Deutschlands Außenpolitik im Praxischeck (mit Jörg Lau)

Shownotes

80 Prozent der Deutschen finden laut einer aktuellen Forsa-Umfrage, dass die Bundesregierung kein klares außenpolitisches Konzept hat. Was sind die Gründe für Deutschlands Krise auf der Weltbühne? Was muss sich sofort ändern? Und warum erfordert eine neue Sicherheitslage nicht nur mehr Geld im Haushalt, sondern vor allem mehr Mut und Ehrlichkeit gegenüber der Bevölkerung?

Über diese und weitere Fragen sprechen Martin Bialecki und Katharina Peetz in der ersten Folge von „Pod und die Welt“ mit Jörg Lau, dem außenpolitischen Korrespondenten der ZEIT in Berlin.

Gast: Jörg Lau, außenpolitischer Korrespondent der ZEIT in Berlin (@joerglau)

Links und Empfehlungen aus der Folge:

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00:00:00: Ich sehe deutliche Veränderungen, aber die geschehen aufgrund von äußeren Schocks.

00:00:05: Und davon muss man, glaube ich, wegkommen, dass wir nicht auf den nächsten externen Schock warten,

00:00:11: der uns dann zwingt, etwas zu tun.

00:00:13: Ein ganz herzliches Willkommen zu "Pod und die Welt", dem nagelneuen Podcast der IP, der

00:00:19: Zeitschrift "Internationale Politik".

00:00:21: Wir wollen sie von jetzt an alle zwei Wochen außenpolitisch updaten, kurz und knackig in

00:00:25: rund 20 Minuten, aber trotzdem tief und umfassend.

00:00:29: Wir tun das in jeder Folge mit einem Gast, dessen Thesen oder dessen Thema wie auf dem

00:00:33: Grill legen.

00:00:34: Wir, das sind Katharina Peetz, die sonst unter anderem für den Deutschlandfunk im Einsatz

00:00:39: ist und auch immer wieder als Reporterin in der Welt unterwegs.

00:00:42: Und Martin Bialecki, seit 2018 Chefredaktor der IP.

00:00:46: Heute wollen wir aufs große Ganze schauen, gut ein Jahr vor der Bundestagswahl, wenn

00:00:50: sie denn noch ein Jahr hält, diese Ampelkoalition.

00:00:53: Wir schauen also auf Deutschlands Außenpolitik und auf ihre Akteurinnen und Akteure, die Verunsicherten.

00:00:58: Damit haben wir auch die aktuelle IP betitelt.

00:01:02: Ein Gefühl der Verstörung macht sich in der deutschen Politik breit.

00:01:06: Das schreibt Jörg Lau in seinem Lead-Essay in eben dieser IP.

00:01:10: Jörg Lau ist außenpolitischer Korrespondent der Zeit.

00:01:12: Er hat für das Blatt lange die außenpolitische Berichterstattung koordiniert.

00:01:16: Und wir freuen uns sehr, dass er heute unser Gast ist in dieser ersten Folge von "Pod und die Welt".

00:01:20: Hallo, Herr Lau.

00:01:21: Ich freue mich sehr, es ist mir eine große Ehre.

00:01:23: Herzlich willkommen auch von mir, lieber Herr Lau.

00:01:28: Wir wollen dieses kurze Gespräch über Deutschlands Außenpolitik in zwei Blöcke teilen.

00:01:33: Den ersten übernehme ich, den zweiten Katharina Peetz.

00:01:37: Legen wir also los mit große Ambitionen und ernüchternde Realität.

00:01:42: Lieber Herr Lau, die IP hat in jeder Ausgabe eine Forsa-Frage zur Außenpolitik.

00:01:46: Dieses Mal lautete sie: Hat die Bundesregierung angesichts weltpolitischer Unsicherheiten

00:01:50: ein klares außenpolitisches Konzept?

00:01:54: Was glauben Sie?

00:01:54: Wie viel Prozent der Befragten haben mit "Ja" geantwortet?

00:01:58: Oh, das ist nicht so einfach.

00:02:00: Ich würde vermuten nicht mehr als ein Drittel.

00:02:05: Es ist deutlich weniger.

00:02:06: Das ist wirklich noch deutlich weniger.

00:02:07: Es ist ein Fünftel.

00:02:08: Das ist eine ganz bittere Zahl.

00:02:10: Aber um daran direkt anzuknüpfen, Sie haben in der IP geschrieben, ich zitiere,

00:02:15: die deutsche Außenpolitik ist an einer Art Nullpunkt angekommen.

00:02:19: Warum ist sie das?

00:02:21: Woran machen Sie das fest und wie ist es dazu gekommen?

00:02:24: Ich mache das daran fest, dass die Konzepte, die Diplomaten und Politiker hochhalten,

00:02:32: wenn sie die deutsche Außenpolitik erklären, seit einigen Jahren merkwürdig wohlklingen.

00:02:39: Also das naheliegendste Beispiel ist die Ostpolitik, die Russlandpolitik,

00:02:45: die ist vollkommen zerschossen worden von Wladimir Putin durch den Angriff auf die Ukraine.

00:02:53: Aber man kann das auch in anderen Feldern sehen, zum Beispiel in der Nahostpolitik,

00:02:57: wo wir immer noch weiter an der zwei Staatenlösung und an einem Friedensprozess festhalten,

00:03:05: die beide nicht in Sicht sind.

00:03:07: Oder an der Fernostpolitik, also die China-Politik,

00:03:10: wo die Regierung davon redet, dass wir uns unabhängiger machen müssten.

00:03:15: "De-Risking" ist das neue Schlagwort, aber de facto findet das Gegenteil statt.

00:03:20: Die großen deutschen Firmen investieren immer mehr, die gehen all in.

00:03:24: Und sofern schweben diese Konzepte so etwas in der Luft und haben eigentlich sehr wenig mit dem Geschehen zu tun.

00:03:33: Wir sind ja hier wieder fürs Schwarzmalen da noch für schön farberei.

00:03:37: Aber haben Sie den Grund zur der Hoffnung, dass die Realitäts-Schocks der jüngsten Zeit,

00:03:42: wie Sie das genannt haben, also zum Beispiel Russlandskrieg in der Ukraine, andere Dinge,

00:03:47: dass diese Realitäts-Schocks einen heilsamen Effekt haben werden für die deutscher Außenpolitik?

00:03:52: Ja, das glaube ich schon. Es hat sich auch im Vergleich zu vor zwei Jahren oder zweieinhalb Jahren unglaublich viel getan.

00:03:58: Aber wir sehen jetzt immer wieder, dass es auch nicht in einem Move sozusagen diese Veränderungen gibt,

00:04:05: dass es Widerstände gibt, dass es Versuche gibt und Sehnsüchte zurückzukehren zu irgendeiner guten alten Zeit.

00:04:15: Die Wahlkämpfe, die gerade geführt werden, das war schon im Europawahlkampf so.

00:04:19: Aber jetzt auch die regionalen Wahlkämpfe sind von nostalgischen Parolen geprägt, die sich auf die Außenpolitik beziehen.

00:04:28: Frieden, Diplomatie wird nicht genau erklärt, was das genau bedeutet.

00:04:32: Aber BSW zum Beispiel hat ein Plakat, da heißt es, wir geben Frieden wieder eine Heimat.

00:04:38: Und das verkörpert für mich sozusagen diese Nostalgie nach einer übersichtlichen Welt.

00:04:43: Was ist denn für Sie diese gute alte Zeit? Bzw. gab es die überhaupt mal?

00:04:48: Ja, das ist eine gute Frage.

00:04:51: In der Regel stellt man ja bei einem realistischen Blick zurück fest, dass das auch eine wahnsinnig konfliktreiche Zeit war.

00:04:59: Und dass nicht alles in Butter war.

00:05:01: Aber in der Merkel-Zeit, glaube ich, konnte man in Deutschland den Eindruck haben, die Welt ist krisenhaft.

00:05:08: Aber Deutschland hatte eigentlich immer Mittel, um diese Krisen zu bewältigen oder sich aus ihnen rauszukaufen.

00:05:14: Und das ist, glaube ich, etwas Neues, dass man bei der heutigen Krisensituation sehr schnell zu dem Schluss kommt.

00:05:21: Raus kaufen geht nicht mehr. Also freikaufen, sozusagen, indem wir Geld irgendwo reinpumpen.

00:05:27: Das funktioniert auch bei der Bundeswehr nicht so.

00:05:29: Es mangelt nicht an Geld, obwohl der Haushalt nicht groß genug ist für die Verteidigung,

00:05:34: aber es mangelt an Kapazitäten, es mangelt an industrieller Basis.

00:05:39: Das ist eine neue Lage. Das ist, glaube ich, wirklich sehr, sehr herausfordernd, anders als früher.

00:05:46: Sie haben gesagt, dass sich viel getan hat in den letzten Jahren, vielleicht so früher.

00:05:50: Was muss denn diese deutsche Außenpolitik jetzt eigentlich sofort angehen oder ändern oder besser machen,

00:05:56: wenn Sie priorisieren müssten, vielleicht in drei Schritten?

00:06:00: Natürlich hängt immer alles mit einem zusammen.

00:06:02: Das ist klar, aber wenn Sie drei zentrale Probleme oder Schritte benennen könnten, welche wären das?

00:06:08: Also für mich ist das zentrale Problem die Ordnung in Osteuropa, die gerade absolut in Frage steht durch diese Aggression Russlands.

00:06:18: Die Erweiterung der NATO zeigt schon, dass wir dagegenhalten, aber es ist vollkommen unklar aus meiner Sicht,

00:06:26: was eigentlich die genaue Perspektive für die Ukraine in Zukunft ist.

00:06:29: Und wir reden hier nicht nur über ein Land, das uns auch als Partner angeht, sondern das wird die neue Ostgrenze Europas sein.

00:06:37: Das wird der neue eiserne Vorhang in diesem neuen Kalten Krieg sein und wie das gestaltet wird, wo diese Grenze verläuft,

00:06:46: welche Einbindung die Ukraine in unsere westlichen Strukturen bekommt.

00:06:51: Das ist für mich die zentrale Frage, die Deutschland umtreiben muss.

00:06:55: Und dann abhängig von der Frage, wie die Wahl in Amerika ausgeht, glaube ich, das transatlantische Verhältnis auch eine Baustelle.

00:07:06: Selbst dann, wenn das Schlimmste nicht passiert und Trump 2.0 nicht stattfindet, sondern eine Harris-Walz-Regierung,

00:07:14: auch dann wird man sich endlich ehrlich dieser Partnerschaft widmen müssen und die Lastenteilungen wirklich angehen,

00:07:24: was die Sicherheit angeht, man wird sich darüber verständigen müssen, wie man eine gemeinsame oder abgestimmte China-Politik hinkriegt,

00:07:32: was Europa für Amerika bedeutet, muss definiert werden.

00:07:37: Und dann als Drittes würde ich sagen natürlich Europa neu aufstellen mit nicht nur dem Franzosen als wichtigen Partner,

00:07:46: das kennen wir ja, die deutsch-französische Motor, wie es dann immer so klischeehaft heißt,

00:07:51: sondern mit Polen und Frankreich zusammen einen Kern bilden für ein starkes Europa,

00:07:57: das in der Lage ist, Resilienz zu sein und sich selbst zu verteidigen und auch gegenüber Mächten wie China mit einer Stimme aufzutreten.

00:08:05: Die Ukraine, Osteruopa, transatlantisches Verhältnis Europa neu zusammensetzen, neu gewichten, neu entdecken.

00:08:14: Im Prinzip sind das ja lauter Dinge, Herr Lau, die die Bundespolitik auch kennt und weiß, auch was jetzt schon passieren müsste.

00:08:20: Was mich immer so verpiert, ist der Eindruck, dass trotzdem nichts passiert, dass diese Dringlichkeit nicht erkannt wird,

00:08:26: dass immer gesagt wird, das reicht noch ein bisschen.

00:08:29: Teilen Sie den Eindruck und wenn ja, warum ist das so, woher kommt das?

00:08:33: Ich teile den, ich glaube, das liegt daran, dass man immer noch scheut, eine wirklich proaktive Politik zu machen und in der Regel einfach reagiert.

00:08:45: Also man reagiert darauf, wenn ein Trump sagt, ich stehe nicht mehr für eure Verteidigung ein, dann macht man schon mehr.

00:08:53: Wenn dann aber wieder jemand da ist, der freundlicher gesinnt ist, dann wird man wieder eher passiv.

00:08:59: In Osteuropa, die Probleme mit Russland haben sich lange, lange angebahnt und man hat einfach zugewartet und gehofft und gebetet,

00:09:09: dass der Herrscher im Kremlin schon nicht so verrückt sein wird, das alles kaputt zu machen.

00:09:15: Jetzt geht es darum, diesen Raum selbst zu gestalten und mit den Partnern in Osteuropa

00:09:22: eine neue Ostpolitik, die nicht mehr auf Moskau zentriert ist, sondern auf den riesigen Raum

00:09:30: zwischen Berlin und Moskau, der unsere Priorität sein muss.

00:09:34: Und auch da ist es so, dass man in Berlin viel zu oft denkt, ja läuft doch irgendwie

00:09:41: und wenn die uns nicht stressen, diese Nachbarn im Osten, dann lassen wir es einfach so weiterlaufen.

00:09:48: Also das Interesse an diesem Raum ist immer noch viel, viel, viel zu gering gemessen an der Bedeutung.

00:09:55: Das ist leider so und ich glaube, das muss sich ändern.

00:09:59: Ich bin so ein bisschen hin und hergerissen.

00:10:00: Ich sehe deutliche Veränderungen, aber die geschehen aufgrund von äußeren Schocks.

00:10:05: Und davon muss man, glaube ich, wegkommen, dass wir nicht auf den nächsten externen Schock warten,

00:10:10: der uns dann zwingt, etwas zu tun. Das erwarte ich eigentlich.

00:10:14: Dann können wir vielleicht überleiten zu einer der zentralen Fragen bei eigentlich allem,

00:10:22: aber auch gerade bei der Außenpolitik, nämlich der Finanzierung des Ganzen,

00:10:25: der Haushalt für 2025.

00:10:27: Darüber soll jetzt am 10. September der Bundestag debattieren und dann auch abstimmen.

00:10:32: Es ist schon klar, es soll weiter gespart werden. Die Schuldenbremse soll weiter eingehalten werden,

00:10:37: was Sie jetzt gerade beschrieben haben. Also man reagiert eigentlich nur ganz viel

00:10:41: und müsste eigentlich eine andere Strategie fahren.

00:10:43: Inwiefern sehen Sie das mit den Aussichten, die der Haushalt 25 und dann weitere Jahre bereithält?

00:10:50: Das ist kurz gesagt eine Katastrophe dieser Haushalt.

00:10:53: Schon allein auf der symbolischen Ebene, mal eben bei der Entwicklungszusammenarbeit,

00:10:59: ich glaube irgendwas um die 12 Prozent einzusparen,

00:11:02: im nächsten Jahr beim Auswärtigen Amt auch enorme zum Einzusparen.

00:11:09: Es ist ein absolut katastrophales Signal in dieser Richtung,

00:11:14: die ich eben, sagen wir, gewünscht habe, dass man proaktiver wird.

00:11:18: Sollte es so sein, dass da diese riesigen Summen sinnlos verjubelt worden sind in den letzten Jahren,

00:11:25: dann wäre das ein Skandal, dass man die jetzt einfach so ohne Probleme wegkürzen kann.

00:11:30: Das ist aber nicht so. Das ist einfach eine Prioritätensetzung, die daher kommt,

00:11:35: dass man denkt, dort Dinge wegzunehmen, das schadet ja keinem Wähler.

00:11:39: Das schadet mir am Ende nicht bei der Bundestagswahl.

00:11:43: Da schreit vielleicht Frau Baerbock auf oder irgendwelche Entwicklungshilfeorganisationen.

00:11:49: Aber das ist für mich nicht relevant.

00:11:51: Und so kann die wichtigste Macht in Europa nicht mit ihrer Verantwortung für die Außenpolitik umgehen.

00:11:58: Ich finde das unfasslich kurzsichtig.

00:12:00: Kurz gesagt, das ist gar nicht der Weg, sondern das ist ja etwas, was mich verzweifeln lässt im Moment.

00:12:08: Und die Frage ist ja auch ein bisschen, schadet es nicht am Ende doch auch dem Wähler der Wählerin,

00:12:13: vielleicht nicht kurzfristig, aber langfristig,

00:12:15: weil wir betreiben natürlich Außenpolitik ja auch immer aus einem intrinsischen Motiv heraus.

00:12:20: Also man will sich umgeben mit Ländern, mit stabilen Systemen,

00:12:23: mit denen man Handel treiben kann und von denen man Rohstoffe beziehen kann.

00:12:26: Also wie viel betrifft es dann doch am Ende uns alle, wenn bei der Außenpolitik gespart wird?

00:12:31: Ich glaube, da haben Sie völlig recht.

00:12:33: Die Hoffnung der Politiker, die jetzt den Haushalt so zusammenschreichen,

00:12:36: ist allerdings, dass niemand diese Verbindung aufmachen wird.

00:12:39: Dass das zuvermittelt ist, die Schäden, die möglicherweise dadurch eintreten,

00:12:43: dass man die da nicht so zurechnen kann.

00:12:46: Aber natürlich ist das so.

00:12:48: Und das ist auch ein Versagen vor den eigenen Ansprüchen dieser Regierung.

00:12:53: Die hat als Erste eine nationale Sicherheitsstrategie aufgestellt.

00:12:57: Das fand ich sehr richtig.

00:12:58: Und die hat darin viele gute Dinge gesagt über integrierte Sicherheit

00:13:03: und dass man Sicherheit sozusagen holistisch denken muss, nicht nur militärisch,

00:13:07: sondern Sicherheit hat wirtschaftliche, hat Entwicklungs,

00:13:10: hat kulturelle gesellschaftliche Aspekte.

00:13:13: Und da kann man nur sagen, wenn man da den Haushalt bei den Auswärtigen angelegen hat

00:13:18: und so zusammenschreicht, das schadet auch der Sicherheit des Landes.

00:13:21: Argumentiert ja die Bundesregierung zum Beispiel mit Blick auf die Unterstützung für die Ukraine,

00:13:26: so dass man sich eben im Rahmen der G7 geeinigt hat,

00:13:29: dass man da jetzt hohe Kredite zur Verfügung stellen will,

00:13:31: 50 Milliarden US-Dollar werden da in Aussicht gestellt.

00:13:34: Ist das nicht auch eine Richtung, in die man gehen kann,

00:13:36: weg von nationaler Finanzierung der Außenpolitik,

00:13:39: stärker her in Richtung Multilaterale?

00:13:41: Das ist richtig, dieses Finanzierungsinstrument,

00:13:44: das Zinsen von russischen Eingefrorenen konnten nehmen will,

00:13:49: um damit Kredite für die Ukraine zu finanzieren, ist richtig.

00:13:53: Und das ist ein gutes Instrument.

00:13:55: Es ist aber ein zusätzliches Instrument zu dem, was Deutschland aus dem Haushalt leisten muss.

00:14:01: Ich kann nicht mit so einem im Übrigen rechtlich noch nicht ganz auf sicheren Füßen stehenden Instrument, kann ich nicht.

00:14:07: Die kontinuierliche militärische Unterstützung der Ukraine finanzieren,

00:14:12: die braucht jetzt die Aufträge zur Munitionsproduktion oder zur Produktion von Geschützen und was nicht allem.

00:14:19: Da kann ich nicht darauf setzen, dass irgendwann im nächsten Jahr wahrscheinlich dieses Geld kommt.

00:14:25: Es war auch ursprünglich bei den G7 nicht so gedacht, dass das die Haushalte entlasteten soll,

00:14:30: sondern dass das der Ukraine eine zusätzliche Sicherheit geben soll.

00:14:34: Ich finde es im Übrigen auch gegenüber unseren Partnern, die auch sehr viel tun,

00:14:38: also von den Amerikanern ein sehr merkwürdiges Signal, dass wir kurz vor der amerikanischen Wahl sagen,

00:14:44: wir kürzen die Ukraine-Hilfe mal zusammen und wir holen den Rest aus diesem Topf.

00:14:49: Das ist ja ein Geschenk für Donald Trump und seine Leute zu sagen,

00:14:53: ja die sagen immer, das ist ein existenzieller Kampf, der sich da in der Ukraine abspielt.

00:14:58: Das ist ganz wichtig für Europa, aber guck mal in Ihrem Haushalt finden Sie kein Geld dafür.

00:15:02: Das stimmt doch was nicht. Und da haben die Recht, die das so kritisieren.

00:15:06: Das ist kurzsichtig, finde ich. Die Regierung müsste den Mut haben, den Leuten zu begründen,

00:15:12: warum das leider weiterhin sehr teuer ist.

00:15:15: Wenn wir an dem Punkt sind, das ist vielleicht zum Schluss auch ein guter Punkt,

00:15:19: nochmal darauf zu schauen, wie man mit der Bevölkerung kommuniziert.

00:15:22: Die Ampelparteien haben in Ihrem Koalitionsvertrag unter anderem in Aussicht gestellt,

00:15:27: humanitäre Hilfe, die Gelder dafür aufzustocken.

00:15:30: Jetzt ist das Gegenteil der Fall. Wir haben besprochen, es hat sich auch sehr viel geändert.

00:15:34: Trotzdem die Frage, inwiefern wird das ausreichend kommuniziert,

00:15:39: warum jetzt man so stark von Plänen und Vorhaben abrückt?

00:15:43: Das wird bezeichnenderweise gar nicht kommuniziert.

00:15:46: Und ich glaube, weil es sich auch nicht wirklich gut begründen lässt,

00:15:49: weil es im Widerspruch steht zu vielen Behauptungen dieser Regierung, also zu der Behauptung,

00:15:55: wir sind und bleiben der wichtigste Förderer der Ukraine in Europa.

00:16:00: Wir nehmen dieses Thema sehr, sehr wichtig.

00:16:02: Und im Übrigen habe ich eben schon gesagt, wir haben einen erweiterten Sicherheitsbegriff,

00:16:07: bei dem wir im Grunde alles, was wir im Haushalt machen, jetzt daraufhin durchgucken.

00:16:11: Fördert das oder schädigt das die Sicherheit unseres Landes,

00:16:15: denn wir leben in einer konfliktreichen Umgebung, in der das ein wichtiges Kriterium ist.

00:16:20: Das macht man dann mal eben, weil man Haushaltsprobleme hat, an dieser Stelle eigentlich zunichte.

00:16:26: Und deshalb wird es auch nicht erklärt, weil es nicht gut zu erklären ist.

00:16:31: Ich glaube, man könnte umgekehrt sehr gut erklären,

00:16:34: warum man leider bei diesen Posten nicht so kürzen kann, wie man vielleicht gerne würde.

00:16:40: Dazu müsste man allerdings den Mut haben über diese Unsicherheit,

00:16:45: in der sich unsere deutsche Außenpolitik bewegt, auch zu reden.

00:16:49: Man kann das aber.

00:16:51: Wir haben geredet und zwar mit Jörg Lau, dem außenpolitischen Korrespondenten von der Zeit.

00:16:56: Vielen Dank dafür.

00:16:57: Also was mir aus diesem Gespräch hängen bleibt, ist einmal, dass man früher, also Deutschland sich früher,

00:17:06: oft mit Geld rauskaufen konnte, was jetzt nicht mehr so gut geht.

00:17:09: Und dass diese Strategie von "man reagiert" eigentlich immer nur auf die äußeren Schocks,

00:17:13: auch nicht mehr wirklich aufgeht.

00:17:15: Und dass nicht kommuniziert wird, und man eigentlich doch begründen könnte,

00:17:19: warum man jetzt einen anderen Kurs fährt.

00:17:22: Martin, was sind so deine Take-aways aus dem Gespräch?

00:17:25: Wenn ein so langjähriger Begleiter der deutschen Außenpolitik von Begriffen wie Verzweiflung und so spricht,

00:17:31: ist das schon sehr viel.

00:17:33: Es gibt ganz viele Belege, die wir jetzt gefunden haben für so eine Strategielosigkeit deutscher Außenpolitik.

00:17:38: Und mir will das nicht in den Kopf, warum das so ist, in einer Situation so großer strategischer Offenheit,

00:17:43: in der die Bundesrepublik eigentlich noch nie war, dass das nicht genutzt wird.

00:17:46: Das kann ich nicht begreifen.

00:17:48: Und wenn Sie tiefer einsteigen wollen in Deutschlands Krise auf der Weltbühne,

00:17:52: dann lege ich Ihnen sehr die neue IP ans Herz.

00:17:54: Mit Beiträgen von Jörg Lau und vielen anderen auf dem Cover sehen Sie Annalena Baerbock und Olaf Scholz vor den UN in New York.

00:18:03: Und das passt thematisch auch ganz wunderbar zu unserer nächsten Folge von "Pod und die Welt".

00:18:08: Wir sprechen nämlich mit Michael Bröning, dem Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in New York,

00:18:12: über die Frage, welche UN braucht die Welt, die Folge erscheint dann am Freitag in zwei Wochen.

00:18:18: Ich freue mich drauf.

00:18:19: Ich mich auch.

00:18:20: Vielen Dank, dass Sie zugehört haben.

00:18:21: Ich bin Katharina Peetz.

00:18:22: Und ich Martin Bialecki.

00:18:24: Nur das Beste für Sie.

00:18:25: Und bis zum nächsten Mal.

00:18:27:

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