Vermitteln statt verschweigen: Außenpolitik erklären – aber wie? (mit Ulrike Franke)
Shownotes
Wie viel Geld sollte ein Land wie Deutschland für seine Verteidigung ausgegeben? Was bedeuten amerikanische Präsidentschaftswahlen für Europas Sicherheit? Und warum hat eine liberale Demokratie überhaupt Streitkräfte? In kaum einem Bundestagswahlkampf zuvor wurden solche Fragen so intensiv diskutiert wie in diesem.
Gut so, denn: Über Außenpolitik muss mehr gesprochen werden, am besten regelmäßig – aber wie? In der neuen Folge von „Pod und die Welt“ sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz mit der Sicherheitsexpertin Ulrike Franke über angemessene politische Kommunikation in Zeiten multipler Krisen.
Von Kriegen, Ängsten und gefährlichem Halbwissen schreibt Ulrike Franke auch in ihrem aktuellen Essay, der am 24. Februar in der neuen IP erscheint – und hier vorab online zu lesen ist.
Gast: Ulrike Franke, Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations (ECFR) (@rikefranke.bsky.social)
Links und Empfehlungen aus der Folge:
- Von Kriegen, Ängsten und gefährlichen Halbwissen, Ulrike Franke, Internationale Politik (2025).
- Sicherheitshalber. Der Podcast zur Sicherheitspolitik., Ulrike Franke, Carlo Masala, Frank Sauer und Thomas Wiegold.
Die IP zum Lesen? Gibt es natürlich auch! Ob zur Probe, im Jahresabo oder als Geschenk: Das passende Angebot finden Sie hier.
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Transkript anzeigen
00:00:00: In allen meinen Kontakten mit Militärs aus liberalen Demokratie, das letzte, was die wollen,
00:00:05: ist Kriegführung, denn die sind ja die ersten an der Front.
00:00:08: Solche Stimmen mehr zu hören, würde, glaube ich, auch der deutschen Debatte sehr gut tun.
00:00:11: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Pott und die Welt", ihrem außenpolitischen
00:00:16: Update.
00:00:17: Wir freuen uns, dass Sie dabei sind.
00:00:18: Wir sind in der Moderation dieses Podcasts, heute der 2.
00:00:21: Ich bin Martin Bielecki.
00:00:22: Und ich bin Katharina Peetz.
00:00:24: Wir wollen heute über Außenpolitik sprechen und zwar Außenpolitik.
00:00:28: Ich zerv sozusagen nicht über einen Gipfel, einen Konflikt oder einen Präsidenten, sondern
00:00:32: über die Frage, wie man Außen- und Sicherheitspolitik eigentlich einer Bevölkerung gut vermittelt,
00:00:37: und zwar so, dass sie nicht nur im Wahlkampf ein Thema ist, sondern das eben regelmäßig
00:00:41: darüber gesprochen wird.
00:00:42: Die These ist ja, dass Außen- und Sicherheitspolitik, denn allermeisten Deutschen, die sich
00:00:45: überhaupt für Politik interessieren, gar nicht so wirklich wichtig ist, beziehungsweise
00:00:49: dass ihnen die Rente oder die Bundesliga, die Umgehungsstraße oder ein Tatort eben viel
00:00:54: wichtiger sind als die Ukraine zum Beispiel, das Verhältnis zu den USA oder die Probleme
00:00:59: der Europäischen Union.
00:01:00: Da muss man natürlich dazu sagen, dass es viele Menschen gibt, die sich um ihre eigenen
00:01:04: Probleme auch kümmern müssen, aber eben längst nicht alle.
00:01:07: Außen- und Sicherheitspolitik wirkt ja oft eher abstrakt als etwas, was einen vielleicht
00:01:10: nicht so sehr interessieren muss, weil man auch nicht so einen direkten Einfluss darauf
00:01:13: hat, als dass es einfach irgendwie sehr weit weg ist, nicht was konkret mit dem eigenen
00:01:17: Leben zu tun hat.
00:01:18: Gut, dass es Menschen gibt, die sich schon eine ganze Weile eben nicht nur mit Außen- und
00:01:22: Sicherheitspolitik beschäftigen, sondern auch mit ihrer Vermittlung und den Debatten.
00:01:25: Wir freuen uns sehr, dass Ulrike Franke bei uns ist, Sicherheitsexpertin beim European
00:01:29: Council on Foreign Relations, Politikwissenschaftlerin und selbst sehr erfolgreiche Podcasterin.
00:01:34: Hallo Frau Franke.
00:01:35: Hallo Nischen, guten Tag.
00:01:36: Hallo.
00:01:37: Der damalige Verteidigungsminister Peter Strock hat vor gut 20 Jahren gesagt, Deutschland's
00:01:44: Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt.
00:01:47: Da hat er dieses sehr weit entfernte Afghanistan dann irgendwie so direkt ins deutsche Wohnzimmer
00:01:51: geholt.
00:01:52: Sie begleiten Debatten in der Außen- und Sicherheitspolitik ja schon sehr lange.
00:01:56: Ist den Menschen ausreichend klar, dass Sicherheits- und Außenpolitik Auswirkungen auf ihr eigenes
00:02:01: Leben hat?
00:02:02: Also ich denke ganz grundsätzlich eher nicht, wobei sich da in den letzten Jahren natürlich
00:02:06: schon auch sehr viel getan hat.
00:02:08: Ich denke, wir hatten in den 30 Jahren, die so nach dem Fall der Mauer kamen, 89, 90,
00:02:13: Ende der Sowjetunion und all so was eine Zeit, in der wir es uns alle auch irgendwie leisten
00:02:18: konnten über Themen der Außen- und vor allen Dingen auch der Sicherheitsverteidigungspolitik
00:02:23: einfach sehr wenig nachzudenken.
00:02:24: Das waren, ja muss man auch so sagen, sehr angenehme Jahre, ar-passierte, geopolitisch
00:02:29: gesprochen, also jetzt wirklich Big Picture, relativ wenig.
00:02:32: Es gab wenig Gefahren für uns und wir waren von diesen Gefahren auch noch sehr gut beschützt
00:02:37: durch NATO, USA etc.
00:02:40: Raul mussten darüber quasi nicht nachdenken.
00:02:42: Und das hat sich in den letzten ungefähr 10 Jahren geändert und wir tun uns gerade in
00:02:47: Deutschland, auch generell in Europa, war gerade in Deutschland durchaus schwer damit
00:02:51: klarzukommen, das zu verstehen.
00:02:52: Natürlich gab es diesen Moment des sogenannten Erwachens, also auch gerade dieses Bild hat
00:02:56: ja die Außenministerin Baerbock immer wieder viel verwendet.
00:02:58: Den Moment des Erwachens am 24.
00:03:00: Februar 22, wo glaube ich auch viele Menschen in Deutschland sich mal ganz konkret die
00:03:04: Frage stellen mussten, ist das jetzt eine Gefahr direkt für meine Sicherheit, direkt
00:03:08: für meinen Wohlstand, kann ich im Winter mein Haus noch heizen oder gar, wie gesagt,
00:03:12: ist das eine direkte Gefahr für quasi meine körperliche Sicherheit.
00:03:15: Aber auch seitdem und in den letzten drei Jahren, wo dieser schreckliche Krieg in der
00:03:18: Ukraine ja einfach weiterläuft, glaube ich, ist auch dieses Gefühl schon wieder verblasst
00:03:22: insofern.
00:03:23: Also so richtig, dass man merkt, okay, Außensicherheitspolitik ist was, was mich konkret angeht, womit
00:03:28: ich mich auch beschäftigen muss, vielleicht auch wirklich ganz persönlich und vielleicht
00:03:32: auch manche Dinge tun muss.
00:03:33: Das ist glaube ich etwas, was wir alle in Deutschland noch einigermaßen wenig auf dem Schirm haben
00:03:38: bzw. auch eigentlich nicht so richtig hören wollen, weil es natürlich eher unangenehm ist.
00:03:43: Wir haben einfach sehr lange in Friedenszeiten gelebt, wenn man das so zusammenfassen kann,
00:03:48: was muss sich da ändern, wie kann man das ändern, Frau Franke?
00:03:51: Ja, wir haben zum einen in Friedenszeiten gelebt und gleichzeitig noch in Zeiten, in
00:03:54: denen uns auch immer wieder quasi suggeriert wurde.
00:03:57: Das war es jetzt, also nicht nur es ist gerade Frieden, sondern es ist jetzt auch eigentlich
00:04:00: immer Frieden.
00:04:01: Und ich sage das ja als jemand, die genau in dieser Zeit groß geworden, erwachsen geworden
00:04:05: ist, also diese sogenannte Millennials Generation, aber alle Deutschen sind da ja durchgegangen
00:04:09: von der Europäer.
00:04:10: Und das war so ein bisschen diese Überlegung des Endes der Geschichte.
00:04:14: Es passiert nichts mehr.
00:04:15: Diese ganze Frage von militärischem Wettbewerb ist auch irgendwo obsolet zu einem gewissen
00:04:19: Grade und was machen eigentlich noch diese anderen Länder mit ihren Streitkräften und
00:04:23: wir können jetzt wirklich mal die Bundeswehr eigentlich abbauen.
00:04:25: Und das war glaube ich vor allen Dingen der Punkt, gar nicht mal so die Tatsache, dass
00:04:29: es Frieden gab.
00:04:30: Und damit mich niemand falsch versteht, es gibt nichts Besseres als Frieden und natürlich
00:04:33: ist das Ziel immer, dass es Frieden geben soll, aber Frieden muss eben auch gesichert
00:04:37: werden.
00:04:38: Und wir müssen sicher gehen, dass wir den Frieden erhalten und gleichzeitig nicht vergessen,
00:04:42: dass es auch Gefahren gibt.
00:04:43: Es gibt natürlich nicht das eine Patentrezept, wenn ich das hätte, wäre es einfacher.
00:04:46: Aber ich glaube, wir brauchen einen Mix.
00:04:48: Also vor allen Dingen brauchen wir eine bessere Diskussion.
00:04:50: Es ist natürlich so ein Allgemeinplatz, irgendwie als Forscherin immer zu sagen, wir müssen
00:04:53: mehr über Dinge reden, aber das ist es nun einmal.
00:04:55: Wir müssen mehr erklären, wie Sicherheitsverteidigungspolitik auch funktioniert.
00:05:00: Das haben wir nämlich auch in diesen letzten 30 Jahren oder was.
00:05:03: So ein bisschen vergessen, so ein bisschen verdrängt.
00:05:05: Also zum Beispiel Dinge, wie man hat nicht als liberale Demokratie Streitkräfte, weil
00:05:11: man irgendwie plan sein, der Nachbarn anzugreifen, sondern man hält Streitkräfte vor, um in
00:05:15: der Lage zu sein, sich selber zu verteidigen, um in der Lage zu sein, seine Verbündeten
00:05:19: zu verteidigen und auch eben vor allen Dingen zur Abschreckung, dass einen von vornherein
00:05:23: niemand angreift, weil man in der Lage ist, sich zu verteidigen.
00:05:26: Militärische Fähigkeiten sind eben auch Teil des politischen Instrumentenkasten.
00:05:30: So und es gibt einen Grund, warum bei manchen Themen irgendwie, sagen wir mal die EU nicht
00:05:34: mit am Tisch sitzt, aber die USA oder auch Russland und das hat sehr viel mit militärischen
00:05:39: Fähigkeiten zu tun.
00:05:40: Ich glaube auch, wir brauchen ein paar Akteure, die sich insbesondere in Deutschland mehr
00:05:45: einschalten müssen, insbesondere wirklich von der militärischen Seite.
00:05:48: Ich finde, es in Bärd ja nicht in einer gewissen Ironie, da können jetzt mal die Zuhörerinnen
00:05:53: überlegen, wer sind denn so die Militärexperten, jetzt wirklich die Militärexperten, die in
00:05:58: den letzten drei Jahren in den deutschsprachigen Medien bekannt und groß geworden sind aus
00:06:02: guten Grund und die man so kennt?
00:06:03: Wenn man jetzt wirklich über die nachdenkt, die anderweitig sonst auch Uniform tragen,
00:06:08: sind das interessanterweise fast keine Deutschen.
00:06:10: Das sind Österreicher, was in keinster Weise schlecht oder verurteilt und zwerd oder sonst
00:06:14: was ist, aber es ist in Bärd halt nicht in einer gewissen Ironie, ob der Tatsache, dass
00:06:18: Österreich jetzt doch erst ein kleineres Land ist mit einem kleineren Militär.
00:06:21: Aber deutsche Militär ist also wirklich eben ehemalige oder aktuelle Bundeswehr, Soldatenoffiziere,
00:06:27: generelle, äußern sich in der öffentlichen Debatte sehr wenig.
00:06:31: Es gibt strukturelle Gründe dafür, gibt es alle möglichen Gründe für.
00:06:34: Aber ich glaube tatsächlich, das würde helfen.
00:06:35: Das würde nämlich auch helfen, bei vielen Menschen so eine Abneigung oder so ein Misstrauen
00:06:40: abzubauen, so in die Richtung geht nach dem Motto Militärs wollen, Krieg führen.
00:06:44: Denn ich kann Ihnen eine Sache sagen, in allen meinen Kontakten mit Militärs aus liberalen
00:06:48: Demokratie, das letzte, was die wollen, ist Krieg führen, denn die sind ja die ersten
00:06:52: an der Front.
00:06:53: Und zum Beispiel eben solche Stimmen mehr zu hören, das ist jetzt ein Beispiel, aber solche
00:06:56: Stimmen mehr zu hören, würde glaube ich wirklich auch der deutschen Debatte sehr gut tun.
00:06:59: Da sind wir also auf der Ebene von, welche Debatten führen wir, auf welcher Ebene mit
00:07:08: wem sprechen wir.
00:07:09: Gibt es denn sonst Ideen, Formate, vielleicht auch positive Beispiele, die Sie schon selber
00:07:14: erlebt haben, wie man eben in der Bevölkerung auch ein austauschter Diskussion darüber stärker
00:07:19: verankern kann?
00:07:20: Also ich meine, ich habe ja insofern die eigene Erfahrung, als dass ich ja nicht nur in
00:07:24: deutschsprachigen Medien eben Interviews geben darf, Auftreten darf, sondern wir haben ja
00:07:29: auch seit ja jetzt sechs Jahren einen Podcast zu Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
00:07:34: Sicherheitshalber heißt, manche drei Kollegen zusammen und wir haben den damals ganz dezidiert
00:07:38: gegründet, eben mit diesem Ziel zu sagen, wir müssen über diese Themen mehr reden,
00:07:42: wir müssen ausführliche darüber reden, als dass die Medien leisten können oder wollen.
00:07:47: Also viel hat auch mit können zu tun, Mediensegmenten sind über kurz, da kann man nicht unbedingt
00:07:52: auch so grundsätzliche Dinge vermitteln.
00:07:54: Eben durch das Medium Podcast glaube ich, kann man da viel tun.
00:07:57: Wir versuchen auch immer zum Beispiel einen gewissen Unterhaltungswert zu haben.
00:08:00: Es ist auch eine riesen Debatte, ob man das überhaupt auf bei so einem Thema.
00:08:03: Ich würde sehr klar sagen ja, aber ich glaube so einen Format und es geht mir jetzt nicht
00:08:08: darum zu sagen hier, das ist die eine Lösung natürlich nicht, aber so ein Format glaube
00:08:12: ich hilft Menschen diese Debatten näher zu bringen, ohne eben immer direkt an irgendwie
00:08:17: eine Aktualität geknüpft zu sein.
00:08:19: Denn wenn man direkt an die Aktualität geknüpft ist, dann ist es, ich will sagen, fast schon
00:08:23: ein bisschen zu spät.
00:08:24: Also wenn jetzt gerade irgendwie die NATO-Minister darüber reden, wie man die NATO-Ostenflanke
00:08:28: stärken kann oder eben die Verteidigung auch ohne die USA, dann ist das gut.
00:08:32: Aber wenn man dann in dem Zuge auch noch erklären muss, wie funktioniert eigentlich die NATO,
00:08:36: warum machen wir das eigentlich?
00:08:37: Was haben wir in der Ostflanke zu suchen?
00:08:39: Das ist ja überhaupt nicht zu leisten irgendwie in der eigentlichen Mediendiskussion.
00:08:42: Problem ist aber natürlich all solche Formate oder eben auch Zeitschriften.
00:08:47: Die IP macht natürlich auch schon lange Sachen zu sichern, das ist ja eine Verteidungspolitik.
00:08:50: Das ist natürlich dann immer auch so eine Selbstauswahl.
00:08:53: Also da kriegt man natürlich nicht jeden auf der Straße, der sich nicht interessiert,
00:08:56: denn der schaltet dann nicht ein und er liest das nicht.
00:08:58: Und den oder diejenige muss man dann eben schon idealerweise auch in der Tagesschau abholen.
00:09:01: Es ist einfach ein Mix, um diese Debatten zu erhöhen und stärker zu machen.
00:09:05: Und vielleicht als letzter Punkt eben auch, um das eher in die Tagesschau zu kriegen und
00:09:09: nicht nur diejenigen zu bekommen, die quasi von vornherein schon ein gewisses Interesse
00:09:13: mitbringen.
00:09:14: Ich glaube, wir brauchen auch in Deutschland viel eher da politische Führung und auf
00:09:18: der höchsten Ebene die Politik, die sagt, wir müssen über diese Themen reden.
00:09:22: Und das macht Olaf Scholz eigentlich nicht.
00:09:26: Das hat Angela Merkel nicht gemacht.
00:09:28: Also sprich, wir haben schon lange Jahre, wo eben sicher als Verteidigungspolitik, das
00:09:32: war halt eben die Aufgabe, ist es natürlich auch, des Verteidigungsministers und der
00:09:36: Verteidigungsministerin.
00:09:37: Aber die werden natürlich auch nur zu einem gewissen Grade gehört.
00:09:40: Also da das Thema wieder mehr zu Chefsache zu machen, weil es gerade so konkret wichtig
00:09:44: ist, würde sicherlich auch helfen.
00:09:46: Schreckt aber auch viele Politiker ab, weil das sind alles Themen.
00:09:49: Da gewinnt man nicht unbedingt Popularität mit.
00:09:52: Also das ist alles schwierig und man muss oft irgendwie auch Lösungen vorschlagen, die
00:09:56: jetzt irgendwie nicht so toll klingen.
00:09:58: Und sofern auch verständlich, dass vielleicht viele Politiker da jetzt nicht sagen, ich will
00:10:01: jetzt unbedingt meinen Wählern erzählen, wir brauchen, um es mal klar zu formulieren,
00:10:06: wir brauchen vielleicht mehr Panzer.
00:10:07: Und das bedeutet dann im politisch kommunikativ schlimmsten Fall vielleicht auch, dass es
00:10:12: tatsächlich eher der Panzer wird als der nächste Kindergarten.
00:10:15: Und das ist natürlich für jeden Politiker was, wo man sich nicht mit auf den Marktplatz
00:10:18: stellen will.
00:10:19: Vielleicht bleibt man im Moment bei der Bevölkerung und der Politik vor Frankl.
00:10:22: Es gibt ja Umfragen, die belegen, dass die Bevölkerung es eigentlich ganz gerne sehr,
00:10:26: sehr ehrlich hat.
00:10:27: Und man gewinnt manchmal in den Eindruck, dass die Bevölkerung eigentlich weiter ist
00:10:30: als die Politik.
00:10:31: Und das haben Sie gerade schon angedeutet, die Politik, das sich ganz oft eben nicht traut,
00:10:35: weil man die Wahrheit der Bevölkerung nicht zumuten könne.
00:10:37: Wie ändert man das denn, wenn doch eigentlich das Volk sozusagen da weiter ist als seine
00:10:43: Anführer und Anführerin?
00:10:44: Das ist eine total spannende Frage.
00:10:46: Und ich schwanke bei dieser Einschätzung auch immer mal wieder, weil es in der Tat
00:10:50: so ist, als wenn wir uns mal angucken, woros Pistorius, der ja sehr klar Dinge benennt.
00:10:54: Und der jetzt zum Beispiel genau solche Sachen sagt, wie selbst wenn dieser Krieg jetzt
00:10:58: morgen aufhört, also der Krieg ging in die Ukraine, dann werden wir nicht zurückkehren
00:11:01: in das alte Normal oder solche Dinge, die eigentlich, ja würde ich mal denken, niemand
00:11:05: hören will, ist ja sehr populär.
00:11:07: Und zwar nicht, obwohl er das sagt, sondern weil er das sagt, das wird ja auch abgefragt.
00:11:11: Auf der anderen Seite merkt man eben auch schon wiederum, dass Politiker auch abgestraft
00:11:15: werden, wenn sie quasi eben zu unangenehme Wahrheiten irgendwie sagen.
00:11:18: Und wie man etwas kommuniziert, ist sicherlich eine Frage.
00:11:21: Ich finde es sehr schwierig, einzuschätzen, wie weit in Anführungsstrichen die Bevölkerung
00:11:26: da ist.
00:11:27: Und ich glaube, wir haben da schon auch eine zunehmende Polarisierung.
00:11:29: Also es gibt diejenigen, die gerade auch im Zuge des Krieges gegen die Ukraine gesagt
00:11:33: haben, hier muss ich jetzt wirklich was ändern.
00:11:35: Und auch so ein bisschen ein, ich hatte gehofft, es läuft anders, die Realität ist jetzt aber
00:11:39: so und darauf müssen wir reagieren, was ich ehrlich gesagt als politische Grundhaltung
00:11:43: extrem schätze, weil es ist ja auch nicht falsch zu hoffen, dass etwas anders kommt und darauf
00:11:47: hinzuarbeiten.
00:11:48: Aber wenn man sich dann eingesteht, dass es eben anders läuft, das ist ja sehr gut.
00:11:50: Also das gibt es, aber es gibt dann eben auch zunehmend zu diese Fundamentalverweigerung,
00:11:55: wo es dann eben heißt, das ist alles komplett der falsche Weg und was kaufen diese Leute
00:12:00: denn Waffen, also so nach dem Motto.
00:12:01: Daher, ja, also ich finde es sehr schwierig irgendwie einzuschätzen.
00:12:04: Wie kann man sicher gehen, dass da alle auf derselben Ebene sind?
00:12:07: Wie gesagt, ich kann es nur noch mal sagen, also sicherlich mehr über Dinge reden.
00:12:10: Besser.
00:12:11: Aber das ist ja auch so, dass es natürlich leider auch gerade in Deutschland oft so ein
00:12:14: bisschen Nonsensdebatten, also Nonsensdebatten aus der Sicht der Expertin, die nur deswegen
00:12:19: funktionieren politisch, weil es eben bei manchen Themen so einen Wissensdefizit gibt.
00:12:25: Und dann kann man eben auch relativ leicht auf der politischen Seite gegen Dinge mobilisieren,
00:12:31: wo eben jeder Expertin, jeder Expertin sagen würde, das ist einfach inhaltlich falsch.
00:12:35: Also das so funktioniert das einfach nicht.
00:12:37: Das hat jetzt nichts mit politischer Meinung zu tun, kann ja für oder gegen etwas sein.
00:12:41: Aber so wie das dargestellt wird, ist das falsch und das wird dann nicht verstanden
00:12:44: in der Bevölkerung oder eben teilweise noch schlimmer in den Medien nicht.
00:12:48: Und das ist natürlich da eine große Gefahr.
00:12:50: Wie gesagt, es geht nicht darum, dass ich sage, alle Politik muss jetzt irgendwie
00:12:53: mal in Ansichten folgen, aber dass man eben klar ist, worüber man genau diskutiert und
00:12:57: nicht so viele Ebenen verschiebt irgendwie.
00:12:59: Und dann so Diskussionen hat zu denen niemand mehr irgendwie auch einen Zugang hat und
00:13:04: wo alle nur noch für Wirt rausgehen, weil man den Eindruck hat, man hat über verschiedene Dinge gesprochen.
00:13:08: Verwirrt rausgehend finde ich ein gutes Stichwort.
00:13:14: Der Podcast hier, "Pod und die Welt" ist ja ein Podcast der Zeitschrift internationaler Politik
00:13:19: und sie haben für die kommende Ausgabe ein Essay geschrieben, wo sie genau eben auch
00:13:21: über den russischen Eingriss gegen die Ukraine schreiben und darüber, dass das eben auch
00:13:25: ein Zeitfenster der Aufmerksamkeit und Bereitschaft sein kann, um über Außenpolitik und Sicherheitspolitik
00:13:31: sich stärker damit zu befassen, sich damit auszupassen.
00:13:32: aber das eben auch drohe ein neues Biedermeier-Zeitalter
00:13:36: und der Rückzug ins private.
00:13:38: Woran machen Sie das fest? Wie äußert sich das Ihrer Meinung nach?
00:13:42: Das ist in der Tat eine Gefahr, die ich sehe.
00:13:45: In Deutschland, aber auch darüber hinaus.
00:13:47: Ich lebe selber in Frankreich und ich sehe das auch anderswo.
00:13:50: Ich habe zunehmend den Eindruck belegt
00:13:52: zumindest von eben anektotischer Evidenz,
00:13:55: dass viele Menschen nach dem ersten Aufwachen aufschrecken,
00:14:00: erschrecken durch den Krieg gegen die Ukraine.
00:14:04: Grundsätzlich habe ich Bereitschaft,
00:14:06: sich mit diesem Thema mehr auseinanderzusetzen und zu sagen,
00:14:09: das hat sich ja was getan, ich muss das auch besser verstehen.
00:14:12: Ich will mehr lernen, ich will mich da informieren,
00:14:15: dass da das Pendel zurückschlägt, gerade jetzt im letzten Jahr,
00:14:18: weil es den Menschen zu viel wird und zwar auch emotional zu viel.
00:14:22: Da kann ich direkt sagen, ich kann das auch gut nachvollziehen,
00:14:25: denn es ist ja nicht nur der Krieg in der Ukraine,
00:14:27: der keinen Ende zu nehmen scheint,
00:14:30: das ist die große Frage für dieses Jahr.
00:14:32: Sondern dazu kam dann eben in dem Moment
00:14:34: der schreckliche Terroranschlag gegen Israel
00:14:36: und dann der folgende Krieg im Gaza-Streifen
00:14:39: und zwischen auch eben darüber hinaus.
00:14:41: Auch dieses ganze Chaos, was Donald Trump
00:14:44: in den internationalen Beziehungen schafft.
00:14:46: Ich habe zunehmend den Eindruck, das wird den Leuten zu viel sagen,
00:14:50: A, blick ich da, komm mehr durch, B, ist das alles ganz schrecklich.
00:14:54: Wie gesagt, kann ich total nachvollziehen.
00:14:56: Und ich will mir das gar nicht die ganze Zeit antun.
00:14:58: Deswegen blende ich das jetzt viel mehr aus und sage eigentlich,
00:15:01: ich will das gar nicht wissen, ich will mich eben nicht damit beschäftigen.
00:15:05: Daher der Begriff Biedermeier, also so diese Zeit des Rückzugs ins Private,
00:15:09: wo man sagt, ich gucke es lieber, dass es bei mir schön ist
00:15:12: und schön eingerichtet und schön und angenehm
00:15:15: und dass ich mich gar nicht mehr damit befassen muss,
00:15:17: was draußen in der Welt hervorgeht oder passiert.
00:15:20: Das sieht man eben an Interessenswerten,
00:15:23: wie viel gelesen und zugehört wird.
00:15:25: Aber auch an der Popularität mancher Parteien oder auch mancher Politiker,
00:15:30: die eben suggerieren, mit mir und mit uns
00:15:34: lassen wir dich Wähler mit diesen Themen in Frieden.
00:15:37: Und da, glaube ich, muss man sehr, sehr vorsichtig sein als Partei und als Politiker.
00:15:41: Grundsätzlich, ich bin ein großer Fan der repräsentativen Demokratie,
00:15:45: ist es natürlich tatsächlich so, dass ich autonomal Verbraucher
00:15:48: eben nicht mit den Details von "Egal, was beschäftigen soll".
00:15:51: Das ist ja die ganze Idee. Wir wählen Interessensvertreter,
00:15:54: damit die das machen können.
00:15:56: Und man kann quasi so die großen Linien irgendwie vorgeben.
00:15:58: Insofern geht es mir nicht darum, dass irgendwie der deutsche Michel,
00:16:01: um jetzt mal dieses Bild zu benutzen,
00:16:03: also irgendwie der deutsche Autonomalferbraucher,
00:16:05: irgendwie auf Karten Zinsoldaten verschieben soll,
00:16:07: damit er genau weiß, wo irgendwie die Frontlinien in Ukraine verlaufen.
00:16:10: Das ist ein Detail-Level, was wir überhaupt nicht brauchen,
00:16:14: was auch, glaube ich, gar nicht empfehlenswert ist.
00:16:16: Aber wenn wir zu sehr in die Richtung gehen, mir wird das zu viel,
00:16:19: ich kann das nicht mehr, dann, glaube ich,
00:16:21: auch viel schneller einfangen von eben denjenigen Politikern,
00:16:25: die so tun, als haben sie jetzt die eine Lösung.
00:16:27: Mit mir ist das morgen vorbei, die anderen machen das Problem quasi.
00:16:30: Ich gebe das nur in meine Hände und dann löse ich das.
00:16:33: Und das sind leider eigentlich immer die Lösungen,
00:16:35: die keine wirklichen sind.
00:16:36: Also, so einfach ist es eben oft nicht.
00:16:39: Und da sehe ich so diese Gefahr.
00:16:40: Und deswegen, glaube ich, müssen wir irgendwo in diesem Pendelschwung
00:16:44: zwischen "Okay, es gibt einen Rieseninteresse",
00:16:46: und die Leute haben da auch wahnsinnig Angst,
00:16:48: was auch nicht Sinn der Sache ist,
00:16:50: und ich will zu, aber eben, Rückzug ins Private,
00:16:52: und ich will das alles nicht mehr hören,
00:16:53: und will die Verantwortung da auch komplett abgeben,
00:16:55: dass wir da auf der richtigen Einstellung des Pendels,
00:16:58: wenn man so will, stehenbleibt und klar kommuniziert.
00:17:01: Also, ah, was passiert da eigentlich?
00:17:03: Wie können wir beeinflussen? Was wollen wir tun?
00:17:05: Und dann eben auch die Frage, was kann denn eigentlich
00:17:07: der Privatmensch oder was muss der Privatmensch
00:17:09: da in irgendeiner Weise auch tun?
00:17:10: Also, wir sind natürlich jetzt nicht in irgendeiner Weise
00:17:13: in der Kriegsvorbereitung, Gott bewahre,
00:17:15: aber es gibt natürlich schon so gewisse Dinge,
00:17:17: die auch der Mensch auf der Straße ein bisschen mehr verinnerlichen
00:17:21: sollte für eben auch die Resilienz,
00:17:23: wenn man diesen Begriff benutzen will,
00:17:25: der Bundesrepublik gegenüber Angriffen aller Art.
00:17:28: Ich meine jetzt weniger die Panzerrollen über die Grenze,
00:17:31: sondern eben mehr auch Disinformation, Cyberangriffe,
00:17:34: also was, also Extremfälle.
00:17:36: Und da braucht man die Bevölkerung auch mehr,
00:17:38: und da ist es natürlich ganz besonders gefährlich,
00:17:40: wenn die Bevölkerung quasi abgeschaltet hat und gesagt hat,
00:17:43: ich hab's mir eigentlich schön eingerichtet,
00:17:44: und ich will gar nicht wissen,
00:17:46: was da draußen in der Welt vorgeht.
00:17:47: Das ist natürlich schon, meiner Meinung nach,
00:17:49: auch irgendwo Verantwortung des mündigen Bürgers,
00:17:52: da mit den Augen drauf zu haben und mit involviert zu sein.
00:17:56: Auch wenn das eben teilweise dann ja ein bisschen Sorge machen kann,
00:18:00: aber das sind nun mal die neuen Zeiten, in denen wir leben,
00:18:02: die 90er sind vorbei, und ich bedauere, dass dahin gehen,
00:18:06: genau wie wahrscheinlich viele der Erlöhrenhöhren,
00:18:09: aber das müssen wir uns klarmachen.
00:18:11: Und wenn man sich dafür nünftig positioniert,
00:18:13: dann geht das auch ohne, dass man eben in Panik verfällt
00:18:15: und ohne, dass man irgendwie jetzt komplett alles
00:18:17: über einen Haufen schmeißt.
00:18:19: Vielleicht schauen wir noch mal kurz in die Debatten
00:18:21: über Verteidigung und Sicherheit, über Resilienz,
00:18:24: also Widerstandsfähigkeit in anderen Ländern.
00:18:25: Sie kennen ja auch die Debatten in Frankreich, Großbritannien,
00:18:28: sehr gut. Kann man von diesen Ländern oder von anderen Ländern
00:18:31: was lernen?
00:18:32: Für die Debatte in Deutschland gibt es da positive Beispiele,
00:18:35: irgendwas, was wir mitnehmen können.
00:18:37: Also einen der großen Unterschiede sehe ich wirklich in dem Niveau
00:18:41: der Diskussion, ohne so tun zu wollen, als seien alle Briten
00:18:44: und Franzosen jetzt wahnsinnig informiert.
00:18:46: Aber es gibt zumindest nicht so sehr diese reflexhafte Abneigung
00:18:50: gegenüber von Debatten zu Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
00:18:54: Da kann man über auch Details diskutieren, ohne...
00:18:59: Ich überspitze es jetzt mal, immer dazusagen zu müssen,
00:19:01: dass Krieg ganz böse ist.
00:19:03: Ich bin ja auch in den Medien, in den gerade diesen drei Ländern
00:19:05: oder diesen drei Sprachen unterwegs.
00:19:07: Und mir fällt immer selber auf, wie ich in Deutschland
00:19:09: immer noch mal extra betone, dass eben Krieg schrecklich ist
00:19:13: und dass er zu verhindern ist.
00:19:15: Und das muss man immer mit dazusagen.
00:19:17: Und das demso ist, müssen wir nicht diskutieren.
00:19:19: Das ist offensichtlich, aber man muss eben immer noch dazusagen,
00:19:22: sonst kommt direkt die große Kritik, wie können sie es denn wagen,
00:19:24: quasi über Militärthemen zu sprechen.
00:19:26: Das funktioniert meines Erachtens in diesen Ländern dann besser
00:19:29: aus historischen Gründen, kulturellen Gründen.
00:19:32: Das sind auch Länder, die einfach diese Narrative vom Ende der Geschichte
00:19:35: und das brauchen wir jetzt alles nicht mehr nicht so in dem Maße
00:19:38: adoptiert haben wie wir.
00:19:39: Also das funktioniert da besser.
00:19:41: Ich würde auch sagen, dass Militär ist in den Debatten etwas präsenter.
00:19:45: Wie gesagt, ich glaube, das hilft insbesondere in Großbritannien,
00:19:49: sehe ich das, weil es da auch irgendwie mehr auch tatsächlich
00:19:53: Politiker gibt mit einem militärischen Hintergrund.
00:19:55: Es gibt zum Beispiel mehr irgendwie Members of Parliament,
00:19:58: die einen Militärhintergrund haben als Bundestagsabgeordnete.
00:20:01: Das hat viel mit dem System zu tun, im Übrigen.
00:20:04: Einfach, wie die Streitkräfte funktionieren.
00:20:06: Also kann man auch nicht von mir heute auf morgen ändern.
00:20:08: Aber all das hilft, glaube ich, um diese Debatten etwas mehr.
00:20:11: In die Mitte der Gesellschaft zu führen und nicht so zu tun,
00:20:13: als sei das jetzt was, was deswegen ganz außen vor ist
00:20:16: und irgendwie ganz seltsam und da dürfte man in guter Gesellschaft
00:20:20: quasi nicht drüber reden.
00:20:21: Ja, vielleicht auch eben inwieweit die politischen Ebenen
00:20:23: sich mit den Themen beschäftigen.
00:20:25: In Frankreich klar, der Präsident ist viel involvierter
00:20:29: in die ganzen Fragen von Außen- und Sicherheitsverteilungspolitik.
00:20:31: Das ist eigentlich so seine oder ihre Hauptarbeitsfeld.
00:20:37: Insbesondere, wenn die Regierung oder das Parlament
00:20:40: im aktuellen Fall nicht quasi aus der Präsidenten-Partei kommt.
00:20:43: Und dadurch sieht man eben auch den Präsidenten viel häufiger,
00:20:46: der sich klarer zu diesen Themen äußert.
00:20:49: Und ich glaube auch, das hilft eben,
00:20:50: also die Involvierung von dem höchsten Level der Politik.
00:20:53: Es geht nicht darum, irgendwas hier kopieren zu wollen
00:20:54: oder zu sagen, die können das jetzt alles irgendwie besser.
00:20:56: Aber gerade aus, ich denke, historischen und kulturellen Gründen
00:20:59: werden da manche Themen anders bespielt.
00:21:01: Und das hilft zumindest ein bisschen da auch,
00:21:03: die Angst herauszunehmen, die Moralisierung rauszunehmen.
00:21:06: Und nach meiner Einschätzung vernünftigere
00:21:08: oder eben faktenbasiertere Debatten zu haben und all das
00:21:11: würde ich sehr gerne auch in Deutschland sehen.
00:21:13: Dann schauen wir zum Schluss noch mal auf Deutschland
00:21:20: und die Zukunft der Debatten hier über Außen- und Sicherheitspolitik.
00:21:23: Wir haben gerade einen Bundestagswahlkampf,
00:21:25: der doch verhältnismäßig stark von außenpolitischen Themen geprägt ist.
00:21:29: Am 23. Februar wird gewählt.
00:21:31: Wie ist Ihre Prognose,
00:21:33: wird danach Außen- und Sicherheitspolitik stärker
00:21:36: in der öffentlichen Diskussion stattfinden?
00:21:39: Spannend. Die Frage wird halt sein, und das hängt einfach,
00:21:42: wie gesagt, von dem Wahlegebnis und der Koalitionsbildung zusammen,
00:21:45: wird Verteidigung und Außenpolitik ein Thema sein,
00:21:49: an dem die Koalition sich explizit reibt?
00:21:52: Würde ich jetzt sagen, ist zum Beispiel eher ein Thema
00:21:55: bei einer nicht mehr als so großen Koalition,
00:21:58: CDU, SPD, wo ich glaube ich,
00:22:01: in Außen- und Verteidigungspolitischen Fragen,
00:22:03: gerade eben auch was die Ukraine angeht,
00:22:06: aber auch grundsätzliche Sachen, wie stark soll die Bundeswehr anwachsen
00:22:09: und sowas, vielleicht eher Reibungspunkte haben,
00:22:13: ist es eher, dass das die Punkte sind,
00:22:15: wo sich die Koalitionäre einig sind
00:22:17: und gemeinsam Grund finden können,
00:22:19: um vielleicht dann auch Probleme in anderen Bereichen auszubügeln.
00:22:23: Also ich generalisiere jetzt natürlich sehr,
00:22:25: aber CDU-Grüne sind ja jetzt in den letzten Jahren erstaunlich,
00:22:28: angenehert im Bereich der Sicherheitsverteidigungspolitik
00:22:31: und ich würde sagen, da gibt es die meisten Überlappungspunkte irgendwie.
00:22:34: Zweitens wäre, und das ist jetzt keine politische Empfehlung,
00:22:38: aber zweitens wäre für die politische Debatte,
00:22:40: ich glaube, hilfreicher, dann hat man quasi auch mehr Zeit,
00:22:43: eben gewisse Dinge zu erklären, aber auch erstes kann ja also,
00:22:46: der Konflikt kann durchaus hilfreich sein.
00:22:49: Ja, oder aber sinken wir total ins Chaos
00:22:51: und es gibt überhaupt nicht die Mehrheiten
00:22:53: und die Debatten gehen eher darum,
00:22:55: wie man überhaupt eine Koalition findet.
00:22:57: Das hängt eben ab von den Personen.
00:22:59: Also Olaf Scholz ohne jetzt irgendwie hierzu parteipolitisch zu werden,
00:23:03: würde ich schon auch wirklich vorwerfen,
00:23:05: dass er diese Themen der Sicherheitsverteidigungspolitik
00:23:08: und Außenpolitik also zumindest nicht ausreichend erklärt hat.
00:23:11: Das hatte immer so den Element von, will ich eigentlich gar nicht groß erklären,
00:23:15: habe ich jetzt aber so gesagt, Basta reden wir jetzt nicht mehr darüber
00:23:17: und das mag ich jetzt auch als Bürgerin nicht,
00:23:19: aber halte ich auch einfach da nicht so zielführend,
00:23:21: insofern ob das dann unter anderem Politiker,
00:23:23: Menschen in anderem Politiker werden, anders wird das bleibt dann zu hoffen.
00:23:26: Ich denke, es könnte, ja so würde ich mir schon so vorstellen.
00:23:28: Aber gut, mal sehen.
00:23:30: Also ich finde es momentan noch so viel im Bewegung,
00:23:32: das ist sehr schwierig, es da Prognosen zu machen,
00:23:35: aber ich kann sehr empfehlen, die Wahlprogramme zu lesen
00:23:37: und auch wirklich vielleicht als letzter Satz,
00:23:40: ich mache das selber gerade, nicht nur eben zu gucken,
00:23:43: was sagt Partei A und Partei B zum Thema X,
00:23:46: also weiß ich nicht, 2% Ziel, 3% Ziel,
00:23:49: wieviel soll denn für die Bundeswehr ausgegeben werden,
00:23:51: sondern auch wie wird das formuliert
00:23:53: und wo kommt das in der Prioritisierung und wie, was wird da gesagt?
00:23:56: Also das kann ich für diejenigen, die es interessiert, sehr empfehlen,
00:23:58: weil das schon noch mal eine interessante Einsicht gibt,
00:24:02: was den eben von Parteien als wichtig erkannt wird
00:24:05: und was da eher so drinsteht, weil man das jetzt irgendwie sagen muss,
00:24:07: aber jetzt nicht, dass das ist, was man irgendwie umwendig machen will.
00:24:10: Soweit die Einschätzung an Ulrike Franke,
00:24:12: Verteidigungsexpertin beim European Council on Foreign Relations.
00:24:15: Vielen Dank, dass Sie da waren. - Ja, danke für die Einladung.
00:24:17: Und zum Ende einer jeden Folge lassen wir das besprochen noch mal kurz Revue passieren,
00:24:26: welche Aspekte Gedanken besonders hängen geblieben sind
00:24:29: oder auch noch weiter anregen.
00:24:31: Bei mir war das einmal, ja, ich gab die ganz grundsätzliche Erkenntnis,
00:24:35: dass wir eine fundiertere Diskussion brauchen,
00:24:38: dass diese Politik nach dem Motto, sie müssten nicht drum kümmern,
00:24:42: wir regeln das, nicht mehr so aufgeht,
00:24:44: dass das Medien-Podcast da ein Instrument sein kann,
00:24:46: um ein bisschen mehr Information und Grundlagen zu vermitteln.
00:24:50: Und ja, dann, wo ich sehr mit anknüpfen konnte,
00:24:53: war dieses, wie Ulrike Franke es beschrieb, dieses Pendel,
00:24:56: was zurück schlägt, dass es vor allem im letzten Jahr
00:24:58: einem emotional zu viel geworden ist
00:25:00: und dass man, glaube ich, so ein bisschen eine Balance finden muss
00:25:02: zwischen dem "Oh Gott, oh Gott" und ich ziemlich komplett zurück
00:25:05: und trotzdem eben sich mit Themen beschäftigt,
00:25:08: auch so was wie der Resilienz der Bevölkerung,
00:25:10: das finde ich irgendwie für uns, wie sie sagt, auto-normal,
00:25:14: Verbraucher immer noch mal ganz wichtig, sich vor Augen zu führen.
00:25:17: Martin, wie war es bei dir?
00:25:18: Da kann ich direkt anknüpfen, das fand ich auch sehr eindrücklich,
00:25:21: dass dieses Pendel so zurück schlägt.
00:25:23: Und das ist halt schon auch unsere Aufgabe,
00:25:25: den Menschen zu sagen, das bleibt wichtig.
00:25:28: Und das bringt gar nicht, sich irgendwie ins Private zurückzuziehen
00:25:31: und das ohne einen Vorwurf, ohne einen Mensch, ihr müsst jetzt aber,
00:25:35: gehst das zu machen, sondern in aller Ruhe
00:25:37: und in aller Dringlichkeit aber auch, das ist das eine.
00:25:40: Das andere, wie lange dieses Umsteuern dauert,
00:25:43: von dem langen Dien in Sicherheit hin zu einem,
00:25:46: das geht jetzt nicht mehr weg, das Thema,
00:25:47: das ist nicht irgendwie nächstes Jahr oder nach der Wahl
00:25:51: oder das ist vorbei, das ist das Zweite.
00:25:52: Und das Dritte ist ein ganz praktischer Hinweis,
00:25:54: nämlich mehr Militärs in die Debatten zu holen,
00:25:57: weil das die Leute sind, die sich auskennen damit.
00:25:59: Das müsste man, glaube ich, gerade in Deutschland
00:26:00: immer sehr gut erklären, warum, aber das ist ja möglich.
00:26:03: Und zum Abschluss, das ist ein, wie Ulrike Frank gesagt,
00:26:06: ein besseres, ein höheres Niveau der Debatten gibt's in Frankreich
00:26:09: und in UK zeigt mir, es ist möglich und das gibt Hoffnung.
00:26:14: Das war es mit "Pott in die Welt" für heute.
00:26:20: Wir haben uns etwa Grundsatzfragen zur Außenpolitik gestellt.
00:26:23: In der nächsten Folge schauen wir uns das Ereignis an,
00:26:26: dass die deutscher und europäischer Außenpolitiker
00:26:28: ziemlich auf den Kopf gestellt hat,
00:26:29: nämlich den Beginn der russischen Chorusinversion auf die Ukraine.
00:26:33: Dieses Ereignis erzielt sich am 24. Februar zum dritten Mal.
00:26:36: Wir schauen uns an, welche Gewissheiten in der Außenpolitik
00:26:39: dabei über Bord geworfen wurden, mussten
00:26:41: und wie die Perspektiven für ein Ende des Krieges aussehen.
00:26:44: Und wir sprechen dabei mit Carlo Masala, Politikwissenschaftler
00:26:47: und Sicherheitsexperte von der Bundeswehruniversität in München.
00:26:51: Danke fürs Zuhören für heute.
00:26:52: Wir freuen uns, wenn Sie beim nächsten Mal wieder dabei sind.
00:26:55: Jeden zweiten Donnerstag gibt's eine neue Folge von "Pott in die Welt".
00:26:58: Überall da, wo es Podcasts gibt.
00:27:00: Schön, dass Sie dabei waren und bis bald.
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