:49: wir Europäerinnen und Europäer brauchen ein noch breiteres Netz an Partnern und Freunden. Ja,

00:13:54: wir sollten immer daran arbeiten, dass wir die Amerikanerinnen und Amerikaner nicht verlieren.

00:13:58: Wir können auch nicht für ewig davon ausgehen, dass das die einzige Partnerschaft ist. Wir müssen

00:14:03: sie ergänzen, nicht ersetzen, ergänzen und das bedeutet, dass auch Länder wie, was weiß ich,

00:14:09: Maurizios Togo und Argentinien extrem wichtig für uns sind. Die haben auch alle eine Stimme in der

00:14:14: UN Generalvollversammlung und das bedeutet, dass wir uns hoffentlich auch regierungsbreit ein

00:14:19: bisschen aufteilen und mal schauen, wo wir als Deutsche zu wenig Präsenz gezeigt haben und wo

00:14:25: man auch mal für ein, zwei Tage hinfahren sollte, um in der Tiefe mit anderen Ländern zu reden und

00:14:30: auch mal deren Sorgen und Nöte wirklich zu verstehen. Und ich glaube, da gibt es unendlich

00:14:35: viele Low-Hanging-Fruits, die wir einfach nur greifen müssen. Das ist jetzt nicht naiv von mir,

00:14:41: sondern das spiegelt mir jede deutsche Botschaft weltweit, die ich ja dann auch besuche, wenn

00:14:46: ich in den jeweiligen Ländern bin. Wir hätten noch unendlich viele Möglichkeiten mehr aus unserem

00:14:52: Beziehungsnetzwerk zu machen. Wenn wir mal auf März Amtszeit schauen jetzt auf die ersten Monate,

00:14:57: ein paar Länder hast du genannt, welche Partner könnten denn besonders wichtig werden und warum?

00:15:03: Also ein paar habe ich tatsächlich schon genannt. Ich habe gesagt, das deutsch-polnische

00:15:06: Verhältnis ist wichtig, das deutsch-französische Verhältnis ist wichtig. Ich habe mich gefreut

00:15:10: über den herzlichen Empfang, den Ministerpräsident Meloni Friedrich Merz bereitet hat. Auch Italien

00:15:15: ist einfach ein extrem wichtiger und bisher oft unterschätzter Partner der Bundesrepublik.

00:15:20: Die USA, da können wir jetzt ewig lang drüber reden, aber wir können, wir dürfen die USA nicht

00:15:24: verlieren und es ist wichtig, dass wir den Mehrwert der transatlantischen Allianz und auch der Zusammenarbeit

00:15:30: mit der Bundesrepublik immer wieder neu erklären. Wir haben zu viele Amerikaner und Amerikaner

00:15:35: verloren, die nicht mehr sicher sind, dass es diese Partnerschaft braucht. Und ich glaube,

00:15:39: das müssen wir unterstreichen. Und jetzt, wenn ich mal in die Welt schaue und mir

00:15:43: diese ganzen Mittelpowers anschaue, da sind wir zu schwach auf der Brust. Also die Türkei ist

00:15:47: doch eigentlich ein Land, das haben wir jetzt immer in so eine Schmuddelecke gestellt und ja,

00:15:51: die Beziehungen zu Präsident Erdogan sind auch nicht ganz sorgenfrei. Aber wir müssen solche Länder,

00:15:56: wie Saudi-Arabien, wie die Türkei, wie Indonesien, wie Südafrika, wie Brasilien, die müssen wir

00:16:02: pflegen. Das sind ganz wichtige Länder, nicht nur als mögliche Wirtschaftsmarkte, nicht nur im Sinne

00:16:09: diversifizierter Lieferketten, sondern das sind strategische Partner. Und Last but not least,

00:16:14: auch Indien und China. Und einer ist nicht der Ersatz für den anderen, das ist mir immer wichtig,

00:16:20: sind Schwerpunktländer. Da müssen wir hin und deutlich stärken.

00:16:25: Dann würde ich gerne im letzten Teil Benedikt noch mal ein bisschen tiefer in die USA rein bohren.

00:16:34: Musste ich einfach fragen, weil du so nah dran bist in Washington. Da hat die MSC als auch ein

00:16:38: eigenes ständiges Büro in die See. Du warst da bei der Öffnung und im Rahmen eurer großen

00:16:43: MSC-Veranstaltung vor zwei Wochen, was du auch mit JD Burns gesprochen. Da hat auch ein Auftritt,

00:16:48: der für viele sehr überraschend war, weil der sich ganz ganz anders gegeben hat als bei dem

00:16:52: Auftritt bei der MSC in Deutschland im Februar. Deutlich versöhnliche, offener Konziliante.

00:16:58: Kannst du uns was sagen, wie dein Eindruck generell war in Washington, aus ein bisschen auf den

00:17:02: Fluren und den Entzimmern, wo jetzt nicht jeder dabei ist, von Vans, aber auch von den anderen

00:17:06: Amerikanern? Ich bin deutlich optimistischer aus den USA zurückgekommen, als ich hingefahren bin.

00:17:11: Ich finde natürlich, dass ich jede einmal diese 25 Minuten des Gesprächs zwischen Wolfgang Ischinger

00:17:17: und JD Vans anschauen sollte. Ich finde, der Vizepräsident und natürlich auch unser eigener

00:17:23: Präsident des Stiftungsrats haben das hervorragend gemacht. Das waren keine einfachen Fragen.

00:17:27: Das waren keine vorbesprochenen Fragen. Das waren harte, außenpolitische Elefanten im Raum,

00:17:32: wie es die MSC so gerne hat. Und ich finde, Vans hat die gut pariert und wenn ich auch nicht mit

00:17:37: allem inhaltlich einverstanden bin, ich kann seine Ratio ab und zu verstehen. Und der Punkt,

00:17:43: wo viele Deutsche regelmäßig, finde ich, daneben lang ist, dass wir denen keine Ratio

00:17:49: zugestehen. Dass wir sagen, das ist also Mad King und Mad Vice King sozusagen, die da einfach mal

00:17:56: auf alles draufhauen. Ich glaube auch weiterhin, dafür kriege ich ja immer viel Kritik, aber ich

00:18:00: glaube es einfach und bin einer der Wenigen, die glaube ich mit Vans davor und danach darüber

00:18:04: gesprochen haben, dass die Rede in München einem ganz klaren strategischen Ziel zuzuordnen ist.

00:18:09: Es gibt Leute, die behaupten, es war keine außenpolitische Rede. Ich behaupte, wenn du diese Rede

00:18:14: evaluierst, nicht nach dem Ton, in der er sie gehalten hat, nicht nach den zum Teil exotischen

00:18:20: Beispielen, der er verwendet hat, sondern nur nach der außenpolitischen Wirkung war das eine

00:18:24: wirklich eindrucksvolle außenpolitische Rede. Das Problem mit dieser Rede war, dass sie ihren

00:18:29: Zweck, nämlich die Europäer zu einem deutlich Momentum in der Sicherheitspolitik zu verleiten,

00:18:35: das hat es so gut erfüllt, dass man aus Sicht der Amerikaner hier und dagegen steuern musste.

00:18:39: Und dass man das dann auf einer unserer Veranstaltung mit unserer Sichtbarkeit und mit der Hintergrundgeschichte

00:18:45: macht, ist ja auch selbstverständlich. Ich bleibe dabei, die Trump-Administration ist nicht

00:18:52: glücklich mit dem Verhältnis mit Europa. Es ist ja wirklich nicht von der Hand zu weisen,

00:18:57: dass wir nicht genug für unsere eigene Verteidigung tun und getan haben. Es ist auch nicht von der Hand zu

00:19:01: weisen, dass die Regulierung, die wir aus Brüssel sehen, nicht immer nur unsere eigenen Firmen

00:19:09: hart trifft, sondern insbesondere auch die aus den USA. Also ich glaube, wir haben dieser Narrative,

00:19:13: dass Europa jetzt nicht uneingeschränkt positiver verbündeter ist, haben wir selber schon viel

00:19:18: Vorschub geleistet. Ich glaube, wir können aber relativ schnell gegensteuern, ohne unsere eigenen

00:19:23: Werte zu verraten. Ich komme wieder zu dem Punkt, es muss eine strategische Aufgabe des Bundeskanzlers

00:19:28: und seines Teams sein, dafür zu sorgen, dass nicht nur Trump, sondern auch seine Wählerinnen und

00:19:33: Wähler, sein Kabinett und alle anderen Europa eher wieder als Asset und nicht so sehr als

00:19:41: Newsons als Ärgernis sehen. Das kriegen wir hin, ohne, das ist nochmal wichtig, ohne unsere Werte

00:19:46: zu verraten. Und was natürlich bei dieser Vans-Rede oder dieser Question-Answersession besonders

00:19:52: wichtig war, war, dass er Gesprächsbereitschaft zu all diesen Themen gezeigt hat. Und wir wissen doch

00:19:57: selber, dass der Umgang mit der AfD irgendwie schwierig ist. Wir wissen doch selber, dass die

00:20:02: Präsidentschaftswahlen in Rumänien sagen, ja selbst die Rumänen selbst, dass das vielleicht hier

00:20:06: und da eine überzogenen Entscheidung war. Wir wissen selbst, dass viele dieser populistischen

00:20:11: Parteien zwar die richtigen Fragen stellen, aber keine Antworten geben. Und sein Punkt ist, ja dann

00:20:17: habt doch die Diskussion und entlarvt die, da tut man sich natürlich von der Ferne her leicht. Das ist

00:20:23: für uns Deutsche alles ein bisschen schwieriger. Aber ich glaube, wenn ich eine Sache jetzt

00:20:27: mitgenommen habe aus den USA, dann ist es die Gesprächsbereitschaft. Und jetzt mein letzter

00:20:33: Punkt und dann bin ich auch still an der Stelle, Martin, ist, es können aus meiner Sicht auch mehrere

00:20:37: Dinge wahr sein und das wollen wir auch immer nicht wahrhaben. Es kann wahr sein, dass es einen

00:20:43: groben außenpolitischen Plan gibt. Es kann wahr sein, dass Trump aber gegebenfalls hier und da diesen

00:20:49: Plan durchkreuzt, weil er chaotisch und eher kurzfristig denkt. Es kann auch sein, dass die Pläne

00:20:55: nicht zusammenpassen. Also, dass der Handels- und Zollplan nicht so ganz zu dem Plan passt, dass

00:21:00: sich Europa in Zukunft selber verteidigen kann. Dass die Eigenständigkeit Europas auch nicht

00:21:04: zusammenpasst, mit dem wir wollen amerikanische Waffen verkaufen. Dass diese Pseudal-Rivers-Kissinger-Theorie

00:21:10: nicht mit der Realität zusammenpasst. All das kann gleichzeitig wahr sein. Wir versuchen aber

00:21:15: Trump in ein Schema zu quetschen. Das wird uns nicht gelingen. Deswegen, wenn ich mit einem Appell

00:21:21: enden darf, dann ist es, ich glaube, wir müssen die Sorgen der Amerikaner ernst nehmen. Wir dürfen

00:21:27: uns nicht ständig in Schnapparten versetzen lassen. Wir müssen unseren Mehrwert deutlich

00:21:32: herausstellen und zuletzt müssen wir auch dafür sorgen, dass unser Netz an Freunden und Partnern

00:21:37: belastbarer und breiter wird. Sagt Benedikt Franke, Weiß-German und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz

00:21:43: der MSc. Lieber Benedikt, ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Danke, ihr Lieber Martin.

00:21:47: Zum Schluss einer Episode, wie immer der Versuch aus dem gerade besprochenen so eine Art

00:21:56: Essence herauszufiltern. Sätze oder Gedanken, die besonders haften geblieben sind. Bei mir ist

00:22:02: das heute eine ganze Menge, weil das ein Gesprächspartner war, Benedikt Franke, der sehr, sehr

00:22:07: nah dran ist und der wirklich mit J.D. Vance unmittelbar spricht und mit vielen anderen auch.

00:22:13: Und der eine etwas andere Perspektive auf die Dinge hat, dass er die Ratio verstehen kann

00:22:18: der US-Regierung oder des Präsidenten und das Vizes. Das fand ich spannend, dass er optimistischer

00:22:23: zurückkam aus Washington als er hingefahren ist. Das ist gut. Der Appell an Deutschland,

00:22:28: Liebesland, nutze deine Softpower mehr. Ob das die Goethe-Institute sind oder die Außenhandels,

00:22:33: kann man das, fand ich, sehr, sehr interessant. Da werden wir auch in der EP mal ein bisschen

00:22:37: tiefer reinbohren und reinleuchten, das Thema Softpower. Andere Länder, die Mittelpower,

00:22:42: das wir dazu wenig machen in den vergangenen Jahren, das ist natürlich sehr wahr. Da gibt's

00:22:46: ganz, ganz viel zu tun und ganz viel zu ernten, glaube ich auch. Ob man nun seine Ansichten

00:22:51: über Sanktionen und das, die nicht funktionieren würden, teilen muss oder nicht, aber das

00:22:55: ist mir auch sehr im Ohr geblieben. Also insgesamt ein sehr viel realpolitisischerer Ansatz, sage

00:23:00: ich mal, als von vielen anderen. Aber wenn jemand, der so nah dran ist, so positiv auf die

00:23:04: Dinge guckt, dann stimmt ein das ja selber in unruhigen Zeiten auch ein bisschen hoffnungsvoller.

00:23:09: Und damit geht sie zu Ende, diese Folge von POTZ und die Welt. Die nächste Episode können

00:23:17: Sie ab dem 5. Juni hören, dann sind wir auch wieder zu zweit hier im "Gripe Asyl", Katharina

00:23:23: Peces dann zurück. Freuen Sie sich um unseren nächsten Gast für Ihr Außenprojectes Update.

00:23:28: Schön, dass Sie heute bei uns waren. Ich bin Martin Bielecki und ich danke herzlich für Ihr Zuhören.

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